Was für ein Start ins neue Jahr: Die Stadt Leer verkündet vor wenigen Tagen, dass Nobelmarke Porsche einen Standort in der Ledastadt baut, der künftig die gut betuchten Autofahrer aus Ostfriesland und im Emsland betreuen wird. Das bedeutet, dass zusätzliche Kaufkraft nach Leer kommt. Bereits jetzt ist sicher: Die Porsche-Investition wird nicht die letzte gute Nachricht sein. 2024 wird zu einem der erfreulichsten Ansiedlungsjahre für die Kreisstadt seit Jahrzehnten. Warum? Die Ausschreibung für die Grundstücke im neuen Gewerbegebiet Benzstraße ist veröffentlicht. 39 Firmen (!) stehen bereits jetzt auf der Interessentenliste. Bis Mitte des Jahres werden die Grundstücke vergeben.
Nun ist es zwar ein weiter Weg vom Interessenten bis zum Investor, aber – das zeigt auch Porsche – wenn die Stadtverwaltung Leer einen guten Job macht, dann werden Lösungen gefunden. Die Automarke wollte zunächst an die Heisfelder Straße, nun ist sie im Gewerbegebiet Richtung Autobahn in Hohegaste „gelandet“. Bemerkenswert dabei auch: Anders, als zu früheren Zeiten in Leer, gelang nichts an die Öffentlichkeit, bevor alles „eingetütet“ war. Auch bei der Ansiedlung von Tennet in Leer-Nord war das so gelungen. Chapeau: Das schafft Vertrauen bei Investoren, auch wenn es für Journalisten das Arbeiten nicht einfacher macht.
Zurück zum Gewerbegebiet an der Benzstraße. Hier zeigt sich die Attraktivität, die Leer für Firmen aktuell hat. Nur etwa ein Drittel der interessierten Unternehmen will innerhalb der Stadt umsiedeln, zwei Drittel kommen von außerhalb. Und es ist klar: Die, die sich in den kommenden Wochen für die Flächen – insgesamt sind es etwa 124.000 Quadratmeter, der Zuschnitt der Grundstücke ergibt sich aus den Bedarfen – interessieren, werden es sich gut überlegt haben. Das professionelle Exposee, das seit einigen Tagen auf der Homepage der Stadt veröffentlicht ist, hat es in sich. Auf vielen Seiten mit zehn Datei-Anhängen bleibt keine Frage offen. So sind 13 Kriterien festgelegt, die erfüllt werden müssen – von der „regional politischen Bedeutung (was immer das auch ist) über Nachhaltigkeit und Innovation bis zur gesicherten Finanzierung. Auch die Investoren dürfen dann keine Zeit verlieren. Innerhalb von drei Jahren muss der Neubau des Firmenstandortes komplett fertig sein. Spannend sind Informationen wie die Positiv- oder Negativliste. Diese Übersichten zeigen auf, welche Branchen sich überhaupt Hoffnung machen dürfen, wenn sie bis zum 19. April ihre Unterlagen einreichen. Hintergrund dafür sind die Fördergelder, die die Stadt bekommt. So ist innenstadtnaher Einzelhandel ebenso ausgeschlossen wie Investoren aus der Transportbranche oder Unternehmensberater. Insofern ist es gut, das im Rathaus bereits weitere Flächen in Vorbereitung sind, die ohne Auflagen vergeben werden können. Die Abteilungen Planung und Wirtschaftsförderung werden in den nächsten Jahren viel zu tun haben nach Jahren des Stillstands, als keine einzige Ansiedlung aufgrund fehlender passender Flächen möglich war.
Wenn dann zur Jahresmitte die Grundstücke hoffentlich alle vergeben sind, dann werden die Ansiedlungen auch Auswirkungen auf die gesamte Stadt habe. Neue Arbeitsplätze – die genaue Zahl lässt sich nicht berechnen, es werden im Idealfall mehrere hundert sein – ziehen neue arbeitswillige Bürger mit Kaufkraft nach sich. Die brauchen Wohnungen und am besten auch Kindergarten- oder Schulplätze. Auch für die Innenstadt ist ein Effekt absehbar: Die Deutsche Post will das gemietete Gebäude am Bahnhofsring verlassen und in die Benzstraße ziehen. Der Eigentümer des dazu noch äußerst hässlichen Gebäudes hat angekündigt, die Immobilie abzureißen und die Fläche neu attraktiv zu entwickeln. Man darf schon jetzt gespannt sein, welche Firma dann als erstes im „Leeraner Investoren-Rennen 2024“ mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit geht.
Ach ja, die Zeiten, in denen die Firmen Grundstücke „für’n Appel und ’n Ei“ bekommen haben, sind lange vorbei. Waren in den 1980er und 1990er Jahren 5 bis 10 DM pro Quadratmeter durchaus üblich, muss heute auf den Cent genau gerechnet werden, damit die Fördermillionen nicht rückwirkend verloren gehen. Für Leer bedeutet das, dass diese kleinen und mittleren Unternehmen – ganz im Gegensatz zu ausländischen Großkonzernen, die für Investments in im Kreis Dithmarschen oder in Sachsen-Anhalt Milliarden bekommen – nach aktueller Kalkulation 75,35 Euro pro Quadratmeter erschlossenes Land zahlen müssen. Aber darauf einzugehen, würde die lokale Betrachtung von Entwicklungen weit überschreiten…
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