EWE-Appell: Politik muss schnell klare Entscheidungen für mehr Investitionssicherheit treffen

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OLDENBURG Die EWE mit Sitz in Oldenburg ist der große Player, wenn es um die Netze und die Gas- und Stromversorgung von Privathaushalten und Unternehmen im Kreis Leer geht. Lesen Sie nachfolgend, wie der Energiekonzern über die Herausforderungen und die Zusammenarbeit mit den Kommunen der Region denkt, wenn es um die kommunale Wärmeplanung und die klimafreundliche  Energieversorgung geht.

Wie weit unterstützt die EWE als Lieferant von Strom und Gas und Betreiber der Netze die Kommunen bei der Umsetzung der durch das Gesetz definierten Anforderungen in den einzelnen Bereichen?

EWE: Unser Konzern sensibilisiert EndverbraucherInnen ebenso wie Unternehmen, Institutionen und auch Kommunen für Energiethemen. So sollen beispielsweise Politik und Verwaltung durch entsprechende Formate informiert und handlungsfähig werden, beispielsweise bei der Umsetzung der Kommunalen Wärmeplanung. Als eine der ersten Kommunen im Nordwesten setzt die Stadt Cloppenburg die kommunalen Wärmeplanung jetzt um, in Zusammenarbeit mit EWE NETZ. Nach einer Projektlaufzeit von einem Jahr soll eine Transformationsstrategie mit einem entsprechenden Maßnahmenkatalog zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen für die Wärmeversorgung vorliegen.

Als Energiedienstleister ist EWE auch für Endverbraucher, Industrie, Gewerbe und Quartiersentwickler (und damit für Kommunen) aktiv. Ziel ist es, die individuelle Energiewende voranzutreiben, ob im privaten oder auch im unternehmerischen und öffentlichen Bereich. Dafür bietet EWE grüne Lösungen an, beispielsweise grüne Energie, Photovoltaikanlagen und Stromspeichersysteme zum Kauf und zur Pacht, Wärmepumpen zur Pacht bzw. im Contracting, Mobilität- und Lichtkonzepte, Wasserstoff-Lösungen für Industrie und Schwerlastverkehr und Quartierslösungen mit dezentraler, leitungsgebundener Wärmeversorgung, auch mit klimaneutralem Energieeinsatz wie Biomethan oder über Wärmepumpen.

Als Partner der Kommunen ist EWE auch noch in anderen Bereichen aktiv. So hat EWE im vergangenen Jahr mit einigen Landkreisen im Nordwesten eine gemeinsame Charta für den Klimaschutz unterzeichnet. Zunächst vor gut einem Jahr mit den Landkreisen Cloppenburg und Vechta. Damit haben sich die Partner zur konsequenten Umsetzung von Klimaschutz-Maßnahmen verpflichtet, nach dem Motto: „Wir. Hier. Jetzt. Vor Ort.“ Ende März haben die beiden Landkreise und EWE ein erstes Resümee gezogen – siehe dazu auch unsere Presseinformation vom 31. März: Klimaschutz geht nur gemeinsam | EWE AG.

Wie wird das Thema Wärmeplanung vorangetrieben? Geht die EWE auf die Kommunen zu?

EWE: Wir bieten die Kommunale Wärmeplanung den Kommunen aktiv an – als Dienstleistung. Dabei unterstützt EWE NETZ die Kommunen bei der Erstellung einer entsprechenden Wärmewendestrategie, auf Basis langjähriger Erfahrungen mit der kommunalen Energieversorgung. Das ganzheitliche Lösungspaket stellt sicher, dass alle gesetzlichen Anforderungen und die Bedürfnisse der Kommunen berücksichtigt werden.

Das Dienstleistungspaket von EWE NETZ zur kommunalen Wärmeplanung beinhaltet einen Wärmeplan im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen. Der Prozess umfasst vier Schritte: Bestandsanalyse, Potenzialanalyse, Aufstellung eines Zielszenarios und eine Wärmewendestrategie. Nach der einjährigen Projektlaufzeit liegt das Endergebnis in Form einer Transformationsstrategie mit einem entsprechenden Maßnahmenkatalog zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen für die Wärmeversorgung innerhalb der Kommune vor. Anschließend müssen in den darauffolgenden fünf Jahren mindestens fünf dieser Maßnahmen in die Umsetzung gebracht werden. Insgesamt betrachtet die kommunale Wärmeplanung flächendeckend die Versorgungssituation, schafft Transparenz und somit eine ganzheitliche Grundlage für die Planung darauffolgender Umsetzungsprojekte. Ziel von EWE NETZ ist es dabei, flexible und technologieoffene Wärmepläne zu erstellen und dabei Klimaneutralität und Versorgungssicherheit miteinander zu verbinden.

