Bummert in Leer: Wie funktioniert die neue Mega-Kreuzung?

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Seit einigen Tagen laufen die Bauarbeiten. Staus, genervte Anwohner, gestresste Autofahrer – und das wofür? Wie wird die neue Mega-Kreuzung in Leer Ende November aussehen? Sie wird die modernste und nach Aussagen der Verantwortlichen sicherste Kreuzung in der Kreisstadt. Mit einem Aufwand von knapp unter einer Million Euro sollen 18 (!) Ampeln dafür sorgen, dass am „Bummert“ keine Unfälle mehr passieren.

Der Versuch einer Zusammenfassung einer der längsten Diskussionen, die in der Kreisstadt in den vergangenen Jahren zum Thema Verkehr geführt wurden und bei der Berge von (Verwaltungs)Papier beschrieben wurden.

Was ändert sich für Autofahrer?

So gut wie nichts. Die Fahrtrichtungen, die möglich sind, bleiben wie bisher erhalten. Wer aus Richtung Gymnasium kommt, muss weiter in die Einbahnstraßen-Innenstadtring einfahren. Der direkte Weg Richtung Heisfelde bleibt versperrt. Für diese „Öffnung“ hatte es 2017 einen Beschlussvorschlag seitens der Stadtverwaltung gegeben, der im Ausschuss mit knapper Mehrheit von 7:6 und später im Verwaltungsausschuss abgelehnt wurde. Die größte Änderung ist somit nun: Bisher galt für Autofahrer, auf Radfahrer und Fußgänger, die die Straßen überqueren zu achten. Das ist nun vorbei. Jetzt sorgen vier Ampeln aus allen vier Richtungen dafür, dass freie Fahrt herrscht oder angehalten werden muss. Zudem ist die gesamte Kreuzung auf der Heisfelder Straße nur noch einspurig.

Was ändert sich für Radfahrer?

Sie werden die größten Profiteure des Umbaus sein. Denn – so heißt das im Amtsdeutsch: Für sie wird eine  „radfahrfreundliche Vollsignalisierung“ installiert. Aus allen Richtungen wird der Knotenpunkt radfahrgerecht und barrierefrei ausgebaut. Der Entwurf folgt dem Prinzip der „vollsignalisierten doppelten T-Einmündung“. Gleich 9 (!) Ampeln für Fahrradfahrer sollen dafür sorgen, dass diese sicher über die Kreuzung kommen. Zudem werden die Fahrradwege gut ausgebaut und optisch eindeutig rot markiert sein.

Was ändert sich für Fußgänger?

Sie haben keine Zebrastreifen mehr und die bisherigen drei Verkehrsinseln werden ersatzlos entfernt. Alle neuen Fußgängerquerungen werden für Rollstuhlfahrer und seheingeschränkte Menschen barrierefrei ausgeführt und mit entsprechenden Leitelementen ausgestattet.

Warum muss die Kreuzung überhaupt neu gemacht werden?

Die Stadt Leer hat keine andere Wahl: Sie handelt auf eine entsprechende Anordnung der Kreises. Im Oktober 2020 und im November 2020 gab es aus dem Kreishaus eine unmissverständliche Aufforderung. Zitat: „Eine weitere Verzögerung ist nicht hinzunehmen. (…) Die Lichtsignalanlage ist zu errichten (…) Alternativen wurden bei der verkehrsrechtlichen Anordnung intensiv geprüft und als ungeeignet verworfen (…) Die kommunalaufsichtliche Anordnung vom 22. März 2018 ist unverzüglich umzusetzen.“ Von den Gesamtkosten von knapp einer Million Euro werden 215.000 Euro durch Fördermittel refinanziert. Die Kreuzung, die Tag für Tag von mehreren tausend Verkehrsteilnehmern – darunter auch die Schüler der beiden Gymnasien – genutzt wird, ist als „Unfallhäufungsstelle“ definiert worden. Dabei ist es wichtig zu wissen, dass eine „Unfallhäufungsstelle“ dann gegeben ist, wenn – so das Amtsdeutsch – „3 Unfällen auf der Jahreskarte verzeichnet sind“ – allerdings unabhängig von der „Dramatik“ des Unfalls bzw. Folgen für beteiligte Menschen. Und zudem ohne Berücksichtigung der Relation zu der Anzahl der Verkehrsbewegungen an einem Ort. Von 2015 bis Mitte September 2020 – also in fast 6 Jahren – ist es am Bummert zu insgesamt  62 Zusammenstößen jeglicher Art von Verkehrsteilnehmern gekommen. Bereits im Juni 2015 hatte die Unfallkommission im Kreis Leer einstimmig beschlossen, dass die Kreuzung vollständig mit Ampeln versehen werden muss. Alternativen, die über die Jahre diskutiert wurden (z.B. Kreisverkehr, Tempo 30) wurde nicht zugestimmt oder sie waren baulich nicht realisierbar.

Was ist das Ziel?

