„Wenn sich die Ziegelei-Tür öffnet, erleben Besucher einen Wow-Effekt“

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 „Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Wilfried Voß, Vorsitzender des Ziegelvereins Jemgum 

JEMGUM/MIDLUM In diesem Jahr feiert der Ziegeleiverein Jemgum sein 25-jähriges Bestehen. Nicht nur für Wilfried Voß, den Vorsitzenden des Vereins, ist das ein Grund zum Feiern, denn der Erhalt der Ziegelei im Vorland der Ems bei Midlum stand einige Male auf der Kippe. In unser Rubrik „Auf einen Tee mit…“ erklärt der 68-Jährige gelernte Kfz-Mechaniker, der auch Vorsitzender des Vereins Ostfriesische Krabbenkutter und aktiv im Heimat- und Kulturverein Jemgum ist, warum die Entscheidung der Gemeinde Jemgum, die Ziegelei zu kaufen, ein Lottogewinn ist, was die Einrichtungen eines Biosphärenhauses bedeuten würde, wie sich aus seiner Sicht die Ems verändert hat, und er verrät, dass er – obwohl er mit seinem Kutter Heike regelmäßig auf der Ems unterwegs ist – nicht schwimmen kann.

Die Ziegelei in Midlum zu erhalten, ist für mich…

… eines meiner Lebenelexiere. Ich habe als Kind mit meinen Eltern Sand aus der Ems zur Ziegelei gefahren und deshalb möchte ich, dass dieser Ort ostfriesischer Kulturgeschichte langfristig erhalten bleibt.

Die Anerkennung der Ziegelei als Kulturdenkmal ist

…für uns sehr wichtig, weil das Gebäude, der Ofen und die beiden Schornsteine dann auf Jahrzehnte erhalten bleiben. Das Schild für die Zukunft der Ziegelei weit mehr als nur ein Schild am Eingang.

Die Umsetzung des Biosphärenhauses als Lern- und Erlebniswelt ist für unseren Verein…

… bedeutsam, weil wir die Möglichkeit bekommen, das Gelände an die Wasser- und Abwasserversorgung anzuschließen. Dieser Anschluss wir viel Geld kosten und das wir nur mit finanzieller Hilfe des Landes möglich sein. Wenn wir dieses Haus umsetzen, haben wir ganz neue Möglichkeiten, was den Tourismus und Führungen betrifft. Wir hoffen sehr, dass es bald klappt.

25 Jahre Ziegeleiverein bedeutet für mich, dass …

… wir im Vorstand immer zusammengehalten haben für unser Ziel, die letzte der einstmals 13 Ziegeleien an der Ems zwischen Bingum und Ditzum zu erhalten. Vor allem war es wichtig, dass die beiden Türme als weit erkennbares Zeichen stehen geblieben sind.

Wenn ich daran denke, dass das Ziegeleigelände zeitweise vor der Stilllegung stand, dann…

… bin ist es aus heutiger Sicht ein Lottogewinn, dass die Gemeinde Jemgum 2017 das Areal vom Eigentümer kaufen konnte. Wir waren kurz davor, dass hier nichts mehr passiert wäre und alles nach und nach zusammengebrochen wäre. Gut, dass anders kam. Alles andere wäre eine Katastrophe gewesen.

Mit den Veranstaltungen im Deichvorland wollen wir…

… die Menschen zur Ziegelei locken. Das funktioniert mit den drei Veranstaltungen – Tag des Denkmals, Kunstausstellung und Advent – sehr gut. Letztes Jahr kamen pro Termin bis zu 1000 Leute. Das Interesse freut uns sehr.

Die Partnerschaft mit den Berufsbildenden Schulen in Leer ist für unseren Verein…

… zufällig bei einer Führung entstanden, als ein Auszubildender meinte, dass es doch gut wer, sich hier zu engagieren. Daraus hat sich dann vieles entwickelt. Nach Türen und Schildern werden die Schüler nun für uns vier neue Fenster aus verzinktem Stahl bauen. Diese Unterstützung ist wichtig für uns. Sehr schade finde ich übrigens, dass wir ansonsten kaum Kontakt zu den Schulen der Region haben. Sie kommen nicht mit den Schülern zu uns, dabei glaube ich, dass das für die Sach- und Heimatkunde sehr wichtig wäre.

Für den Erhalt der Ziegelei müssen wir als nächstes…

… viele der Holzteile erneuern. Das Holz ist sehr mitgenommen. Dafür suchen wir aktuell nach Sponsoren.

Wer sich durch Vereinsmitglieder durch die Ziegelei führen lässt, der …

… wird, wenn sich die Tür öffnet, einen „Wow-Effekt“ haben. Fast alle Besucher sind begeistert von dem Ständerwerk und dem tollen Ofen.

Wer bei uns Mitglied werden will, der…

… ist herzlich willkommen – und muss nur 15 Euro an Beitrag pro Jahr investieren. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir bald deutlich mehr als die heutigen 100 Mitglieder haben.

Mein Fischkutter „Heike“ ist für mich…

… sehr wichtig. Es war mein Traum, den Menschen die Ems zu zeigen. Als Fischer Bruhns aus Ditzum 1996 einen Stahlkutter bekam, habe ich die Chance genutzt und freue mich jeden Tag, dass ich wieder auf der Ems sein kann, so wie ich es mit meinem Vater als Kind schon war.

Wenn sich Paare auf dem Kutter Heike das Ja-Wort geben, dann…

… ist es für uns ein tolles Gefühl. Die meisten sind so begeistert, dass sie anschließend auch Mitglied im Verein werden.

Wenn ich heute mit meinem Kutter auf der Ems unterwegs bin, dann denke ich manchmal daran, dass…

…früher die Ems aufwärts viele Sandbänke waren. So vieles hat sich verändert, vor allem die Strömungsgeschwindigkeit. Es ist ein anderer Fluss geworden. Trotzdem genieße ich jeden Tag auf der Ems. Jeder Tag ist anders, jeder Tag bringt Neues.

 Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…

Ich habe seit 30 Jahren keinen bekommen. Da habe ich wohl Glück gehabt.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

…  rücksichtslose Sportbootfahrer, die mit vielen PS und „volles Rohr“ eine Riesenwelle erzeugen, die für die kleinen Boote alles andere als angenehm ist.

Ich kann mich so richtig freuen, wenn…

 …  wir als Familie gesund sind und es gelingt, den Kutter weiter so gut in Schuss zu halten.

 Mein größter Fehler ist, dass ich …

… immer etwas zu viel machen will.

Wenn ich noch einmal Kind wäre, dann…

… würde ich gerne Schwimmen lernen. Ich bin fast täglich auf dem Wasser, aber das habe ich leider nie gelernt.

Wenn ich einen Tag lang … sein könnte, dann wäre ich gerne…

… Kapitän auf einem riesengroßen Hochseeschlepper auf dem Ozean.

 Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir, dass…

… wir als Familie gesund bleiben, der Kutter noch viele Jahre auf der Ems unterwegs sein kann und die Ziegelei weiter prächtig „gedeiht“.

Wilfried Voß engagiert sich als Vereinsvorsitzender für den Erhalt der Ziegelei Midlum. Bereits als Kind hat er mit seinem Vater Sand auf der Ems für die Ziegeleiproduktion geladen.

Foto: privat

Holger Hartwig„Wenn sich die Ziegelei-Tür öffnet, erleben Besucher einen Wow-Effekt“