Nächste Woche ist Weihnachten. Für viele Bürgerinnen und Bürger hat der Kreis Leer bereits jetzt ein passendes Geschenk ausgepackt. In den abgelegenen Ecken, die der freie Markt nicht mit schnellem Internet versorgen würde, wird mit millionenschwerem Fördergeld-Aufwand bis 2025 schnelles Internet kommen.
Der Preis für den Anschluss an diese schnelle digitale Welt ist für den Steuerzahler hoch. Deutschlandweit geht es in die Milliarden, was an Geldern in den Leitungsbau aus den Kassen des Staates fließt. Im Kreis Leer sind es 37 Mio. Euro von Bund, 15,5 Mio. Euro vom Land und dazu noch einmal 9,5 Mio. aus den klammen Kassen der Kommunen.
Interessant ist, mit welchen Konzepten hier Steuermittel gegen so genanntes Marktversagen ausgegeben werden. Die Kreise und Kommunen hatten die Möglichkeit, sich zwischen zwei Modellen zu entscheiden: Betreiber- oder Zuschussmodell. Bei dem Betreibermodell sind die Gebietskörperschaften für den Ausbau selbst verantwortlich, bleiben Eigentümer der Netze und wählen, ob sie die digitale Versorgung selbst vornehmen oder mit einem erfahrenen Partner realisieren. Ein Modell, dass in Schleswig-Holstein – dort betreiben viele Kommunen auch die Gas- und Stromnetze noch komplett selbst und investieren auch in die Datenleitungen – gerne gewählt wurde. Dort wurden für komplette Kreise unter Beteiligung aller Kommunen neue Firmen gegründet.
Anders ist die Ausgangslage beim Zuschussmodell, auch als „Wirtschaftlichkeitslücken-modell“ bekannt. Bei diesem Modell schreibt der Kreis aus, welche Adressen versorgt werden sollen. Unternehmen geben Angebote ab, welche Summe ihnen fehlen, damit der Ausbau für sie wirtschaftlich ist. Den Zuschlag bekommt dann der Investor, der die geforderten Ziele (Anzahl Anschlüsse, Dauer des Ausbaus) mit dem geringsten Fördermittelzuschuss erreicht. Als größte Vorteile beschreiben Expertengutachten, dass die Erschließung deutlich schneller möglich ist, als wenn es die Kommunen mit neuen Unternehmen oder Zweckverbänden selbst machen. Auch gibt es kein wirtschaftliches Risiko für den Fall, dass sich nicht genug Haushalte anschließen lassen, und die Zuschüsse sind abschreibungsfähig.
Für den Kreis Leer hat die EWE Tel das beste Angebot in einer europaweiten Ausschreibung abgegeben und sich damit die Zuschüsse für den Bau der dann unternehmenseigenen Netze gesichert. 20 Mio. Euro nimmt die EWE dafür in die Hand und trägt damit nur zu 24,4 Prozent die Gesamtkosten. 20 Mio. Euro für etwa 7.000 Anschlüsse ist – mathematisch – etwas weniger, als beispielsweise die Glasfaser Nordwest (ein Gemeinschaftsunternehmen von EWE und Telekom) im dicht bewohnten westlichen Leeraner Stadtgebiet pro Anschluss ausgegeben hat. Insofern passt das Paket für Unternehmen, Kommunen und Steuerzahler.
Dass es EWE mit ihrem Tochterunternehmen ist, die die Millionen-Zuschüsse bekommt, ist zudem ein Glücksfall dieser Leeraner Breitbandoffensive. Denn die EWE gehört immer noch 21 Kommunen aus der Region – darunter der Kreis und die Stadt Leer. Alles, was dort investiert und verdient wird, bleibt somit in der Region. Nur der französische Investmentfond Ardian mit seinem 26-prozentigen EWE-Anteil freut sich ein wenig mit.
Sei`s drum. Entscheidend ist, dass ab 2022 die Bagger an über 500, zum Teil sehr kleinen Stellen im Kreis Leer anrücken werden. Sie sind im gesamten Kreisgebiet verteilt, Flächenmäßig das größte Gebiet wird der Leeraner Hafen sein. Insgesamt werden weitere 6000 Haushalte kostenlos an das Netz per Anschluss bis vor die Haustür angebunden. Auch etwa 1000 Gewerbebetriebe können über eine schnelle Leitung verfügen. Für beide gilt: Sie behalten die freie Wahl, welchen Kommunikationsanbieter sie wählen. Satte 470 Kilometer Glasfaser sollen bis spätestens 2025 unter die Erde gebracht sein. Und das ist gut so.
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