Die „räumlichen Konfliktpunkte“, die die Verkehrsexperten ausgemacht haben, sollen beseitigt werden. Der Unfallschwerpunkt soll in die Geschichtsbücher gepackt werden. Eine hohe Sicherheit  mit zügiger Routenführung für alle Verkehrsteilnehmer –  insbesondere für Fußgänger und Radfahrer möglichst geringe mittlere und maximale Wartezeiten und eine transparente und selbsterklärende Verkehrsführung, insbesondere für abbiegende Radfahrer soll erreicht werden. Die Stadt schreibt dazu: „Am Ende wird eine Signalanlage diesen Knotenpunkt regeln und Fußgänger und Radfahrer aus allen und in alle Richtungen komfortable und breite Wege vorfinden. Der dann vollständig barrierefrei ausgebaute Bummert wird nach Fertigstellung die modernste und sicherste Kreuzung in Leer sein.“

Welche Folgen haben die Umbauarbeiten für den Verkehr?

Autos: Im ersten Bauabschnitt ist die Kreuzung bis auf den Kfz-Verkehr aus der Ubbo-Emmius-Straße nach Süden in Richtung Ostersteg und Brunnenstraße komplett gesperrt. Im zweiten Bauabschnitt ist geplant, dass der KFZ-Verkehr aus der Heisfelder Straße von Norden kommend über die neue Fahrbahn in den Innenstadtring geführt wird. Ebenso soll der Verkehr aus der Friesenstraße kommend wieder in Richtung Heisfelder Straße Nord abfließen können. Wann der zweite Bauabschnitt beginnt, steht derzeit noch nicht fest. Die genaue Verkehrsführung werde noch bekannt gegeben. 

Fußgänger und Radfahrer: Sie können den Bummert während der gesamten Bauzeit passieren. Dort wo es im Baustellenbereich eng wird, müssen Radfahrer jedoch absteigen. Hier ist gegenseitige Rücksichtnahme erforderlich. Es gibt allerdings die Möglichkeit, mit dem Fahrrad die Baustelle zu umfahren, dies ist ausgeschildert.

Warum erfolgt der Baustart zu diesem Zeitpunkt?

Kritik gibt es, weil der Baustart unmittelbar nach der Wiedereröffnung des Handels und der Gastronomie nach der Corona-Zwangspause erfolgt. Die Stadtverwaltung verweist auf den längeren Abstimmungsprozess in den vergangenen Jahren. Die Baureife habe erst jetzt vorgelegen. Zitat: „Der Anordnung der Kommunalaufsicht, diese Kreuzung umzubauen, ist unverzüglich Folge zu leisten.“ Aus Sicht des Rathauses ist der aktuelle Zeitpunkt günstig, „denn zur Zeit herrscht an den Schulen wenig Schulbetrieb und die Sommerferien werden in Gänze zeitlich ausgenutzt.“  Der politische Beschluss und die Freigabe der Mittel und damit der Startschuss für die Detailplanungen erfolgte erst am 1. Oktober 2020 durch den Rat. Zuvor hatten sich – trotz der eindeutigen Vorgabe des Kreises nach heftiger Diskussion – im zuständigen Fachausschuss sieben Mitglieder dafür, sechs dagegen ausgesprochen (SPD, Linke und LWG).

Wann soll der Verkehr wieder ohne Einschränkungen fließen?

Ziel sei es, bis zum Beginn der Adventszeit die neue Kreuzung fertiggestellt zu haben. Dazu schreibt die Verwaltung: „Nach den aktuellen Planungen wird der Bummert rechtzeitig vor der Adventszeit fertig. Der Bauzeitenplan wird nach Beginn der Bauarbeiten von den ausführenden Unternehmen aufgestellt und mit Fortschritt der Arbeiten stetig angepasst, kontrolliert und kommuniziert. Die Bauzeit ist neben witterungsbedingten Einflüssen stark abhängig von den Materiallieferungen, die sich in diesem Jahr erschwert planen lassen.“

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Der Kommentar

Ende gut, alles gut?

Endlich – es wird gebaut. Die Diskussionen um den Bummert nervten die Leeranerinnen und Leeraner zusehends. Nun gut, es gab am Ende keine andere Möglichkeit, als diese Kreuzung umzubauen, weil ein Unfallschwerpunkt nun mal ein Unfallschwerpunkt ist – ganz egal, ob da tausende Menschen und Schüler unterwegs sind oder nur wenige. Das verstehe wer will. Es bleibt zu hoffen, dass die Million Euro, die da nun verbaut wird, den gewünschten Erfolg bringt. Am Ende entscheiden trotz Ampeln auch weiterhin die Verkehrsteilnehmer mit ihrer Aufmerksamkeit und der Bereitschaft, sich an die Regeln zu halten, ob es kracht oder nicht. Im Gänsemarsch über die roten Ampel werden die die jungen Leute hoffentlich nicht laufen, wenn das Verpassen des Schulbusses droht. Und Fahrradfahrer werden immer nur auf den ausgewiesenen Wegen bleiben. Sei´s drum. Ende November ist Ende gut, alles gut. Hoffentlich. Holger Hartwig

Vorgeschmack: 18 (!) Ampeln sollen dafür sorgen, dass es am Bummert künftig nicht mehr "kracht".
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