„Ältester Fußballverein Ostfrieslands? Diesen Titel kann uns keiner nehmen“

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Thomas de Vries, Vorsitzender des SC 04 Leer und Leeraner Stadtrat

LEER Sein gesamtes Leben begeistert ihn der Sport. Bereits in jungen Jahren hat er sich entschieden, in die SPD einzutreten. Heute ist Thomas de Vries Vorsitzender des Sport-Club 04 Leer und Mitglied für die Sozialdemokraten im Stadtrat der Kreisstadt. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der 54-jährige selbstständige Immobilienmakler über die Herausforderungen, die die Führung eines modernen Vereins mit sich bringt, die zu niedrige Sportförderung in der Kreisstadt und begründet, warum Turnhallen für Kinder und Jugendliche an Wochenenden geöffnet sein sollten. Weitere Themen sind die Bedeutung von Kooperationen, niedrige Mitgliedsbeiträge und warum der Familienvater in die Politik gegangen ist.

Vorsitzender des ältesten Fußballvereins Ostfrieslands zu sein, ist für mich …

… die Möglichkeit, etwas aus meiner Zeit als aktiver Fußballer zurück geben zu können. Ich habe viele Freundschaften für das Leben geschlossen und viele schöne Momente erlebt. Es ist eine Herzensangelegenheit, heute meinen Teil dazu beizutragen, dass Sport in einem Verein wie dem SC 04 Leer gemacht werden kann. Bei uns kommen Menschen zusammen, sind mit Freude dabei und fühlen sich gut aufgehoben. Die Tatsache, dass wir der Verein Ostfrieslands sind, in dem als Erstes Fußball gespielt wurde, ist etwas Besonderes. Ich kommentiere das immer so: Diesen Titel kann uns keiner nehmen.

Die größte Herausforderung für unseren Verein ist …

… weiterhin ausreichend Übungsleiter und sonstige Ehrenamtliche zu finden, die den Verein am Laufen halten. Sie sind unser A und O.

Die Erfolge der Jugendfußball-Abteilung liegen bereits lange zurück, weil…

… irgendwann die Jugendarbeit beim SC eingeschlafen ist. Es gab keine Übungsleiter und zu wenig Kinder im Stadtteil. Wir sind froh, dass wir heute wieder zwei Jugendmannschaften haben, eine dritte steht vor der Gründung. Es geht wieder aufwärts und ich bin sehr optimistisch, dass es uns gelingen wird, weitere Jungen und Mädchen für den Fußballsport zu begeistern. Eine gute Zusammenarbeit mit den Nachbarvereinen macht vieles möglich.

Mädchen- und Frauenfußball ist für den SC 04…

… ein wichtiges Standbein. Es läuft seit fast zwei Jahrzehnten zusammen mit dem BSV Bingum ganz hervorragend. Wir sind stolz auf die Entwicklung, die bei uns sehr früh begonnen hat. Teilweise hatten wir mehr Jugendteams bei den Mädchen als bei den Jungen.

Unsere Kooperationen und Aktivitäten wie Sportpicknick sind …

… das Ergebnis guter Zusammenarbeit mit vielen Akteuren rund um die Weststadt. Sie sorgen dafür, dass wir viele neue Mitglieder für den Sport gewinnen können. Speziell das Sportpicknick zeigt uns, wie wichtig Angebote für Kinder und Jugendliche auch am Wochenende sind. Ich sage es pragmatisch: Die Turnhallen sollten vor allem dann geöffnet sein, wenn Kinder am Wochenende viel Zeit haben und keine Schule ist.

Wenn ich an die Mitgliedsbeiträge für Sportvereine und bei uns denke, dann…

… spiegeln sie für dieses niederschwellige Angebot Kosten und Nutzen nicht wieder. Oft höre ich: „Ihr als Sportvereine seid zu günstig.“ Das stimmt und wir haben deshalb zuletzt auch ein wenig die Beiträge erhöht. Sicherlich ist Wertschätzung in jedem Verein ein guter Antrieb für Helferinnen und Helfer, aber alles lässt sich nicht mehr nur mit Ehrenamt machen. Wir fangen unsere Ausgaben für den Sportbetrieb auf, weil wir Veranstaltungen machen und Sponsoren finden, die uns unterstützen. Diesen Geldgebern sind wir dankbar.

Neue Sportarten sind für einen Verein…

… wichtig, sie greifen die Trends der Zukunft. Aktuell bieten wir neu das Kindertanzen für 4- bis 6-Jährige an, und uns wird – salopp ausgedrückt – die Bude eingerannt. Wir wollen nun auch etwas für die 7- bis 10-Jährigen anbieten, um sie nach dem Kinderturnen an uns zu binden, wenn sie kein Fußball spielen oder Kickboxen machen möchten.

