Aufgeschnappt – 25. April 2021

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Von Planlosigkeit

In der vergangenen Woche stand in der Stadt Leer die Stadtentwicklung auf dem Programm. Der zuständige Ausschuss im Rathaus tagte – und sollte vom Landkreis Leer einen Überblick bekommen, was mit den Häusern und Grundstücken im Areal Ubbo-Emmius-Straße, Gaswerkstraße, Hajo-Unken-Straße (EWE-Gelände) passieren soll. Seit Jahren verrotten dort Immobilien und der Kreis hat sein Konzept für einen Bildungscampus aufgegeben.

Hartwig am Sonntag hat darüber ausführlich im Februar berichtet (klicken Sie hier). Und was ist das Ergebnis der Sitzung? Nichts Genaues weiß man – bzw. man weiß mehr, wenn man die Berichterstattung gelesen hat. Karin Scheffermann, Dezernentin beim Kreis, wurde vom Landrat Matthias Grote vorgeschickt und wusste nur zu erzählen, dass der Kreis ja nicht handeln kann, weil man noch nicht Eigentümer der Grundstücke ist. Das ist sowas von vorgeschoben, das ist ein Armutszeugnis. Wenn man weiß, dass man am Jahresende – so die EWE – alles übergeben bekommt, dann ist es dringend Zeit, für diese Top-Innenstadtlage eine Perspektive zu haben. Warum sagt man nicht klipp und klar: Wir wissen nicht, was wir mit dem Areal machen sollen. Wir wissen nicht, warum wir da etwa 3,75 Millionen Euro für den Ankauf der Grundstücke ausgeben. Das wäre die Fortsetzung der Aussagen vom Februar. Es ist eine Schande, dass seit Jahren nichts passiert! Aber wohl halt auch ein weiterer Beleg dafür, dass Stadt- und Kreisspitze nicht so besonders gut miteinander können. Es ist bald Kommunalwahl – also liebe Politiker in Stadt und Kreis: Mit Blick auf Wählerstimmen Gas geben, den Druck auf die Verwaltungen erhöhen, auf die Füße treten, damit endlich etwas passiert. Und wenn es nur die Entscheidung ist, die Grundstücke an Profis zu geben, die dann mit hohem Tempo damit Geld verdienen werden.


Von nichtöffentlichen Sitzungen

Spannend ging es da zu am Montag in der Ostfrieslandhalle. Knapp 100 Mitglieder der CDU Leer erlebten den Showdown in der Frage, wen die Partei bei der Bürgermeisterwahl im September unterstützt. And the winner is: Beatrix Kuhl. Die amtierende Bürgermeisterin und Christdemokratin setzte sich knapp mit 52:45 Stimmen gegen den Vorstandsvorschlag, den parteilosen Andre Willems, durch. Wer erwartet hatte, dass ein Stadtverbandsvorstand nach einer solchen Niederlage unmittelbar Konsequenzen zieht, musste sich gedulden. Der Vorstand musste sich drei Tage später beraten. Das Ergebnis: „Nur“  der Vorsitzende, Ulf-Fabian Heinrichsdorff, erklärte seinen Rücktritt. Das ist konsequent. Klare Kante, gut so. Wer sich politisch bei einer Personalfrage s0 verkalkuliert, der sollte das ausgebrochene Mißtrauen anerkennen“. Alle anderen machen weiter. Man akzeptiere und respektiere das Ergebnis und freue sich auf einen spannenden Wahlkampf für und mit der Bürgermeisterin. Na denn. Erst nicht wollen, jetzt unterstützen – Politiker können halt auch so etwas. Es wird spannend spannend zu beobachten sein, wie der verbliebende Vorstand die „Wir wollen Dich nicht mehr-Beatrix“ dann tatsächlich in den kommenden Monaten im Wahlkampf aktiv unterstützt. Jedenfalls sollen Tomke Pretzer-Kolthoff, Claudia Wostratzky  als stellvertretende Vorsitzende sowie die Chefs der Ortsverbände Martin Löffler (Kernstadt), Gerd Lübbers (Heisfelde-Nüttermoor) und Michael Weber (Logabirum)  die Partei nun fit für die Kommunalwahl machen – und im Mai soll dann ein neuer Vorstand gewählt werden. Vielleicht dann ja auch wieder in einer öffentlichen Veranstaltung. Denn: Gerne hätte Hartwig am Sonntag mehr über diese Veranstaltung berichtet. Aber sie war nichtöffentlich. Warum eigentlich? Angst vor schlechter Berichterstattung? Dann sagt das einiges über das Selbst- und Demokratieverständnis der CDU Leer und des Stadtverbands-Vorstands. So blieb nur der Weg, anders an Infos zu kommen. Das gelang auch, denn mehrere CDUler hatten kein Problem damit, aktuelle Infos auf digitalen Kanälen abzusetzen. Und ja, das Foto, das am Montag während der laufenden Versammlung bei Facebook von mir gepostet wurde, war wirklich ein Original. Gemacht, als auch der Pressefotograf, Bodo Wolters, noch anwesend sein durfte. Danke an meine Informanten, die dafür gesorgt haben, dass wenige Minuten nach Bekanntgabe das Abstimmungsergebnis alles online zu lesen war. Und Danke an das Tagespräsidium für die kostenlose Werbung für Hartwig am Sonntag. Jederzeit gerne wieder …