Wie weit sind Überlegungen, die Gasnetze zu Wasserstoffnetzen zu machen?

EWE: Als regionaler Gasnetzbetreiber plant EWE NETZ erste Wasserstoff-Leitungen im Weser-Ems-Gebiet zu bauen bzw. einen kleinen Teil des Gasnetzes auf den Wasserstofftransport umzustellen – im Rahmen des verbindenden Großprojektes „Clean Hydrogen Coastline“. Dieses bringt Erzeugung, Transport, Speicherung und Nutzung von grünem Wasserstoff in Industrie und im Schwerlastverkehr in vier Teilprojekten zusammen. Mit dem Großprojekt hatte sich EWE im Februar 2021 im Rahmen des europäischen IPCEI-Programmes (Important Project of Common European Interest) für eine Förderung beworben und im Mai 2021 die zweite Stufe des Verfahrens erreicht. Aktuell wird die Förderung auf europäischer Ebene geprüft.

In das bestehende Erdgasnetz können heute bereits bis zu 20 Volumen Prozent Wasserstoff eingespeist werden. Sowohl für die Infrastruktur als auch eine Vielzahl der Gasanwendungen ist dieses ohne Probleme möglich.

Das Erdgasnetz von EWE NETZ zwischen Ems, Weser und Elbe sowie in Brandenburg und auf Rügen ist auch schon heute für den Transport von 100 Prozent Wasserstoff geeignet. Dennoch ist eine Umstellung nicht ohne weiteres möglich, da kaum ein Endgerät mit 100 Prozent Wasserstoff statt mit Methan, also Erdgas, betrieben werden kann.

Ferngasnetzbetreiber wie ONTRAS oder Gascade haben gegenüber den Verteilnetzbetreibern wie EWE NETZ einen großen Vorteil, da sie auf ihren Trassen teilweise parallele Leitungen haben, so dass Wasserstoff und Erdgas separat transportiert werden können. Ein (Industrie)-Kunde, der an diese Netze angeschlossen ist, könnte sich dann für Wasserstoff oder Erdgas entscheiden. In unserem engmaschigen Verteilnetz haben wir diese parallelen Strukturen nicht, so dass wir in den EWE-Netzen entweder Wasserstoff oder Erdgas transportieren können. Diese Tatsache stellt die Verteilnetzbetreiber bei der Transformation von fossilen zu grünen Gasen vor Herausforderungen. Problemlos geeignet ist Biomethan, also auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas, welches als sogenanntes Austauschgas in jedes Verteilnetz eingespeist werden kann und auch von Biogasproduzenten bereits eingespeist wird.

Wie sieht das Konzept für Fernwärmelösungen aus? Was gibt es für Ansätze? Wie könnte beispielsweise Tiefengeothermie realisiert werden?

EWE: Wir haben den EWE Transformationsprozess im Wärmebereich bereits angestoßen. Um den Wärmemarkt kümmert sich im EWE-Konzern die EWE VERTRIEB GmbH. Als Brennstoff setzt EWE VERTRIEB unter anderem Biomethan ein. Der Fokus liegt dabei auf dem Einkauf und dem Einsatz von Biomethan, nicht in der direkten Nutzung von Biogas. EWE VERTRIEB nutzt Biomethan im Wärmemarkt insgesamt seit 2012, überwiegend für Geschäftskunden und die Wohnungswirtschaft. So setzt EWE in seinen Heizkraftwerken in Strausberg (Märkisch-Oderland) und Finowfurt (Barnim) sowie in den Neubauquartieren Augustfehn-Hengstforde (Ammerland) und Bingum (Ostfriesland) Biomethan bzw. Bioerdgas als Brennstoff ein.

Auf dem Wärmemarkt insgesamt gibt es die Begrifflichkeiten Fern- und Nahwärme. Beide meinen nahezu das gleich: In dezentralen Anlagen wird Wärme erzeugt, und in den jeweiligen Wohngebäuden oder auch Wohnquartieren über Wärmenetze verteilt.

