Seit der Kommunalwahl 2021 kann man behaupten: Es bewegt sich etwas in der Stadt Leer. Rat und Verwaltung kommen besser miteinander klar, viele Weichen für Projekte – allen voran die Erweiterung des Gewerbegebiets Benzstraße, neue Bauflächen Richtung Eisinghausen – wurden erfolgreich im Miteinander gestellt. Nun „knirscht“ es an einer anderen Stelle, die für die Stadt Folgen hat, weil sie dazu führen dürfte, dass es bis auf weiteres noch schwieriger wird, gutes und qualifiziertes Personal in das Rathaus in der Altstadt zu holen.
Vorweg sei gesagt: Die beiden Haupakteure des Konfliktes, Bürgermeister Claus-Peter Horst und der Personalratsvorsitzende Jörg Penning, hüllen sich in Schweigen. Schließlich darf man ja zu Personalangelegenheiten öffentlich nichts sagen. Recht so – das nennt man Schutz der Persönlichkeiten und Mitarbeitende oder Bewerbende sollen nicht geschädigt werden, macht es journalistisch aber nicht einfacher.
Worum es geht? Um die Einstellung einer Klimaschutzmanagerin, die die Stadt zuletzt über Monate und mit finanziellem Aufwand – wie man hört, wurde dafür ein fünfstelliger Betrag in die Akquise „investiert“ – gesucht hat. Schlussendlich hätte der Verwaltungsausschuss der Stadt als entscheidendes Gremium die Einstellung einer Bewerberin nun gerne vorgenommen. Daraus wird nun nichts. Hintergrund ist ein schwelender Konflikt zwischen Rathaus-Chefetage um Bürgermeister Horst und seiner rechten Hand, Erster Stadtrat Detlef Holz, und dem Personalrat. Der Personalrat ist etwa vergleichbar mit dem Betriebsrat in einem Unternehmen.
Die Besetzung des Klimaschutz-Postens in der Verwaltung steht dabei nur stellvertretend für die Auseinandersetzung um eine seit Jahren bestehende „Gewohnheit“, die die Rathausführung um den Bürgermeister jetzt abgeschafft hat. Seit Jahrzehnten – der ehemalige Personalratsvorsitz und langjährige SPD-Ortsvereinsvorsitzende Hans Fricke war in dieser Hinsicht immer clever – war es in Leer selbstverständlich, dass der Personalrat an der gesamten Sitzung des Personalausschusses zusätzlich zum sonstigen Beteiligungsverfahren teilnahm und sich – so ist übermittelt – auch gerne zu Wort meldete. Der Personalausschuss tagt immer nichtöffentlich und bereitet die finalen Personalentscheidungen im Verwaltungsausschuss vor.
Die Rathausspitze hat dann vor einiger Zeit entschieden, dass diese Tradition in der Leeraner Kreisstadt beendet werden soll. Der Personalrat wird an anderer Stelle gehört, in Sitzung bei Bedarf einbezogen, soll aber nicht immer „mitmischen“, so wie es in der Vergangenheit der Fall war. Natürlich, das versteht sich, wurde die „Nicht-Mehr-Einladung“ juristisch geprüft und dann so verfahren. Die Auffassung ist eindeutig: Die Beteiligung des Personalrates findet an anderen Stellen ausreichend statt – nicht aber im „Dauereinsatz“ im Personalausschuss. In anderen Kommunen würde das so praktiziert, hieß es zudem gegenüber der Politik.
