„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Waldemar Schwab, Lehrwart der Fußballschiedsrichter in Ostfriesland
BINGUM Er hat in den vergangenen Jahren im Kreis Leer und darüber hinaus in Ostfriesland über 300 Fußballbegeisterten eine Fähigkeit beigebracht, die besonders ist: Sie sind berechtigt, Fußballspiele als Schiedsrichter zu leiten. In der Rubrik „Auf einen Tee mit …“ spricht Waldemar Schwab, der Schiedsrichterlehrwart im Fußballkreis Ostfriesland ist, über die Aufgaben des Referees, wie er Menschen dafür begeistert und was ihn zunehmend auf den Fußballplätzen stört sowie was seiner Ansicht nach in anderen Sportarten besser ist. Weitere Themen des Gespräches mit dem 34-Jährigen, der in seiner Freizeit gerne joggt oder sich mit Computertechnikthemen beschäftigt, sind ein Schlag ins Gesicht im Anschluss an ein Spiel, die Höhe der Spesen und seine Freude, als Lehrer am Gymnasium in Leer tätig zu sein.
Fußball-Schiedsrichter bin ich geworden, weil …
… ich es interessant fand, mir diese besondere Aufgabe im Fußball einmal anzusehen. Genauso habe ich auch die Aufgabe als Trainer wahrgenommen. Das Ergebnis war: Das Schiedsrichtersein hat mir besser gefallen und ich bin dabeigeblieben. Vielleicht war es aber auch so, dass ich als Fußballer nicht so gut war – was ja vielen Schiedsrichtern nachgesagt wird (lacht).
Die größte Fähigkeit, die ein Schiedsrichter haben muss, ist …
… ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und natürlich gute Augen. Wenn der Schiedsrichter auf das Feld geht, ist es seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Regeln umgesetzt werden, und jeden Missbrauch zu ahnden.
Lehrwart bin ich geworden, weil …
… ich gute Regelkenntnisse habe und diese anderen gut vermitteln kann – deswegen bin wohl ich gefragt worden. Offenbar hat jemand im Verband gewusst, dass ich auf Lehramt studiert habe und außerdem auch ein gewisses Talent habe, Wissen gut zu vermitteln (schmunzelt).
Mein schönster Moment als Schiedsrichter war…
… das Spiel von Bayer Leverkusen in Firrel. Mit den Profis auf dem Feld zu stehen und auch hier das Spiel erfolgreich zu leiten, war eine interessante Aufgabe. Es gibt im Alltag eines Schiedsrichters viele spannende und oft auch emotionale Momente, vor allem auch, wenn es Pokalspiele mit Verlängerung und Elfmeterschießen sind. Als Schiedsrichter erlebst du oft sehr nah mit, dass am Ende nicht immer die sportlich bessere Mannschaft gewinnt – und dass das dann keinesfalls am Schiedsrichter lag …
Mein schlimmster Moment als Schiedsrichter war…
… auch in Firrel: Als ich nach einem Pokalspiel gegen Germania Leer vom Feld gegangen bin, hat mir ein Zuschauer ins Gesicht geschlagen.
Über den Videobeweis im Profifußball denke ich…
… ist er wirklich eine so große Hilfe? Dadurch werden dem Fußball sehr viele Emotionen genommen. Mehrere Minuten darauf warten zu müssen, ob ein Tor zählt, und dann erst jubeln zu können, ist einfach sehr schade. Fußball ist immer ein Sport mit Fehlern, die sowohl den Spielern als selbstverständlich auch manchmal den Schiedsrichtern passieren. Das gehört für mich dazu. Fehler macht keiner mit Absicht, aber sie gehören dazu. Gerade bei Schiedsrichtern sollte es mehr Verständnis dafür geben. Das macht niemand mit Absicht – oder er ist ein Betrüger, aber das ist bekanntermaßen eine absolute Seltenheit.
Wenn ich einen jungen Menschen für den Job als Spielleiter begeistern will, dann …
… benenne ich ihm die Vorteile: Schiedsrichter zu sein ist sehr persönlichkeitsbildend, weil man lernt, dass es notwendig ist, Entscheidungen zu treffen und dann auch mit den Konsequenzen umzugehen. Mit jedem Spiel wächst man im Umgang mit Menschen, man schafft es besser und mehr auf Sachebene mit Menschen zu kommunizieren. Im Fußball wird sehr viel emotional diskutiert und gespielt. Für den Spielleiter gilt immer die Sachebene und eine entsprechende Begründung. Manchmal ist genau das jedoch für Spieler und Trainer nicht so einfach.