 Wenn ich an die Sportförderung in der Stadt Leer denke, dann …

… hole ich tief Luft. Sie ist durch die aktuellen Erhöhungen der Etats für Kinder und Jugendliche und eine leichte Anhebung – Inflationsausgleich- der Sockelbeiträge auf dem richtigen Weg. Dabei handelt es sich um einen Zuschuss für die Unterhaltung der vereinseigenen Sportanlagen. Aber: In anderen Kommunen des Kreises werden die Vereine viel stärker unterstützt, beispielsweise werden Energiekosten übernommen, Mitarbeiter des Bauhofes kommen und führen Reparaturen aus, auch wird teilweise die Pflege der Anlagen übernommen.

Wenn ich einen jungen Menschen für Sport begeistern will, dann …

… erzähle ich ihm von meiner Begeisterung und der Freude, die ich schon als Kind im Sport erlebt habe.

Meine Zeit als Fußballtrainer hat mich …

… in der Praxis Menschenführung lernen lassen, strukturiert zu arbeiten und dabei ein Team zu motivieren, Teilnehmer zu integrieren und in ihrer Persönlichkeit zu stärken. Ich habe viel mit jungen Menschen zu tun bekommen, die mich auch jung gehalten haben (lacht).

 Ich bin in die Politik gegangen, weil …

 … eines auf jeden Fall gilt: Man sollte nicht nur reden, sondern selbst anpacken und mitgestalten. Die Politik bietet hierzu – wie auch der Sport – große und gute Möglichkeiten.

Gut im Leeraner Stadtrat wird zusammengearbeitet, wenn …

… über die Fraktions- und Parteigrenzen hinaus zwischen den Demokraten im Sinne der Bürger gedacht und gesprochen wird, und wenn nach dem besten Weg gesucht wird. Das Parteibuch ist für mich absolut zweitrangig, solange es Mitstreiter aus den demokratischen Parteien sind.

Wenn ich an die Ampelregierung mit meiner SPD in Berlin denke, dann…

Muss ich darauf antworten? Es geht mir wohl wie jedem Bürger: Viele Entscheidungen sind schwer nachvollziehbar.

Unternehmer zu sein, bedeutet für mich…

… die Freiheit, eigene Entscheidungen treffen zu dürfen. Es mach total viel Freude, jemanden mit meinem tollen Team ein neues Zuhause zu ermöglichen.

 An Leer begeistern mich…

… die kurzen Wege und dass fast jeder jeden kennt.

 Mein Lebensmotto ist…

… nach Henry Ford: Denken ist die schwerste Arbeit, die es gibt – und das ist der Grund, warum sich so wenige Leute damit beschäftigen.

Ich habe das letzte Mal gelogen als …

… meine Frau mich fragte: Steht mir das Kleid? Wir haben dann beide herzlich gelacht.

 Ich kann mich so richtig aufregen über…

… Menschen, die immer Forderungen stellen und selbst nicht bereit sind, sich einzubringen.

Ich kann mich so richtig freuen, wenn …

… ich an die Unterstützung und Rückendeckung meiner Frau und die Entwicklung unserer Tochter denke, sowie in unserem Verein Kinder erlebe, die unbeschwert spielen, dabei lachen und gemeinsam Freude haben.

 Mein Lieblingsplatz ist…

… dort, wo ich mit meiner Familie und meinen Freunden eine gute Zeit verbringe.

 Mein größter Fehler ist …

… in einigen Fällen zu pedantisch zu sein.

Mein Lieblingsbuch ist…

… mein Sparbuch. Das lese ich regelmäßig (lacht).

Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzler wäre, dann würde ich…

Reicht mir dazu ein Tag? Ich würde die demokratischen Parteien einladen, wieder mehr mit einer Stimme zu sprechen, damit man gemeinsam die Ängste und Sorgen der Bevölkerung ernster nimmt und gemeinsame Lösungen für die vielen Herausforderungen findet, vor denen unser Land steht.

 Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir …

… Gesundheit für meine Lieben, Frieden auf Erden und Toleranz im Miteinander.

Thomas de Vries, Vorsitzender des ältesten Fußballvereins Ostfriesland, dem Sport-Club 04 Leer, und Mitglied im Stadtrat in Leer.

Foto: privat

Holger Hartwig„Ältester Fußballverein Ostfrieslands? Diesen Titel kann uns keiner nehmen“