Diese Versorgung hat in den letzten Jahren zugenommen. Nach Zahlen des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wurden 2020 immerhin schon 14,1 Prozent der etwa 42,6 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Fern- bzw. Nahwärme versorgt.

Der Heimatmarkt von EWE ist dreigeteilt: Region zwischen Ems, Weser und Elbe in Niedersachsen, Ostbrandenburg und Vorpommern-Rügen. Um im Wärmebereich den ökologischen Fußabdruck zu senken, modernisiert EWE einerseits alte Bestandsanlagen in den Nah- bzw. Fernwärmegebieten Schritt für Schritt und baut effizientere Anlagen ein, die höhere Wirkungsgrade haben und damit Energie und CO2 einsparen. Andererseits setzen wir zunehmend auch Biomethan ein, um Wärmeenergie ökologischer zu erzeugen. Auf Kundenwunsch ergänzen wir die Wärmeerzeugung auch mit einer Solarthermie-Anlage für die Warmwasserbereitstellung.

Klimaneutralität bei der Energieversorgung mit Photovoltaik, Wärmepumpen, zentraler kalter Nahwärme und Mieterstrommodelle sind Aspekte, die unseres Erachtens essenziell für zukunftsfähige, klimaneutrale Wohnquartiere sind. Wirtschaftlich sind diese noch nicht immer. EWE setzt aktuell daher mittelfristig auf Blockheizkraftwerke mit gekoppelter Strom- und Wärmeversorgung. Die Kraft-Wärme-Kopplung ist für EWE eine energieeffiziente und gleichzeitig wirtschaftliche Übergangslösung auf dem Weg in die Klimaneutralität. Zudem kann die Technik angepasst werden, so dass auch grüne Gase zum Einsatz kommen können. Des Weiteren unterstützt EWE seine Kundinnen und Kunden (Privat- und Geschäftskunden sowie Kommunen) bei der Wärmewende, beispielsweise mit dem Einsatz von Wärmepumpen. Ein aktuelles Beispiel ist das Bildungszentrum in Erkner (Brandenburg), bei dem die EWE-Tochter TEWE gerade eine Hybridlösung aus Wärmepumpe in Kombination mit Fern- bzw. Nahwärme umsetzt. Das Herzstück der Wärmeversorgung ist eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Rund 70 Prozent der benötigten Wärme können mit dieser Wärmepumpe erzeugt werden. Die restliche Wärme stellt TEWE weiterhin aus seinem Heizkraftwerk in Erkner Mitte zur Verfügung. Die Wärmelösung für das Bildungszentrum ist also eine Hybridlösung.

Mit solchen Lösungen erfüllt EWE insgesamt die Anforderungen einer ganzheitlichen Energieversorgung und schafft die Basis, den Anforderungen der Politik gerecht zu werden. In Zukunft werden nachhaltige Konzepte bspw. durch die CO2-Besteuerung auch zunehmend wirtschaftlicher. Politische Rahmenbedingungen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die Bundesregierung setzt diesen Rahmen mit der anstehen Gesetzgebung (bspw. GEG). Dieser Rahmen soll bis Ende des Jahres vollständig abgesteckt sein, so dass wir unsere Aktivitäten darauf ausrichten können und werden. Mit diesen Rahmenbedingungen können wir auch langfristige Investitionsentscheidungen treffen. Wir daher an die Politik, schnell klare Entscheidungen für mehr Investitionssicherheit zu treffen.

Wie und ab wann werden die die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen bei diesen Themen intensiv mitgenommen?

EWE: Wir bieten seit vielen Jahren grüne Energiedienstleistungen an – für EndverbraucherInnen ebenso wie für Unternehmen, Institutionen und Kommunen, beispielsweise PV-Anlagen und Stromspeicher, Mobilitätslösungen, Wärmelösungen. Dazu sind wir mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Unternehmerinnen und Unternehmern und auch mit Kommunen und Quartiers- und Projektentwicklern in unterschiedlichen Formaten, in unseren Shops oder über unser digitales Angebot sowie in persönlichen Gesprächen im Austausch.

Holger HartwigEWE-Appell: Politik muss schnell klare Entscheidungen für mehr Investitionssicherheit treffen