Na, klasse! Nicht einmal 100 Tage ist der neue Leeraner Bürgermeister Claus-Peter Horst im Amt. Und was macht er? Im Zuge der Haushaltsberatungen legt er der Politik einen Stellenplan vor, der die Schaffung von 10,5 neuen Positionen im Rathaus vorsieht. Gesamtkosten: 658.000 Euro. Erwartete Mehrkosten im Vergleich zum Vorjahr: 387.000 Euro. Typisch, sollte man meinen. Das wird ja auf Bundesebene bei Regierungswechsel auch gern so gemacht.
Ist das Vorgehen von Horst eine Sauerei? Tritt er damit seinen Ankündigungen im Wahlkampf, die Stadtverwaltung wieder schlagkräftiger zu machen, mit Füßen? Mitnichten. Denn das Vorgehen, neue Stellen zu fordern, ist dem System „Behörde“ geschuldet. Anders als in der freien Wirtschaft, wo jeder neue Chef nach seinem Antritt die Strukturen ohne große Diskussionen – vom Widerstand eines Betriebsrats vielleicht einmal abgesehen – zügig anpassen kann, muss ein Verwaltungschef „Wege“ einhalten. Er kann eine noch so sinnvolle Änderung nur dann vornehmen, wenn die Zuordnung von Aufgaben durch eine Stelle festgeschrieben ist. Und über jeden einzelnen Posten in einer Verwaltung muss die Politik im Zuge der Haushaltsberatungen beschließen, da ein Stellenplan zum Haushalt dazu gehört.
Was bedeutet das für die Stadt Leer und Bürgermeister Horst? Zunächst einmal Gestaltungsmöglichkeiten. Dabei muss man bei den neuen Stellen berücksichtigen, dass ein wesentlicher Teil vor Horsts Amtszeit festgezurrt wurde. So wurden die Einstellung eines Klimamanagers und einer Fachkraft zur – salopp formuliert – „kritischen Begleitung des Grauen Wohnungsmarktes“ von der Politik bereits vor vielen Monaten beschlossen. Zum zweiten ist wichtig zu wissen, dass die Besetzung aller neuen Stellen nicht zwingend durch Neueinstellungen vorgenommen werden soll. Horst hat der Politik zugesichert, zu schauen, wie auch intern effektive Personallösungen gefunden werden können. Er hat zugesichert, dass – der Finanznot der Stadt geschuldet – der Personaletat möglichst wenig ansteigt.
Was wird der neue Stellenplan bringen? Neben den politisch beschlossenen Klima- und Wohnungsexperten auch weitere Gebäudepfleger (bei allen gilt das neumodische männlich, weiblich, divers – bitte dazu denken) eine neue Position für die Öffentlichkeitsarbeit und das Marketing der Stadt. Eine halbe Stelle wird dafür im Rathaus geschaffen, die beispielhaft verdeutlicht, was Personalpolitik im Rathaus von Mitarbeitereinstellung in der freien Wirtschaft unterscheidet.
Damit diese halbe Stelle gut besetzt werden kann, will Horst die Zustimmung von der Politik, dass die Außendarstellung der Stadt künftig für alle Bereiche aus einer Hand kommt. Sozusagen ein „Konzernmarketing“. Bisher haben beispielsweise die Stadtwerke Leer einen eigenen Medienbeauftragten – mit einer halben Stelle. Besprochen ist, dass 0,5 und 0,5 Stellen aus zwei Töpfen finanziert dann 1,0 Stelle ergeben sollen. Darauf hätten Politik und Bürgermeister schon vor Jahren kommen können. Ja und nun sollte man meinen, dass die Besetzung dieser neuen Stelle nicht mal eine Formalie ist. Schließlich hat der neue Bürgermeister dafür einen Vertrauten, mit dem er bei den Stadtwerken seit Jahren bereits gut zusammengearbeitet hat. In der freien Wirtschaft wäre die Entscheidung schnell gefallen: Den neuen Job würde der jetzige Stadtwerke-Medienmann Edgar Behrendt übernehmen. Das wäre irgendwie logisch. Man darf also gespannt sein, wer sich überhaupt auf die neue 0,5 Stelle für die Stadt-Konzernaußendarstellung bewerben wird und wer dann diese Aufgabe übernimmt. Der normale Menschenverstand sagt einem, was nicht nur mathematisch sinnvoll wäre.
Kurzum: Personalpolitik als eine wesentliche Grundlage für eine effiziente und funktionierende Verwaltung ist komplizierter als die meisten sich vorstellen können. Insofern ist ein neuer Stellenplan der erste richtige Schritt. Der neue Bürgermeister wird nicht nur damit unter Beweis stellen können, ob er der Aufgabe gewachsen ist, in dem er Strukturen anpasst und dabei gleichzeitig weit weniger Euros aus der klammen Kasse benötigt, als der neue Stellenplan vorsieht.