Die Nachricht, die die Wirtschaft, aber auch viele Pendler, am meisten beeinflussen wird, kam vor einigen Tagen von der Straßenbauhörde aus Aurich. Die Ledabrücke und die Brücke auf dem Stadtring in der Kreisstadt werden nur noch mit Fahrzeugen mit 7,5 Tonnen – das entspricht dem Lkw, den man mit altem Führerschein fahren darf – befahren werden. Ersten Firmen im Leeraner Hafen drohen bereits Umsatzeinbußen, weil Mitbewerber aus dem nördlichen Emsland die steigenden Zulieferkosten erkennen und Kampfangebote machen. Experten gehen sogar davon aus, dass die aktuelle Maximal-Last sogar nicht bis 2028 bzw. 2032 – dann dürften die neuen Brücken frühestens fertig sein – bestehen bleiben kann, es zu weiteren Einschränkungen kommen muss. Brücken im Kreis Leer – seit Jahrzehnten ein nicht endendes Desaster.
Rückblick 1: Die alte Jann-Berghaus-Brücke. Bevor der Emstunnel fertig war Ende der 1989 war sie die einzige Verbindung aus dem Rheiderland. Die Drehbrücke hatte allerdings immer öfter das Problem, dass sie sich nicht schließen ließ. Wer nach Leer wollte, dem blieb damals nur der Weg über Papenburg. Der Neubau kam nach Jahren des Wartens.
Rückblick 2: Die neue Jann-Berghaus-Brücke und ihre Erweiterung für eine namhafte Werft aus dem Emsland. Was war das für ein Theater, bis alle baulichen und technischen Defizite beseitigt waren. Monatelang war die Brücke um das Jahr 2009 herum gesperrt. Wie gut, dass es den Emstunnel gab.
Rückblick 3: Die Brücke über die Eisenbahnlinie in der Leeraner Stadtmitte war so sanierungsbedürftig, dass sie 2022/23 monatelang für immer mehr Sanierungsarbeiten gesperrt wurde. Das Schlimme: Immer, wenn alle dachten, das war es jetzt, gab es die nächste Nachricht von Bauschäden. Nun sind die innerstädtischen Straßen teilweise „kaputtgefahren“.
Rückblick 4 und Ausblick 1: Es war 2015, als ein Schiff die Friesenbrücke bei Weener zerstörte. Es wird bis Ende 2024 – wenn alles klappt – dauern , bis die Verbindung nach neun (!) Jahre neben der Bahn auch wieder für die Radfahrer, die diese zuvor täglich nutzten, fertig ist.
Ausblick 2: Dem Einsturz nahe – zumindest mathematisch durch Experten berechnet – ist bei zu viel Lastverkehr ist die Südringbrücke in Leer. Hier hat die Stadtverwaltung – viel zu spät – die Zeichen der Zeit erkannt. Die Planungen sind vorangetrieben. Die Erneuerung ist allein deshalb schwierig, weil die Bahn extrem lange Vorlaufzeiten hat, um ihre Verkehre für die Ersatzbau-Zeit zu organisieren. Besprochen ist alles – nur selbst, wenn die Stadt richtig Tempo macht: Der Bau kann frühestens in vier bis fünf Jahren beginnen. So lange braucht die Bahn für ihre Vorplanungen. Kalkulierte Kosten bereits heute 12 Mio. Euro. Am Ende dürften es wohl 2032 eher 20 sein, die im Stadtsäckel nicht vorhanden sind
Ausblick 3: Zurück zur Ledabrücke. Hier ist die Planung, dass der Neubau 2028 fertig ist. Ob das klappt? Angesichts des Umstands, dass der Planfeststellungsbeschluss laut Kreisverwaltung noch nicht endgültig rechtskräftig ist stehen dahinter Fragezeichen. Derzeit werden die Unterlagen laut Aussage des Kreises intensiv im Amt in Aurich geprüft, bevor der Beschluss dann zur öffentlichen Auslage kommt. Das vorgelegte Tempo in der Leeraner Kreisverwaltung war wohl normal, aber etwas langsam, wenn man bedenkt, dass es ein zentrales Regionsthema ist, urteilen Kenner der Szene. Und wenn dann nun noch Einwände bei der öffentlichen Auslage kommen oder der Rechtsweg beschritten wird… nein, das wird wohl anders laufen als bei der A20 oder bei den Themen rund um die Ems. Die Hoffnung auf einen schnellen Bau bleibt.
Was bei der Ledabrücke – aktuell „trägt“ sie noch Fahrzeuge mit 12,5 Tonnen Gewicht – wirklich zu denken gibt, ist: Die Behörden scheinen mit der angekündigten Sperrung für Schwerlastfahrzeuge wohl den einfachsten Weg gegangen zu sein. Rettungsfahrzeuge und Busse im Dienst können sich in der Mitte der Brücke begegnen, d.h. dass die Traglast deutlich höher ist, als die jetzt anstehende 7,5-Tonnen-Begrenzung. Fest steht: Der Wirtschaft im Hafen würde jede Tonne mehr Gewicht – und sei es auch nachts im einseitigen Verkehr –helfen. Auf die Nachfrage, ob es Überlegungen gab, beispielsweise ein Ampelsystem zu installieren, damit schwerere Fahrzeuge – dann einseitig – die Brücke befahren könnten, hieß es aus der Behörde aus Aurich: Man werde es jetzt erst einmal so probieren. Es gebe auch andere Lösungen, aber die würden erst diskutiert werden, wenn sich herausstelle, dass die neue Regelung zu häufig missachtet wird. Warum beispielsweise nicht so wie in jedem Parkhaus und bei jeder Mautstation eine automatischer Kennzeichenerkennung und dann einseitigem Verkehr per Ampel zumindest nachts zum Einsatz kommt – die Experten werden die Antwort kennen. Hoffentlich sind es keine finanzielle Gründe.
Was bleibt? Sollte es technische oder zeitliche Lösungen geben, die mehr als 7,5 Tonnen erlauben, muss wohl die Wirtschaft ran. Die gibt sich mit dem jetzigen Modell und den Zeitschienen auch keineswegs zufrieden. Am kommenden Dienstag hat die IHK für Ostfriesland und Papenburg zu einem zweiten Hintergrundgespräch die Wirtschaft, Bürgermeister und Landrat eingeladen. Mit dabei im Hotel Lange war zuletzt auch der Niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). Er weiß also um das Drama. Das Ziel des Treffens: Die Konsequenzen für Leer und die Region aufzeigen – es fahren knapp 15.000 Autos jeden Tag über die Ledabrücke – und den Druck auf Fördermittelgeber und Planungsbehörden erhöhen. Vielleicht startet man ja auch gleich eine Spendenaktion, damit Stützmaßnahmen, provisorische Nebenfahrstreifen oder modernste Steuerungstechnik für beide Brücke finanziert werden können. Etwas mehr als simple Verbotsschilder müsste wohl möglich sein. Sonst droht – wenn die Brücken irgendwann nicht einmal mehr 7,5 Tonnen halten und sich die Neubauten durch Planungs- und Bauproblemen verzögern – eine Fortschreibung des unendlichen Brücken-Desasters rund um die Stadt Leer. Mit fatalen Folgen für die Wirtschaft, den Hafen und Pendler.
* Hinweis: In der ersten Version des Textes war ein Fehler. Die Begrenzung auf 7,5 Tonnen gilt für die Ledabrücke und die Brücke über die Bahn auf der B70 – nicht die Südringbrücke (bis auf weiteres bleibt es bei der alten Regelung).