„Fahrradfreundliche Innenstadt? Aus guter Idee wurde eine Vollkatastrophe“

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Ulf-Fabian Heinrichsdorff, Vorsitzender der CDU-Stadtratsfraktion

LEER Vom letzten Platz auf dem Wahlzettel bis an die Spitze der Fraktion – so lässt sich der Weg zusammenfassen, den der Leeraner Ulf-Fabian Heinrichsdorff in den vergangenen Jahren innerhalb der CDU gegangen ist. Der 41-Jährige führt seit Herbst 2021 die Fraktion im Leeraner Stadtrat. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der Diplom-Wirtschaftsingenieur für Reedereilogistik über die wichtigsten Aufgaben, die auf die Stadt Leer warten, die Zusammenarbeit im Rat und seine Begeisterung für Sport und Kochen. Zudem findet er deutliche Worte mit Blick auf die fahrradfreundliche Innenstadtgestaltung und die Unklarheit, was auf dem EWE-Gelände passieren soll.

In die Kommunalpolitik bin ich gegangen, weil…

… ich vor Ort in meiner Heimatstadt aktiv gestalten statt nur zuschauen und meckern wollte. Mit 14 Jahren habe ich mich erstmalig engagiert.

Die spannendste Aufgabe als Fraktionsvorsitzender ist…

… – das ist die logische Antwort – die Interessen der Bürger bestmöglich zu vertreten. Unser Ziel muss es sein, als CDU in Leer als eine verlässliche Alternative zur Mehrheitsfraktion aus SPD und Grünen wahrgenommen zu werden und eine gute, vertrauensvolle Grundlage bei den Bürgern zu schaffen, so dass wir 2026 wieder – anders als heute – in zweistelliger Zahl in den Rat gewählt werden

Der parteilose Bürgermeister Claus-Peter Horst könnte besser machen…

… wenig. Er macht insgesamt einen guten Job. Manchmal würde ich mir wünschen, dass er die ehrenamtlichen Politiker im Rat noch intensiver einbindet und mitnimmt.

Die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen im Stadtrat ist für mich…

… sehr gut. Wir arbeiten in dieser Legislaturperiode auf Augenhöhe zusammen. Wir streiten und diskutieren in der Sache, aber es geht nie unter die Gürtellinie. Nach den Sitzungen trinken wir dann auch mal ein Bier zusammen. Es geht am Ende immer um die gute Entwicklung der Stadt Leer.

Die größte Herausforderung für die Stadt Leer sehe ich in…

…  in der Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum für Familien. Wir brauchen in Leer mehr Arbeitsplätze und dafür muss dann auch die gesamte Struktur drumherum stimmen. Ich hoffe sehr, dass die IT-Branche weiter Fuß fasst. Für die Innenstadt wünsche ich mir, dass der Landkreis mit seinen Überlegungen für das EWE-Gelände endlich vorwärtskommt und wir wissen, ob und wie die Fläche für Bildung und andere Zwecke genutzt werden soll.

Wenn ich an die nächste Kommunalwahl denke, dann …

… freue ich bereits jetzt auf einen engagierten Wahlkampf. Wir haben ein Team, dass gut zusammenpasst und mit dem wir viel bewegen und dann auch überzeugen werden.

Eine Aufgabe, die ich in der Politik gerne übernehmen würde, ist…

Der Fraktionsvorsitz in meiner Geburtsstadt ist die perfekte Aufgabe für mich. Ich bin zufrieden. Ich sehe das als Ehre und Herausforderung zugleich. Ich bin dankbar, dass ich auch vom letzten Platz auf dem Wahlzettel 2021 nach den Ereignissen um die interne Bürgermeister-Kandidatenwahl von den Bürgern ausreichend Stimmen und damit Vertrauen bekommen habe.