Wen wundert´s, dass der Personalrat das anders sieht und seinerseits eine andere Rechtsauffassung einnimmt. Er ist überzeugt, dass seine Mitbestimmungsrechte durch die vom Bürgermeister geänderte Praxis eingeschränkt werden und – wie sollte es anders sein – sieht sich juristisch ebenfalls auf der „sicheren“ Seite. Wer am Ende juristisch auf das richtige Pferd setzt, kann nun auf einem gegebenenfalls langen Rechtsweg geklärt werden. Zuständig ist das Verwaltungsgericht. Wie auch bei weiteren Themen, die sich am Horizont andeuten, zu denen aber aktuell auch keiner etwas sagen will oder darf. Soweit – so schlecht. Denn – das weiß jeder, der in der freien Wirtschaft unterwegs ist – Konflikte zwischen Leitung und Personalvertretung sind für das Klima, das Miteinander und die Leistung alles andere als förderlich.
Die ersten Folgen dieses verwaltungsinternen Zwistes sind spürbar. In dem besagten Fall des Klimaschutzmanagers hat der Personalrat der Einstellung der qualifizierten Bewerberin schlussendlich nicht zugestimmt. Das bedeutet, dass die Einstellung bis auf weiteres nicht vorgenommen wird – und das, obwohl dem Vernehmen nach die Politiker im Verwaltungsrat dem Wunsch der Stellenbesetzung, die auch der Stadtbaurat Rainer Kleylein-Klein favorisiert, zugestimmt hätten. Und was nun? Eine Einigungsstelle könnte „gegründet“ werden. Beide Partner – drei Vertreter der Arbeitgeberseite, drei Abgesandten des Personalrates – und ein unabhängiger Vorsitzender würden dann versuchen, zu einer Lösung zu kommen. Dieses Verfahren hat es so in Leer in der jüngsten Geschichte noch nie gegeben. Alternativ könnte die Rathausführung vor dem Verwaltungsgericht eine Zustimmung einklagen – ähnlich wie es in der freien Wirtschaft ein Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht machen kann.
Fest steht: Wenn Einigungsstelle oder der Gerichtsweg kommen, weil sich Bürgermeister und Personalrat nicht kurzfristig verständigen, wird es dauern. Wer weiß, ob die Bewerberin dann in Zeiten dieser fehlenden Fachkräfte nicht längst woanders unterschrieben hat. Die ebenfalls andauernde Suche eines Architekten durch die Stadt mit nahezu täglicher Werbung in den sozialen Medien lässt erahnen, wie sehr Leer um gutes Personal eh schon ringen muss.
Kurzum: Ein schwelender verwaltungsinterne Konflikt über die Beteiligung der Mitarbeitenden-Vertretung wird weitere Spuren hinterlassen. Bewerber und Mitarbeitende werden das Techtelmechtel um „Muss-nicht-Muss-Doch-und-Wie-denn“, die fehlenden Zustimmungen und das „Knistern“ zwischen Chefetage und Personalrat zur Kenntnis nehmen. Das spricht sich rum, für interessierte Bewerber wird das Rathaus damit auf keinen Fall als Arbeitgeber attraktiver.
Dabei sollte doch für alle Beteiligten der Grundsatz gelten: Bei Personalfragen muss die beste Qualität im Vordergrund stehen. Personalfragen dürfen im Interesse der Menschen einer Stadt nie zum Spielball der Macht werden – weder in einer Verwaltung intern noch in oder im Zusammenspiel mit der Politik. Schade, dass sie es in Leer immer wieder gerne aus Tradition werden. Aber das würde an dieser Stelle jetzt zu weit führen. Man darf gespannt sein, ob das jemals anders wird.
Eine Klimaschutzmanagerin – das steht fest – hat Leer bis auf weiteres jedenfalls nicht. Aber dafür erst einmal durchgeschnittene „alte Zöpfe“. Wer diese Zöpfe als Bürgermeister bewusst durchschneidet, der muss sich sehr sicher sein, wie und warum er das macht. Der wird sich sicher sein, dass er die Ratsmehrheit inklusive wichtiger Teile der Opposition hinter sich hat. Der wird auch wissen, was es bedeutet, das Thema weiter eskalieren zu lassen, Entscheidend ist, was bei diesem „Spiel mit Personal“ am Ende herauskommt.