Wenn ich an den Umgang mit Schiedsrichtern denke, dann …
… ist die Bundesliga ein schlechtes Vorbild. Wenn ich andere Sportarten – beispielsweise Rugby oder Handball – sehe, dann erlebe ich, wie respektvoll das Verhalten gegenüber dem Schiedsrichter ist. Bei allen Emotionen, die dazu gehören, ist es in diesen Sportarten undenkbar, dass der Schiedsrichter angeschrien und als Auslassventil der eigenen Emotionen genutzt wird.
Um Schiedsrichter zu werden, muss man…
… laut bei uns im Fußballkreis mindestens 13 Jahre alt sein und das Interesse haben, sich die Fußballregeln intensiv anzuschauen und diese zu lernen. Wer neben den Lehrabenden zuhause nichts macht, der wird sicher Schwierigkeiten haben, die Prüfung zu bestehen.
Wenn ich eine Regel abschaffen könnte, dann …
Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Ich würde eher eine hinzufügen: Eine Zeitstrafe bei Herrenspielen, wenn Spieler oder Trainer meckern. Dann sollten sie zehn Minuten vom Feld oder auch von der Bank gehen. Diese Strafe sollte es geben, unabhängig davon, ob es mit der Gelben Karte bereits eine Verwarnung gegeben hat oder nicht.
Wenn ich mir vom DFB oder NFV etwas wünschen könnte, dann …
… wäre das das Zahlen von höheren Spesen. Sie sind nur eine Anerkennung der Leistung. Der Bayerische Fußballverband hat eine Erhöhung zu dieser Saison vorgenommen. Zur Zeit gibt für alle Spielklassen – auch auf unterer Ebene – 50 Euro.
Jungschiedsrichter hören immer häufiger auf, weil…
… sie die Zuschauer zu sehr bedrängen und beleidigen. Da kennen viele auf dem Sportplatz keine Grenzen und verhalten sich – vorsichtig gesagt – unwürdig. Auch frauenfeindliche Sprüche bei unseren Schiedsrichterinnen sind keine Seltenheit und manches Mal ist es unfassbar, was dort an Äußerungen kommt. Nicht jeder Mensch kann und will damit umgehen, derartige Erlebnisse lassen Lust und Freude am Spielleiteramt vergehen.
Vereine, die keine Schiedsrichter stellen, sollten …
… nicht nur mit einer Geldstrafe belegt werden, sondern auch – wie in anderen Verbänden üblich – mit Punktabzügen sanktioniert werden.
Mit Mitte 20 Bundesligaschiedsrichter sein zu können, ist …
… ein Traum vieler junger Schiedsrichter, aber selten möglich. Wir haben aktuell drei junge Spielleiter, die mit 16 Jahren bereits Bezirksliga pfeifen und Talent haben. Sie werden von uns gefördert und es wäre schön, wenn sie es bis in die höchsten Ligen schaffen.
Der beste Schiedsrichter ist der, der …
… unauffällig ist und sich nicht wichtig nimmt oder aufspielt. Die eigene Autorität zu betonen und alle kommandieren zu wollen – das hat im Denken eines Schiedsrichters nichts verloren.
Jeder Fußballspieler sollte selbst einmal Schiedsrichter sein, weil …
… er dann selbst erlebt, wie schwierig es ist, viele Situationen korrekt einzuschätzen. Das würde mehr Verständnis für Fehler eines Schiedsrichters schaffen.
Lehrer zu sein ist für mich…
… eine Freude. Kinder zu unterrichten macht Spaß. Zu sehen, wie sie sich im Laufe der Schuljahre entwickeln und lernen, mit anderen Menschen umzugehen, ist ein tolles Gefühl.
An Ostfriesland begeistert mich…
… die Natur. Ich bin gerne mit dem Fahrrad unterwegs.
Mein Lebensmotto ist…
Genieße den Tag.
Ich kann mich so richtig aufregen über…
… die Bundesliga und Profifußball sowie den Umgang mit uns Schiedsrichtern. Ich schaue deshalb immer weniger Fußball im Fernsehen.
Ich kann mich so richtig freuen über…
… American Football, vor allem wenn die Philadelphia Eagles gewinnen.
Kraft tanke ich, wenn…
… ich mit meiner Frau Zeit – am besten in der Sonne – verbringe.
Ich könnte niemals…
… Bundesligafußballer geworden sein (lacht).
Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzler wäre, dann würde ich…
… mehr für die Umwelt und für das Klima tun.
Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir …
… auf keinen Fall mehr Geld. Stattdessen sind meine Wünsche: Frieden, ein sauberer Planet und das Verschwinden der sieben Todsünden.
Mehr als 300 fußballinteressierten Menschen hat Waldemar Schwab in den vergangenen Jahren als Lehrwart des Fußballkreises beigebracht, was ein Schiedsrichter wissen und können sollte, um ein Fußballspiel gut zu leiten.
Foto: Fußballkreis Ostfriesland /Marie Kalski