Wenn ich an die Querelen innerhalb der Fraktion in den Wochen nach der Wahl denke, dann…

… bin ich froh, dass wir aus der starken Unsicherheit eine verlässliche Faktion gemacht haben, die nun richtig gut funktioniert. Rückblickend haben wir gute, wenngleich auch schwierige Entscheidungen getroffen. Für mich ist Loyalität wichtig in der Politik und nachdem die Personalthemen sich in eine bestimmte Richtung entwickelt hatten, war ich bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen.

Wenn ich einen Beschluss des Rates rückgängig machen könnte, dann…

… ist das das Projekt „FaCit“. Die Gestaltung der Innenstadt hin zu mehr Fahrradfreundlichkeit war eine gute Grundidee. Was daraus gemacht wurde, ist eine absolute Vollkatastrophe. Der innere Stadtring ist ein ständiger Stau – und der neue Bummert funktioniert als wohl die Kreuzung Deutschlands mit den meisten Ampeln überhaupt nicht. So haben wir uns das nicht vorgestellt, selbst wenn die Umgestaltung fast ausschließlich mit Fördergeldern erfolgte.

Wenn ich meiner Partei, der  CDU, einen Ratschlag geben sollte, dann…

… finde ich das schwierig. Ich denke, dass die CDU mit dem neuen Grundwerteprogramm auf einem guten Weg zur neuen konservativen Mitte ist. Ich freue mich, wenn das Programm so beschlossen wird.

Wenn ich an die Demonstrationen in Deutschland in den vergangenen Wochen denke, dann …

… habe ich ein gutes Gefühl. Es ist gut und wichtig, dass sich die Bürger – auch in Leer – wieder stärker zu Wort melden und einmischen. Das ist wichtig für eine Demokratie. Es muss allerdings im friedlichen Rahmen bleiben. Natürlich habe ich dabei auch die aktuelle Bundesregierung im Blick. Ich bin enttäuscht von der Regierung. Der Bundeskanzler kommuniziert zu wenig mit den Menschen, obwohl das in Krisenzeiten eine der wichtigsten Aufgaben ist.

Sport ist für mich…

… ein Lebensinhalt. Ich jogge jeden Tag etwa 30 Minuten.

Schiffe vom Schreibtisch aus mit zu „navigieren“…

… ist seit 18 Jahren jeden Tag eine große Freude. Es ist stressig und vielfältig, aber nie langweilig.

Mein Engagement für den Städtepartnerschafts-Verein…

… ist eine Herzensangelegenheit. Städtepartnerschaften sind für mich Völkerverständigung auf dem kleinen Dienstweg.

Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…

Ich habe noch nie einen bekommen. Ich habe kein eigenes Auto. Ich mache alles mit dem Rad oder mit Carsharing.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

… geizige und intolerante Menschen.

Ich kann mich so richtig freue über…

… Beschlüsse im Rat, die unsere Ideen aufgreifen und die Mehrheit finden.

Meine schönsten Urlaubsziele sind…

… Kapstadt und die Bettmeralp in Schweiz.

Kraft tanke ich, wenn…

…  ich unter Freunden bin.

Kochen ist für mich…

… ein perfekter Ausgleich zum Stress.

Mein Lieblingsplatz in Leer ist…

 …  der Westerhammrich morgens um 6 Uhr bei etwas Nebel und aufgehender Sonne.

Wenn ich einen Tag lang ein anderer sein könnte, dann wäre ich gerne mal…

… ein Mensch, der in der Lage ist, die Kriege auf der Welt zu beenden.

Als Bundeskanzler würde ich als erstes…

… das Bürgergeld so gestalten, dass es wieder deutlich mehr Anreize gibt, arbeiten zu gehen.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

… global mehr Umweltstabilität, einen einfachen Bildungszugang für alle und eine stärkere Förderung von internationaler Zusammenarbeit und mehr gegenseitigem Verständnis.

Mit 14 Jahren in die Politik gegangen: Ulf-Fabian Heinrichsdorff, heute Fraktionsvorsitzender der CDU im Leeraner Stadtrat.

Foto: privat

Holger Hartwig„Fahrradfreundliche Innenstadt? Aus guter Idee wurde eine Vollkatastrophe“