„In Zeiten der Ampelkoalition eine Grüne zu sein, ist nicht ganz so einfach“

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Auf einen Tee mit…: Heute mit Anna Hinz, Kreisvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen

 LEER Sie ist erst einige Monate im Amt, aber keineswegs politisch unerfahren: Anna Hinz. Die 63-Jährige steht an der Spitzen des Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen und kann dabei auf jahrelange kommunalpolitische Arbeit im Sauerland zurückgreifen. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht die gebürtige Ostfriesin über die Grüne, warum sie an der Spitze eines jungen Kreisvorstandes steht, wie sie die Politik ihrer Minister in Hannover bewertet und über Krieg, Atomkraft, Bürgergeld und ihr politisches Vorbild.

 Bündnis 90/Die Grünen ist meine Partei, weil …

… mir, solange ich denken kann, die Natur am Herzen lag und ich mir die Atomkraft immer Bauchschmerzen bereitet hat. Soziale Aspekte und die Umweltpolitik haben für mich die meisten Überschneidungen und über meine Erfahrung in Schulfragen bin dann bei den Grünen gelandet.

Die Führung des Kreisverbandes meiner Partei habe ich übernommen, weil…

… ich dachte, dass genau das eine Aufgabe für mich ist, die ich übernehmen möchte. Ich habe vor meiner Rückkehr nach in meine Heimat Ostfriesland in der Partei in Altena bereits viel gemacht, war dort im Stadttrat von Altena und der Kreisvorsitze ist eine neue Herausforderung.

Wenn ich an meinen jungen Kreisvorstand denke…

finde ich das sehr spannend. Ich war mein ganzes Leben von jungen Menschen umgeben. Ich mag das.

Die Grünen im Kreis Leer müssten…

… etwas mehr Zusammenarbeit zwischen Mandatsträgern und Vorstand haben. 

Politik noch einmal zu meinem Beruf zu machen, ist für mich …

… keine Option.

Von der Politik in Hannover und Berlin würde ich mir mit Blick auf die kommunale Ebene wünsche, dass …

… sie die Menschen im ländlichen Raum ihren Bedürfnissen und Vorstellungen mehr im Blickfeld behält.

Wenn ich an die Arbeit und Einsatz meines Bundestagsabgeordneten Julian Pahlke speziell für unseren Wahlkreis denke, dann…

… kann ich feststellen: Wir haben eine gute Zusammenarbeit.

In Zeiten der Ampelkoalition Mitglied der Grünen zu sein, ist…

… nicht ganz so einfach.

Über die Arbeit der Grünen-Minister in der Bundesregierung denke ich, dass …

… sie mit Blick auf die Kommunikation verbesserungswürdig ist. Vieles ist nicht so schlecht, wie es transportiert wird. Es kommt nur schlecht „rüber“.

Wer mir vor zwei Jahren gesagt hätte, dass meine Partei die Lieferung von Waffen für einen Krieg unterstützt, die Laufzeit von Kernkraftwerken verlängert oder Energie in Katar einkauft, dem hätte ich gesagt, dass …

… sich die Lage auf der Welt schon sehr verschlechtern muss – was leider tatsächlich der Fall ist. Vieles, was seit 2020 passiert – Stichwort Pandemie– war nicht denkbar und die Resultate und Veränderungen sind dann auch politisch spürbar.

Wenn ich einen jungen Menschen für Politik begeistern will, dann…

… mache ich im klar, dass er auch im Kleinen einen Einfluss haben kann. 

Die Erhöhung des Bürgergeldes um 12 Prozent ist aus meiner Sicht …

… angesichts steigender Kosten angebracht. Auch Mindestlohn müsste angepasst werden. Der Unterschied zwischen Arbeit und Bürgergeld muss da sein.

Mein größter bisheriger Erfolg ist…

… die Wahl in den Stadtrat Altena und dann die Möglichkeit, dort eine gute Schulpolitik zu gestalten.

Meine größte Fehlleistung bisherige ist…

Das sollen andere beurteilen. Jeder macht Fehler.

Mein (politisches) Vorbild ist…

Darf ich das sagen? Schon in Kinder- und Jugendzeiten war es Willy Brandt. Es hat mich angesprochen, wie er eine neue Politik, beispielweise die Ostpolitik, gemacht hat. Die Grünen gab es ja damals noch nicht…

Mein Lebensmotto ist…

Mache das Beste aus dem Tag und denke nicht so viel darüber nach, was könnte sein, wenn…

Plattdeutsch ist für mich…

… unbedingt wichtig. Ich bin damit groß geworden in Rhauderfehn. Ich habe nichts davon verlernt.

Mein Lieblingsplatz im Kreis Leer ist…

… der Leeraner Hafen mit der schönen Aussicht mit hellem Licht über dem Wasser. Das gibt mir Kraft.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

… Ungerechtigkeit.

Ich kann mich so richtig freuen über…

… Sachen, die mir gelingen- vor allem, wenn ich etwas gegenangesehen habe und es dann doch gemacht habe.

Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzlerin sein könnte, dann würde ich gerne…

… aufgrund der Erfahrungen, die ich als Mutter einer behinderten Tochter gemacht habe, für Menschen mit Behinderung zur Verfügung stehen, um mir ihre Sorgen und Nöte anzuhören. Ich sehe an meiner 34jährigen Tochter, welche Schwierigkeiten selbst für gut ausgebildete Menschen mit Handicaps im Berufsleben ergeben, weil sie sehr oft ausgenutzt werden.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir, dass …

… ich die Nachrichten anmache und höre: Die Russen aus der Ukraine zurückgezogen. Zudem wünsche ich mir, dass man weltweit mehr macht gegen Verfolgung und für den Klimaerhalt.

Seit Mai dieses Jahres führt sie den Kreisverband Leer von Bündnis 90/Die Grünen an: Anna Hinz (63), hier im Leeraner Teemuseum, in dem sie arbeitet. Foto: privat

Holger Hartwig„In Zeiten der Ampelkoalition eine Grüne zu sein, ist nicht ganz so einfach“