Es weht ein frischer Wind durchs Land. Mit der neuen Bundesregierung sind beispielsweise die Ziele in der Klimapolitik nachjustiert worden. Aus dem Ministerium für Wirtschaft und Energiepolitik und dem Bundesbauministerium kommen in den kommenden Monaten zahlreiche Änderungen. Änderungen im Bereich der erneuerbaren Energien und neue Vorgaben für den Bereich energetisches Bauen, die weitreichende Folgen für die Entwicklungen bis auf die kommunale Ebene haben werden.
Für den Kreis Leer könnten diese Änderungen gerade zum richtigen Zeitpunkt kommen. Denn: Die zentrale Grundlage für eine regionale Entwicklungspolitik ist das so genannte Regionalraumordnungsprogramm, kurz RROP. Dieses RROP bildet den Rahmen für die bauliche Entwicklung (Flächennutzungs- und Bauleitplanung) aller Städte und Gemeinden im Kreis und muss bis 2026 neu erarbeitet werden, weil die aktuellen Pläne nur noch bis zu diesem Zeitpunkt rechtskräftig sind. Das RROP steht inhaltlich für eine abgestimmte Siedlungs-, Freiraum- und Infrastrukturentwicklung im Kreis Leer und ist bei allen gemeindlichen Bauleitplänen und raumbezogenen Fachplanungen, z.B. in den Bereichen Verkehr, Landschaft, Wasserwirtschaft, Rohstoffgewinnung, Energiegewinnung, zu berücksichtigen. Im RROP wird beispielsweise festgelegt, welche Funktionen Orte übernehmen (Grund-, Mittel- oder Oberzentren), werden wichtige Aussage zu regional bedeutsamen Wohn- und Gewerbeflächen getroffen oder Festlegungen zur Steuerung der Windenergienutzung getroffen.
Der Weg hin zu einem RROP ist einer der aufwendigsten, die das Planungsrecht auf kommunaler Ebene zu bieten hat. Deshalb hat der Kreis angekündigt, bereits in diesem Jahr eine Entwurfsfassung vorzulegen. Als Grundlagen wurden bereits der Landschaftsrahmenplan und der Landwirtschaftliche Fachbeitrag entwickelt. Der Entwurf soll dann noch 2022 mit den Städten und Gemeinden sowie den von der Planung betroffenen Fachämtern abgestimmt werden. Danach erfolgt dann die Einleitung des formellen Verfahrens. Der gesamte Prozess läuft öffentlich, aber zumeist unbeachtet ab, obwohl regionale und kommunale Entwicklungen für mindestens eine Dekade in den groben Zügen kreisweit festgezurrt werden.
Wieviel sich in dem neuen RROP des Kreises ändern wird? Schwer zu beantworten. Bei den meisten Themen sind die meisten Rahmenparameter im Vergleich zu 2006 oder 2016, als die letzten Aufstellungen erfolgten, identisch geblieben. Vorgenommen wird auf jeden Fall eine strategische Umweltprüfung, in der – so der Kreis – die „voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen des Raumordnungsplanes auf die Schutzgüter gemäß UVPG (wie Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser) in einem Umweltbericht ermittelt, beschrieben und bewertet werden müssen“.
Und hier schließt sich dann ein Kreis zu den bundespolitischen Entwicklungen. Denn wenn der Anteil regenerativer Energien ausgebaut werden soll, dann wird das auch für den Kreis Leer gelten. So wird auch das Thema Windenergie erneut betrachtet werden müssen. Erst 2019 hatte der Kreistag dazu beschlossen, dass die Vorranggebiete Windenergie, die im RROP festgelegt wurden, keine Ausschlusswirkungen haben. Das bedeutet im Klartext: Standorte für Windkraftanlagen oder -parks können durch die Gemeinden weiterhin auch außerhalb der im RROP definierten Vorranggebiete ausgewiesen werden. Stand jetzt, soll an dieser „Freigabenregelung“ festgehalten werden.
Insgesamt dürfte das Thema Windenergie auf die Kommunen und die Politik nicht nur als Bestandteil des RROP zukommen. Aktuell drehen sich im Kreisgebiet – vergleichsweise ostfrieslandweit wenig – 121 Windräder (davon allein 47 im Rheiderland), bis auf einen Standort sind alle genehmigten Plätze „belegt“. Die klima- und baupolitischen Ziele aus Berlin werden die Diskussionen neu entfachen, denn wie seit 30 Jahren, als die ersten Anlagen im Kreis aufgestellt wurden, gilt: Mit Windkraft-Energie lässt sich durch Investoren oder Landwirte Geld verdienen, das in einigen Gemeinden des Kreises auch für erhebliche Steuereinnahmen sorgt.
Foto: Bundesverband WindEnergie