Von Nachhilfe aus der Nachbarschaft

Noch einmal die CDU Leer und der abgelehnte parteilose Kandidat Andre Willems. Die Skepsis, dass die Kuhl-Gegner nun einfach so zu Kuhl-Wahlkämpfern werden, bleibt. Da kann der Vorstand noch so viele schöne Worte finden. Und es gibt ja Beispiele in unmittelbarer Nachbarschaft, wie mit einer parteiinternen Niederlage umgegangen wird. Nachdem Willems angekündigt hat, trotzdem an einer Kandidatur festzuhalten, könnten sich die CDUler, die ihn gerne an der Rathausspitze sehen würden, Nachhilfe in Papenburg holen. In der Nachbarstadt hat man beste Erfahrungen, wie man – vorbei an der Partei, aber irgendwie auch doch nicht – den Chefsessel besetzt. 1996 gewann dort Ursula Mersmann die parteiinterne Abstimmung. Bürgermeister wurde Ulrich Nehe – parteilos. Er blieb in seiner Amtszeit bis 2006 zwar parteilos, sitzt heute wieder in der CDU-Fraktion im Stadtrat. Als Beigeordneter im mächtigen Verwaltungsausschuss mischt er für die Christdemokraten mit. Und 2006 wiederholte sich das Spiel. Von der Partei nominiert wurde Helmut Stavermann. Also trat der später als parteiloser Bürgermeister gewählte Jan-Peter Bechtluft aus der CDU aus und kandidierte aus der Position des städtischen Justitiars für den Chefsessel. Auch er gewann – und nach einem Jahr trat er dann wieder der CDU bei. Beide Male ist es ein offenes Geheimnis, dass es vor allem führende CDU-Kräfte waren, die diese beiden „Parteilosen“ auf dem Weg in das Amt in vielerlei Hinsicht unterstützten. Man weiß also in Papenburg, wie es geht, einen Parteibeschluss zu „unterwandern“. In Leer müssten die CDUler, die gerne Willems wollen, allerdings berücksichtigen: Papenburg ist CDU-Land. Und nein – Ostfriesen und sich Nachhilfe im Emsland holen? Das wird es nicht geben. In Leer herrscht nun wieder christdemokratischer Friede. Insofern sind das hier alles nur Spekulationen. Aber spekulieren macht halt auch mal Spaß…

Von Corona-Polizeieinsätzen

Noch einmal CDU Leer. Diese Woche werden die Vorstandsmitglieder nicht vergessen. Denn zu der für ihren Kandidaten verlorenen Abstimmung kam bei der Vorstandssitzung am Donnerstag noch unerwarteter Besuch. Während man im „Schöne Aussichten“ tagte, rückten acht Polizisten in zwei Streifenwagen an. Die Kommunalpolitiker waren angezeigt worden – Corona lässt grüßen. Allerdings konnten die Polizisten nach Klärung der Umstände – ohne einzugreifen – wieder umdrehen. Politische Zusammenkünfte dieser Art sind gesetzlich zugelassen und es lag kein Verstoß vor. Dabei dürfte die Aussprache des Vorstands mit der Frage, was man jetzt wie macht, sowieso schon turbulent genug gewesen sein…

Von Kontinuität

Und ein weiteres Mal CDU: Dass die Partei auch Kontinuität und Souveränität kann, hat sich am Freitag und Samstag gezeigt. Perfekt organisiert ist es gelungen, mit digitaler Präsentation und Abstimmung und anschließender Urnenwahl Gitta Connemann zum sechsten Mal ins Rennen um das Bundestagsmandat für den Wahlkreis Unterems zu schicken. Connemann, die 2002 Nachfolgerin von Rudolf Seiters wurde und seitdem den Wahlkreis immer gewonnen hat, erhielt 95,7 Prozent Zustimmung bei der Urnenwahl und damit wurde das digitale Ergebnis vom Vorabend bestätigt. Auf die Christdemokratin warten – stand jetzt – dieses Mal nun als Mitbewerber um das Direktmandat Anja Troff-Schaffarzyk (SPD), Julian Pahlke (Bündnis 90/Die Grünen) und Ferhat Asi (FDP).

 


Digitaltipp zum Sonntag: Anderswohin.de

Schauen Sie auch gerne die Friesland-Krimis, die in Leer – hauptsächlich – gedreht werden? Dann fällt Ihnen auch auf, dass so manche Szene nur wirklich überall gedreht wird, aber nicht in der Ledastadt. Ist halt doch auch ein wenig „Schmu“ dabei, denn z.B. das tolle Innenleben der Apotheke von Frau Scherzinger suche ich bis heute… Aber nahezu für alles gibt es ja im Internet eine Seite. In diesem Fall heißt sie Anderswohin.de

Klicken Sie sich rein. Hier der Link:

https://www.anderswohin.de/friesland-krimi-folgen-drehorte/

Munter holln. Schönen Sonntag

HH

Kritik, Fragen, Ideen: Mail an hh@hartwig-am-sonntag.de


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