Es war nur eine kleine Mitteilung, die die Stadt Leer über die sozialen Medien verbreitete: Noch in diesem Jahr wird mit der Sanierung und der Neugestaltung der ersten Straßen im westlichen Stadtteil begonnen. Das Besondere daran: Die Straßen liegen im Bereich des Sanierungsgebietes „Soziale Stadt“, d.h. bei der Gestaltung ist ein intensiver Dialog mit den Bewohnern des Stadtteils vorausgegangen. Die Maßnahmen sind ein Mosaikstein für Investitionen von knapp 20 Millionen Euro durch die öffentliche Hand in den nächsten Jahren.
Der Erfolg der „Sozialen Stadt West “ in den kommenden Jahren dürfte sicher sein. Denn Leer ist „Wiederholungstäter“. Seit 2001 haben Verwaltung, Politik und Bürger so ihre ganz besonderen Erfahrungen gesammelt, was es bedeutet, wenn eine Beteiligung der Anwohner durch einen Runden Tisch und eine Sanierungskommission vorgeschrieben wird. Bei der „Sozialen Ost-Stadt“ wurde so manche Schlacht geschlagen. Vor allem die Frage der Ausgleichsbeiträge – sprich, welche Kosten die Eigentümer für das Aufhübschen ihres Wohnumfelds selbst übernehmen müssen. Damals war die Angst groß, dass es – wie bei der Altstadt-Sanierung – bis zu 30 Euro je Quadratmeter werden. Und es gab so manche Sitzung, die kurz vor der Eskalation stand. Nach vielen Monaten und vielen Gesprächen und politischen Beschlüssen mussten zwischen drei bis fünf Euro pro Quadratmeter gezahlt werden. (Fast) alle Quartiersbewohner zeigen sich zufrieden, wie der Stadtteil sich heute präsentiert. 90 Prozent der fälligen Ausgleichbeiträge sind bereits bezahlt. Insgesamt flossen über die Stadt etwa 18,5 Millionen Euro in die Straßen, in Sanierungsmaßnahmen und in Stadtteileinrichtungen. Dabei kamen 11,6 Millionen Euro aus der Städtebauförderung und aus EFRE-Mitteln von außen. Die Beiträge der Bürger – die zusätzlich selbst Millionen in ihre Immobilien investierten und Zuschüsse bekamen – fielen mit unter zwei Million Euro eher gering aus. Selbst für das lange als Sorgenkind betrachtete ehemalige MZO-Gelände wurde eine Neugestaltung auf den Weg gebracht. Bis Ende 2023 – das Projekt soll in Kürze durch den Stadtrat noch einmal mit Blick auf MZO und das Areal rund um das Klinikum zwischen Augusten- und Großstraße verlängert werden – soll alles abgeschlossen und der Stadtteil dann über 22 Jahre so entwickelt sein, dass sich die Menschen richtig wohlfühlen. Schon jetzt lässt sich feststellen: Das ist, wie auch bei der Altstadt Jahrzehnte zuvor, gelungen.
Zurück zum aktuellen Projekt, der Weststadt. Teils heftig diskutiert wird dort auch, nur überhaupt nicht über die Anliegerkosten. Andere eigene Interesse stehen halt immer über dem Allgemeinwohl und wenn dann noch Bauexpert(innen) mit am Tisch sitzen, dann ist es für die Verantwortlichen nicht immer einfach, Diskussionen wieder Richtung Lösungen zu fokussieren. Lösungen konnten durch das Team – es sind mit Peter Tautz und Karen Strack die zwei zentralen Köpfe des Oststadtprojekte als externe Koordinatoren und Fachleute wieder an Bord – bisher gefunden werden. Projekte, die alle den Klimaschutz im Blick haben, sind angeschoben. Investiert wird auch hier – wie in der Oststadt – nicht nur in Steine, wie aktuell in die Sanierung der städtischen Wohnungen. Auch die soziale Arbeit und Betreuung der Menschen steht im Fokus. So hat der Stadtteil mit dem „Haus Hermann“ (der Name wurde von den Stadtteilbewohnern per Abstimmung gewählt) bereits eine Anlaufstelle (offiziell Gemeinwesenbüro) mit Manuela Feldmann und Ulrike Beckmann. Es läuft also.
Und dann ist da noch ein weiterer positiver Nebeneffekt. Im Zuge der Planungen werden die Bebauungspläne des gesamten Areals durch ein beauftragtes Büro im Detail geprüft und dann angepasst. Damit werden überdimensionierte „Klotzbauten“ in Wohngebieten, wie sie an vielen Stellen der Stadt aufgrund fehlender eindeutiger Regeln geplant und teilweise auch umgesetzt werden, nicht mehr möglich sein. Seien wir also gespannt, ob die Bilanz dann in einigen Jahren ähnlich positiv wie im Ostteil ist.