„Pseudo-Krieger? Wir sind genauso Sportler wie Boßler“

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Hans-Georg Stulken, Vorsitzende des Kreisschützenverbandes Leer

WARSINGSFEHN Sich im Ehrenamt zu engagieren, ist für Hans-Georg Stulken seit über 30 Jahre eine Selbstverständlichkeit. Heute ist er 57-jährige, der als gelernter Kfz-Mechaniker als Coach bei einem großen Autohersteller der Region arbeitet, nicht nur Vorsitzender und aktuell König des Kreisschützenverbandes, sondern auch der Chef des Schützenvereins Moormerland. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der Hobbylandwirt, der gerne Theater auf Plattdeutsch spielt, über die Gründe für das Aussterben von Schützenfesten, seine Herausforderung im Amt und erklärt, warum Schützen keine „Pseudo-Krieger“ sind.

Im Kreisschützenverband engagiere ich mich, weil …

… ich über meinen Sport und meinen Verein in diese Aufgabe hereingewachsen bin. Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich Verantwortung nicht nur im Verein, sondern auch auf auch Kreisebene übernehmen möchte. Jetzt bin ich über 30 Jahre mit unterschiedlichen Aufgaben dabei und kenne es nicht anders und mir macht es immer noch Spaß.

Die größte Herausforderung als Vorsitzender ist, …

… alle Vereine unter ein Dach zu bekommen, weil jeder – salopp formuliert „sein eigenes Süppchen kocht“ und es ein ausgeprägtes Dorfdenken gibt. Wir müssen den Zusammenhalt als Kreisverband erhalten. Auf Ebene meines Vereins ist es der ständige Spagat mit den Finanzen und notwendigen Investitionen.

Ich bin zum Schießsport gekommen, weil…

… der Sport in meiner Familie eine lange Tradition hat. Ich habe mir schon mit 12 Jahren allerdings bewusst einen anderen Verein ausgesucht.

Schütze zu sein, ist ein Sport weil…

Konzentrationsfähigkeit gefragt ist und bei Leistungssportschützen auch Ausdauer und Fitness. Es gilt übrigens als anerkannt, dass Schützen sehr oft in der Schule leistungsfähiger sind, weil sie sich auf etwas fokussieren können.

Wenn mir jemand sagt, dass Schützen „Pseudo-Krieger“ sind, dann antworte ich, dass …

… wir Sportler sind, die in der Freizeit genauso trainieren wie beispielsweise Boßler: Und: Wir schießen nicht auf Lebewesen, sondern lernen mit etwas umzugehen. Und wer bei uns davon spricht, dass er auch auf Tiere oder Menschen mit der Waffe losgehen will, der fliegt – einfach gesagt – sofort vom Stand bzw. aus dem Verein.

Dass es im Kreis Leer fast keine Schützenfeste wie früher mehr gibt, ist für mich…

… besorgniserregend. Es ist schade, dass diese Tradition immer mehr stirbt, weil es insgesamt ein zu großes Angebot an die Bevölkerung gibt. Früher gab es einmal im Jahr ein Schützen-, ein Sport- und ein Feuerwehrfest und das war es. Heute ist jede Woche irgendetwas los und jeder kann den Euro nur einmal ausgeben

Wenn ich einen jungen Menschen von unserem Sport überzeugen möchte, dann …

… nehme ich ihn mit in den Verein, leite ihn an und lasse ihn machen. Er wird dann erleben, wie das Miteinander ist und auch die soziale Verantwortung, die über den Sport hinausgeht – so wie bei uns bei dem Flohmarkt mit Herz für das Hospiz.

Mein Verein SV Moormerland ist für mich…

… meine zweite Familie, die zu meiner richtigen Familie passt. Wir sind alle im Verein engagiert. Mein Sohn ist aktuell Schützenkönig. Das Besondere an einem Schützenverein ist für mich, dass alle Familienmitglieder gemeinsam mitmachen können – an guten, wie an schlechten Tagen. Wir feiern als Gemeinschaft mit den Mitgliedern genauso zusammen, wie wir auch weinen, wenn Menschen aus dem Verein sterben.

Das faszinierende am Bogenschießen ist, dass

… der Körper sehr kontrolliert agieren muss. Es ist die Kunst, mit Körper und Geist mit dem Sportgerät eins zu sein.

Wer König eines Schützenvereins wird, der …

… musste früher trinkfest sein (lacht). Das gibt es so nicht mehr. Heute muss er vor allem Zeit mitbringen. Auch muss er in den meisten Vereinen für diese Amt kein Geld mitbringen, weil er nicht alle Rechnungen zahlen muss.

Das Kreisschützenverbandsfest ist für mich…

… der Höhepunkt des Jahres – in diesem Jahr doppelt, da ich derzeit auch Kreiskönig bin.

Als Vorsitzender des KSV könnte ich verzichten auf…

… Bürokratie und Formulare.

Mein Lebensmotto ist…

Ich habe viele und will mich nicht festlegen. Vor allem aber: fröhlich sein und das Leben genießen.

Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…

Das ist schon so lange her …

Auf meinem Motorrad zu sitzen, bedeutet für mich…

… Freizeit und Freiheit.

Auf der Bühne zu stehen und plattdeutsches Theater zu spielen, ist …

… einfach nur schön. Wenn man auf der Bühne steht, die Leute lachen und der Applaus kommt, dann ist das ein toller Moment. Ich mag es, lustige Rolle zu spielen.

Ich habe das letzte Mal gelogen, als…

… gestern. Bei der Arbeit.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

… Menschen, die etwas zusagen, und dann nicht einhalten.

Ich kann mich so richtig freuen, wenn…

 … ein Lächeln meines Enkelkindes.

Mein größter Fehler ist, dass …

…   zu oft Ja zu sagen, wenn Hilfe gefragt ist.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir, dass…

…  mein Verein noch lange lebt, wir fit und gesund bleiben und dass ich einen neuen Trecker für mein Hobby als Landwirt bekomme.

Im Ehrenamt für den Schießsport seit Jahrzenten engagiert: Hans-Georg Stulken,

Vorsitzender des Kreisschützenverbandes Leer und aktuell Kreisschützenkönig.

Holger Hartwig„Pseudo-Krieger? Wir sind genauso Sportler wie Boßler“