Von Holger Hartwig*
„Love it, change it or leave it” – in englischer Sprache wird auf den Punkt gebracht, was für jede Lebenslage gilt. Es gibt immer diese drei Optionen. Entweder einen Umstand zu lieben, diesen als Chance zu begreifen und nach den eigenen Wünschen zu verändern oder – sofern das nicht möglich ist – sich der Situation zu entziehen.
Was so einfach erscheint, ist im Lebensalltag meist eine große Herausforderung. Warum?
Erstens: Es ist eine ehrliche Betrachtung erforderlich, um die Situation umfassend einordnen zu können. Emotionale Wahrheiten, die nicht der Wirklichkeit entsprechen, gilt es abzustellen. Nüchternheit ist gefragt. Das kann schmerzhaft sein.
Zweitens: Die Entscheidung, wie mit einer Situation umgegangen wird, kann jeder für sich treffen. In den meisten Situationen gibt es allerdings auch ein menschliches Miteinander, sei es mit dem Partner, in der Familie oder am Arbeitsplatz. Sich einzugestehen, dass beispielsweise bei dem Wunsch der Veränderung nur jeder für sich selbst „tätig“ bzw. entscheiden kann, wie er etwas verändert, kann ebenso schmerzhaft sein. Nehmen wir das Beispiel einer Partnerschaft. Der Wunsch des einen Partners, etwas zum Positiven zu verändern, kann sehr stark ausgeprägt sein. Wenn allerdings der Partner in seinem Denken und Handeln verweilen will, weil jegliche Kraft und Bereitschaft zur (positiven) Veränderungen fehlen, dann bleibt meist nur die dritte Option, die Partnerschaft zu verlassen. Auch das ist wiederum schmerzhaft.
Ist das nüchterne Betrachten des Lebens mit diesen drei Optionen immer schmerzhaft? Nein, keineswegs. Die drei Optionen zu durchdenken, bietet die Möglichkeit, für sich selbst Klarheit zu bekommen, welche der drei Optionen an erster Stelle steht. Sich bewusst zu sein, ob das Festhalten – sei es mit der Fähigkeit, Kompromisse an die eigenen Wünsche zu machen – der gewünschte Weg ist, gibt Kraft. Sich bewusst zu werden, dass eine gute Zukunft nur mit Veränderungen möglich ist, bietet die Chance, Frust und Enttäuschung frühzeitig entgegenzuwirken.
Dann ist da noch die Option 3, die Situation bzw. Konstellation verlassen zu müssen, nach der Betrachtung der Umstände und als Erkenntnis, dann es keine überhastete „Flucht“ ist, die durch Emotionen oder Enttäuschungen getrieben wurde.
Kurzum: Sich in der Betrachtung auf diese drei Möglichkeiten zu reduzieren, kann helfen, für sich zügig Klarheit zu finden, was man will. Es bietet die Chance, sich Klarheit über innere Bereitschaft der Veränderung und damit verbundene Perspektiven zu verschaffen. Kombiniert mit der Frage, was für die drei Optionen neben eigenem Handel erforderlich ist, hilft, eigene Grenzen zu erkennen. Denn wenn beim Partner oder Umfeld die Bereitschaft, Veränderungen mitzugehen, nicht vorhanden ist, ist das eigene Denken und Handeln nutzlos. Es bleibt am Ende nur die Option, die Lebenssituation zu verlassen. Auch wenn das dann noch so hart und bitter sein kann, gilt gerade dann der Satz „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“
* Der Autor ist Systemischer Coach, Kommunikationspsychologe (FH) und Heilpraktiker für Psychotherapie. Er coacht Menschen bei Herausforderungen, die das Leben privat oder beruflich mit sich bringt.