Es ist das Jahr 2008. In wenigen Wochen soll beim Kreissporttag des Kreissportbundes Leer (KSB) der Vorstand in seinem Amt bestätigt werden. Dann flattert mit – wie fast immer – anonym ein Schriftverkehr ins Haus. Da soll doch der Vorsitzende des KSB, Bernd Lüning (Hesel) in den vergangenen Jahren Vorstandskollegen und Politiker, die ihm nicht wohlgesonnen waren, bei den jeweiligen Arbeitgebern – bitte den Ausdruck entschuldigen – „angeschissen“ haben. Und Herr Lüning soll – so zeigen die weiteren Recherchen – ein Wiederholungstäter sein…
Die Geschichte hinter den Briefen ist schnell erzählt: Bei dem Leeraner Ratsherr Michael Runden hat Lüning den Arbeitgeber in Oldenburg angeschrieben mit dem Hinweis, wie er sich öffentlich geäußert habe. Dies könne nicht im Sinne des Arbeitgebers sein. Und um dem Ganzen dann noch Nachdruck zu verleihen, verweist Lüning noch darauf, dass er als Amtsleiter beim Kreis Leer bisher privat und dienstlich gute Erfahrungen mit dem Unternehmen gemacht habe. Vier Jahre zuvor war gleiches dem Vorstandskollegen Frank Schüür widerfahren, der bei einer Gesundheitskasse arbeitet. Damals waren Streitigkeiten über die Ausbildungssituation im Sport der Anlass. Auch in diesem Brief – ein weiterer an die Sparkasse mit Darstellungen über einen dortigen Mitarbeiter lag der Redaktion auch vor – war der Unterton sehr deutlich. Schüür zog damals die Konsequenzen, weil diese Vorgehensweisen für ihn im Ehrenamt absolut beängstigend waren. Er ist im Turnkreis bis heute aktiv.
Und wie reagiert Lüning damals? Er entschuldigt sich für das Runden-Schreiben und bestreitet, weitere Briefe an Arbeitgeber verfasst zu haben. In der Entschuldigung erklärt Lüning sein Verhalten. Er habe überreagiert, weil wie er schreibt „zu Unrecht gegen mich öffentlich sachlich falschen Anschuldigungen das Fass zum Überlaufen gebracht haben.“ Er habe Runden nicht schaden wollen. Mit dem Schreiben an die Vorgesetzten habe er „nur erreichen wollen, dass Sie erleben sollten, wie sich so etwa anfühlt“. Lüning erklärte zudem, dass er natürlich wieder für den KSB-Vorsitz kandidieren werde. Er lässt sich zitieren mit den Worten: „Mir wurde geraten, dass ich wegen einer solchen Lappalie nicht aufhören sollte.“
Der Heseler wird wenige Wochen später wiedergewählt. Die Versammlung beginnt damals mit einer „vertrauensbildenden Maßnahme“. Lüning kündigt an, dass die gesamte Sitzung mit einem Tonbandgerät aufgezeichnet werde, damit es keine Missverständnisse gebe. Mich erinnert das ein wenig an Erzählungen und Methoden, von denen ich als Journalist kurz nach der Wende im „wilden Osten“ gehört habe. Unter Sportlern bleibt das bis heute so meines Wissens einmalig.
Für viele Vereinsvertreter ist das ein Signal, dass es auf Dauer mit Lüning nicht mehr weitergehen solle. Bereits rund um die Wahl laufen im Hintergrund erste Gespräche, wie es langfristig auch ohne Lüning weitergehen könnte (was aber nie offiziell wird, da es im Sport auch um Zuschüsse etc. geht und es dabei wichtig ist, dass man sich gut „versteht“). Lüning bleibt drei Jahre im Amt, wird Ehrenvorsitzender und übergibt dann nach 15 Jahren den Staffelstab an Jörg Kromminga. Der führt den KSB bis heute – ohne Schreiben an Arbeitgeber…
Ach ja, wenige Wochen nach der Berichterstattung ruft mich der Chefredakteur aus Osnabrück an. „Sagen Sie mal Herr Hartwig, was haben Sie denn da geschrieben?“, fragt er mich. Wieso? „Na ich habe hier Post von einem Herrn Lüning auf dem Tisch. Er beschwert sich massiv über Sie und Ihre Art der Berichterstattung.“ Als ich den Brief dann in den Händen halte, ist es eine Mischung aus Schmunzeln und Entsetzen beim Lesen. Kritik – gehört dazu. Aber was macht der Herr Lüning in dem Brief? Er versucht geschickt gegenüber dem Chefredakteur den Eindruck zu erwecken, dass Herr Hartwig ja wohl rechtspopulistisches Gedankengut in sich trage und mit einem umstrittenen Ratsherr in Leer und Kreistagsabgeordneter eng verbandelt sei. Mein Chefredakteur nimmt das Ganze sehr gelassen, er schätzt meine Arbeit. Er weiß, dass ich journalistisch korrekt und auf demokratischem Fundament arbeite. Auch mein Arbeitgeber reagiert souverän. Herr Lüning bekommt ein freundliches und eindeutiges Antwortschreiben.
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