Ein „Mini-Campus“ und was sonst noch?

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HARTWIG am MITTWOCH ist eine Kolumne, die immer zuerst mittwochs in der Ostfriesland-Ausgabe der Nordwestzeitung und der Emder-Zeitung erscheint.

Die Uhr tickt: Bis zum Jahresende 2021 will die EWE – endlich – ihr altes Gelände im Herzen von Leer endgültig an den neuen Eigentümer, den Landkreis Leer, übergeben. Dann sollen die letzten Altlasten im Boden beseitigt sein. Dann könnte umgehend mit der Neugestaltung des Areals an der Ubbo-Emmius-Straße begonnen werden. Könnte.

Vor Jahren war klar: Hier wird ein neuer, großer Bildungscampus entstehen. Von den ursprünglichen Plänen, das bestehende akademische Angebot (VWA, Fachbereiche Nautik und BWL im Dualen System der Hochschule Emden-Leer) gezielt auszuweiten, hat sich der Landkreis, zwischenzeitlich verabschiedet. Gespräche über alternative Nutzungen mit der Stadt Leer sind bisher fast nicht geführt worden. Fest steht: Die Stadt hat einen gültigen Aufstellungsbeschluss (so heißt das in der Amtssprache), dass das städteplanerisch als Sondergebiet Bildungscamps mit ggf. Wohnungen für Studierende ausweist. An diesem Beschluss scheiterten einstmals bereits frühzeitig Überlegungen eines Handelsunternehmens, dort einen Verbrauchermarkt zu bauen.

Beim Landkreis Leer hört man es nicht so gerne, wenn auf die schleppende Entwicklung des Areals hingewiesen wird. Was geplant ist, dazu schweigt man sich beharrlich und gerne aus. Auf Anfrage heißt es lediglich nichtssagend: Weitere Entwicklungen zum alten EWE-Gelände bleiben den Beschlüssen des Kreistages vorbehalten. Anders ausgedrückt: Es gibt derzeit kein schlüssiges Gesamtkonzept.

Landrat Matthias Groote hat immer wieder betont, dass auf dem Gelände bereits in Innovation und Ausbildung investiert wird. Stimmt, allerdings in überschaubaren, keineswegs mit den einstigen Überlegungen vergleichbaren Dimensionen. Ein „Mini-Campus“ sozusagen, der lediglich für das ehemalige Verwaltungsgebäude der EWE eine neue Nutzung mit sich bringt. Es ist dort der seit Januar 2021 vom Land Niedersachsen anerkannte und geförderte „Digital.Hub Ostfriesland“ (DHO) untergebracht.  Er soll sich zu einem Knotenpunkt für digitale Innovationen in Ostfriesland entwickeln. Themen wie die quantitative und qualitative Sicherung des IT-Nachwuchses, studentische Projekte sowie der Erfahrungsaustausch zwischen Firmen und Partner stehen im Fokus. Dazu gibt es sechs Arbeitsgruppen unter der Führung der Hochschule Emden-Leer und einen Kreativraum. Der „Maker-Space“ lädt Schüler, Studierende, Vereine und Unternehmen ein, modernste Technik (3D-Druck, Drohnen, Robotik, Virtual und Augmented Reality, Programmierung, Smart-Home oder Mediengestaltung) kennen zu lernen. So weit, so gut – wenn dann noch mehr Interessierte wüssten, dass es das Angebot gibt.

Der DHO kann nur der Anfang sein. Oder aber, der Kreis als Grundstückseigentümer und die Stadt Leer als zuständige Planer für die Flächen setzen sich schleunigst hin und erarbeiten gemeinsam eine andere Lösung. Der neue Bürgermeister Claus-Peter Horst kann ja ganz unbefangen an das Thema herangehen und einen neuen Anlauf beim Landrat starten. Fest steht: Das innerstädtische Gelände darf keine Brachfläche bleiben und vor sich hingammeln. Wenn schon keine Bildung, was immer noch die zukunftsträchtigste Lösung wäre, dann wenigstens Wohnungen. Die braucht es in der Ledastadt immer – und selbst ein Nahversorger könnte dort nicht schaden.

Holger HartwigEin „Mini-Campus“ und was sonst noch?