DIE KOLUMNE – Stiftungen im Kreis Leer: Die spannenden Förderer aus dem Hintergrund

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Sie laufen zumeist unter dem Radar, wenn es um die öffentliche Wahrnehmung geht: Stiftungen. Dabei hat sich ihre Zahl in den vergangenen Jahren stark erhöht und die Bereiche, die durch die Stiftungen gefördert werden, sind vielfältiger denn je. Aktuell gibt es im ehemaligen Regierungsbezirk Weser-Ems insgesamt 681 Stiftungen. Sie alle sind beim Amt für regionale Landesentwicklung Weser-Ems geführt. Wie viele habe davon ihren Sitz in Leer? Welche Ziele verfolgen sie?

Als erstes ist festzustellen: Der Kreis Leer ist mit lediglich 29 Stiftungen in diesem Bereich im Vergleich beispielsweise zum Emsland und den Städten Oldenburg oder Osnabrück – jeweils in Relation zu der Einwohnerzahl – stark unterrepräsentiert, vor allem, wenn es um Stiftungen von Privatpersonen oder Kommunen geht. Das kann die unterschiedlichsten Gründe haben. Einer liegt auf der Hand: Im Kreis Leer gibt es tendenziell offenbar weniger erfolgreiche Unternehmer oder große Erben, die ihr Vermögen in einer Stiftung „absichern“ wollen. Zum zweiten ist beispielsweise im Emsland auffällig, dass für eine Vielzahl von Einrichtungen unterschiedlichster Art und sogar für Gymnasien Stiftungen ins Leben gerufen wurden.

Vor dem detaillierten Blick in die Arbeit der Stiftungen im Kreis Leer ein kleiner Ausflug. Warum in Deutschland Stiftungen gegründet? Der Klassiker hat folgenden Hintergrund: Es sind Privatpersonen, die ihren Nachlass regeln oder aber der Gesellschaft etwas zurückgeben möchten mit dem Vermögen, das sie in den vergangenen Jahrzehnten bilden konnten. Oft haben sie keine direkten Erben der wenig Zutrauen in die nächste Generation. Mit der Gründung einer Stiftung können Sie dauerhaft positive Dinge verwirklichen. Stifterinnen und Stifter sowie ihre Stiftung können dabei sehr viel Schenkungssteuer, Erbschaftssteuer und Einkommensteuer sparen. Im Klartext: Bei der Übertragung von Geld in eine Stiftung bleibt das Kapital erhalten, kann in aller Ruhe Zinserträge erwirtschaften – und der Staat kassiert nicht. Teilweise werden diese Stiftungen zu Lebzeiten gegründet, um eine sinnvolle Tätigkeit im Ruhestand zu haben. Andere Stiftungen haben den Hintergrund, dass sie als „Kapitalsammelstelle“ dienen. Dieses Kapital soll Zinserträge erzielen, mit denen dann Einrichtungen verschiedenster Art finanziell unterstützt werden. Das Stiftungskapital bleibt dabei dauerhaft erhalten.

Zurück in den Kreis Leer. Die 29 Stiftungen – es kann sein, dass es weitere gibt, die Daten bei der zuständigen Behörde sind nicht die neuesten (beispielsweise bei einer Stiftung steht noch ein Verantwortlicher steht, der vor acht Jahren verstorben ist) – haben unterschiedlichste Ziele: Förderung der schulischen und wissenschaftlichen Bildung, Erziehung und Berufsorientierung; der Gemeinschaft in einem Ort; Unterstützung von Kunst; Kultur und Heimatpflege; von hilfsbedürftigen Personen; Erhalt und Pflege von Denkmälern mit Schwerpunkt Stadt Leer und Unterstützung von bedeutsamem Kulturgut (Altstadt von Leer); Förderung des Natur-, Umwelt- und Landschaftsschutzes und des Jagdwesens; Förderung der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, Förderung des Sports; Förderung der Gesundheitspflege; Förderung des Hospizgedankens sowie Fürsorge für Gehörlose und Blinde sowie der Altenhilfe. Wie hoch dabei das jeweilige Stiftungskapital – es kann von einigen tausend Euro bis zu Milliardenbeträgen gehen – ist und damit die jährlichen Erträge, die für die Vergabe zur Verfügung stehen, ist im Detail nicht bekannt. Fest steht: Für gemeinnützige Vereine und Institutionen lohnt sich ein Blick auf die Stiftungen – sie fungieren gerne als „Sponsoren ohne Werbeanspruch“. Für Politiker im Kreis Leer könnte es zudem spannend sein, einmal zu schauen, welche Ziele andere Kreise und Kommunen mit Stiftungen als Kapitalsammelstellen geschickt fördern. In Zeiten steigender Zinsen werden schließlich auch bei allen Stiftungen die jährlichen Mittel, die verteilt werden, wieder steigen.

Soweit der Blick in die Region. Doch es ist wichtig, bei Stiftungen genau hinzusehen, denn die Zielsetzungen und vor allem die Rechtsformen sind durchaus interessant und keineswegs selbstverständlich gemeinnützig. Es kommt vor allem darauf an, welche Buchstabenkombination nach dem eigentlichen Namen folgt. Prominentestes Beispiel dafür ist die Lidl Stiftung. Dahinter steckt Multimilliardär Klaus Schwarz, der seit den 1970er Jahren ein Handelsimperium mit über 11.000 Filialen und zig Tochterfirmen aufgebaut hat. Die Schwarz-Stiftungen sind Teil einer für Außenstehende schwer zu durchschauenden Struktur und haben diverse Endungen. Beispielsweise bei der Lidl-Stiftung & Co KG. Allein hinter ihr stecken 600 verschiedene klassische Landes- und Servicegesellschaften. Oder auch die Dieter Schwarz Stiftung gGmbH. Vor allem die Co-KG-Stiftung, die auch nicht im Stiftungsregister, sondern im Handelsregister erfasst werden, hat dabei als Ziel: die Vermögens- und Unternehmenskontinuität in allen Belangen über den Tod hinaus zu sichern und die Ertragsquelle teilweise jedem Zugriff zu entziehen. Das Lidl-Modell gilt als beispielhaft auch für mittelständische Familienunternehmen, die gute juristische und betriebswirtschaftliche Berater haben.

Fest steht, dass bei Stiftungen, mehr als zu erwarten ist, gilt: Holzauge sei wachsam.

LESETIPP:

Die 29 Stiftungen im Kreis Leer und ihre Ziele – hier klicken: https://hartwig-am-sonntag.de/startseite/kreis-leer-29-st…n-foerderzielend/

Holger HartwigDIE KOLUMNE – Stiftungen im Kreis Leer: Die spannenden Förderer aus dem Hintergrund