Der Kreis des Problembären

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Von Holger Hartwig*

Haben Sie auch einen „Problembären“ in Ihrem persönlichen Umfeld? Oder einen „Schwarzseher/In“? Dann kennen Sie das: Egal, ob die Sonne scheint oder sonst etwas Schönes passiert – das Denken ist immer negativ geprägt. Die Wörter, die den Mund einer solchen Person verlassen, sind es auch.

Was mache ich, wenn ich mit einem Menschen zu tun habe, der in einem negativen Kreislauf verhaftet ist? Einem Menschen, der problemorientiert denkt, fragt, diskutiert? Ich steige nicht in den Kreislauf der negativen Gedanken ein. Ich bilde – um im Bild zu bleiben – ein Quadrat um diesen Kreis und schaue zunächst – sozusagen wie die Sonne am Himmel – aus einer Ecke auf den Kreislauf.

Den besten Anschauungsunterricht, wie das funktioniert, liefern Tag für Tag die Spitzenpolitiker im Fernsehen. Denken Sie auch oft: Der hat jetzt aber gar nicht auf die Frage geantwortet oder ist gar nicht auf das „Problem“ eingegangen? Ja, das stimmt. Oft hat es den Eindruck, dass der Politiker ausweichen will. In der Sache mag das manches Mal auf den ersten Blick zutreffen. Dahinter steckt jedoch kommunikativ weit mehr. Der Politiker hat es gelernt und perfektioniert, sich auf einen noch so negativen Gedanken gar nicht erst einzulassen. Er greift das Thema sofort aus einem völlig anderen Blickwinkel auf. Er lässt nicht zu, dass ihn der Fragende bzw. Gesprächspartner in dessen Kreislauf der negativen Gedanken hineinzieht. Er verhindert so, zum Bestandteil des problemorientierten Denkens zu werden. Wer dann dem Politiker weiter zuhört, der wird feststellen, dass im Laufe des weiteren Gesprächs dann doch auf die Einstiegsfrage, den Einstiegsgedanken, eingegangen wird. Meist dann jedoch in einem anderen Kontext.

Nun ist das Agieren des Politikers meist sehr durchsichtig. Oft wird es einfach als ein Ausweichen gesehen, um nicht in Bedrängnis zu kommen und nicht wirklich auf eine Frage antworten zu müssen. Das stimmt. In der Politik geht es auch (fast) ausschließlich um Sachthemen. Da ist dieses Muster, gar nicht erst in den Problemkreislauf“ einzusteigen, auch deutlich einfacher umzusetzen als im privaten und zwischenmenschlichen Bereich. Gleichwohl hilft es auch im täglichen Miteinander stärker darauf zu achten, ob jemand gerade in einem „Problemkreislauf“ unterwegs ist. Glauben Sie mir: Wenn Sie das erkennen, an das Quadrat mit der Ecke und der Sonne denken und in das Gespräch ganz bewusst einen anderen Einstieg wählen – es funktioniert. Manchmal muss man gleich mehrere Male und nachhaltig bewusst „aussteigen“, bevor es bei dem anderen ankommt und auch er aus seinem Kreislauf rauskommt.

Übrigens: Im Umgang mit Kindern beherrschen Erwachsene den Ausstieg meist ohne großen Aufwand. Bei Kindern steigt fast niemand in das „Problemszenario“ ein, sondern wählt ganz automatisch einen anderen Blickwinkel und holt den Nachwuchs so sehr schnell auf der aktuellen Situation heraus.

* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.


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