DIE KOLUMNE: Der Friesland-Krimi und die Konsequenzen für Leer

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Wer in Deutschland unterwegs ist und gefragt wird, wo sein Zuhause ist, der hat es seit einigen Jahren einfacher. „Ach aus Leer, das wird doch der Friesland-Krimi gedreht“, heißt es dann immer öfter. Die Krimi-Serie wird seit 2014 ausgestrahlt und in regelmäßigem Abstand sind Kommissar Jan Brockhorst & Kollegen, Bestatter Wolfgang Habedank und Apothekerin Insa Scherzinger auf Täterjagd in Leer und umzu. Für die Stadt hat diese Serie zahlreiche Konsequenzen zur Folge.

Wird in der Stadt gedreht, gibt es regelmäßig, aber nur vereinzelt Beschwerden von Anwohnern und Geschäftsleuten, dass es zu Sperrungen in der Altstadt kommt. Diesen Kritikern wird dann immer entgegengehalten, dass diese Serie beste Werbung für das „Tor Ostfrieslands“, wie sich Leer selbst vermarktet, ist. Aber stimmt das auch?

Eindeutige Anwort: Ja. Die Stadt Leer erlebt durch den Krimi, der eher leichte Familienunterhaltung ohne Grausamkeiten statt tiefenpsychologischer Tätersuche ist, einen Boom. Belegen lässt sich das beispielsweise an der Zahl der Menschen, die aus der gesamten Bundesrepublik kommen und sich Leer durch ausgebildete Gästeführer zeigen lassen. Seit in der Ledastadt die „Friesland-Krimi-Führungen“ angeboten werden, hat sich die Zahl der Führungen und Teilnehmer mehr als vervierfacht. 2022 allein haben sich offiziell erfasst fast 1000 Gäste durch die Stadt führen lassen, um mehr über den Krimi und die Drehorte, (Ost)Friesland und Leer zu erfahren. Teilweise mussten sogar Wartelisten geführt werden. Die Tendenz ist nach der Corona-Pandemie weiter steigend. Stadtverwaltung und Stadtführer gehen davon aus, dass die Führungen trotz mehr Angebot auch 2023 allesamt „ausverkauft“ sein werden. Schon jetzt ist klar, dass Leer über die aktuell 15 aktiven Experten weitere ausgebildete Stadtführer benötigt. Derzeit wird im Hintergrund daran gearbeitet, dass ab dem Frühjahr bei der VHS eine neue Ausbildung zum ehrenamtlichen Stadtführer  – sie kostet die Teilnehmer einen dreistelligen Euro-Betrag, weil es dafür keinen Sponsoren oder Zuschüsse gibt – beginnen kann.

350 Gästeführer aus ganz Deutschland kommen

Auch aus einem anderen Grund ist davon auszugehen, dass Leer weiter an Zulauf gewinnen wird. Hintergrund ist ein Coup, der dem Verein Warkgrupp Oostfreesland um Günther Podlich gelungen ist. Dieser Verein, der sich für ostfriesische Zeit- und Kulturgeschichte einsetzt, hat sich auf Initiative des Leeraner Ratsherrn erfolgreich um die Ausrichtung der Deutschen Gästeführertagung (DGFT) und die 30. Jahreshauptversammlung des Bundesverbandes der Gästeführer Deutschlands (BVGD) beworben. Das bedeutet, dass Ende Februar/Anfang März 2024 etwa 350 Gästeführer aus Deutschland und aus Nachbarländern in die Kreisstadt kommen werden. Sie alle sollen und werden dann mit einem umfassenden Rahmenprogramm einen optimalen Eindruck von Leer und der Region vermittelt bekommen. Die Warkgrupp wird dabei viel Wert darauf legen, die unterschiedlichsten Akteure vom Stadtführerverein Leer bis hin zu den Händlern der Stadt, einzubeziehen. Es ist schließlich davon auszugehen, dass diese Gästeführer dann zum Multiplikator werden, weil Gästeführer von Reiseveranstaltern auch gerne mal gefragt werden, ob sie Ideen für attraktive Reiseziele haben.

Noch viel zu tun

Gut ist an der Tagung, dass sie erst in 15 Monaten stattfindet. Bis dahin bleibt noch ausreichend Zeit, die wenigen kleinen Schwachstellen, die Leer mit Blick auf die Gäste hat, zu beseitigen. So wäre es gut, wenn bei dem Busparkplatz Große Bleiche endlich ein Weg gefunden würde, dass ankommenden Gäste in der Wilhelmine-Siefkes-Schule die Toilette nutzen können. So wäre es sicherlich auch besser, wenn die Gäste, die im Hafen mit einem Kreuzfahrtschiff ankommen, nicht zwischen parkenden Autos das Leeraner Festland betreten müssen. Und optimal wäre es, wenn in der gesamten Stadt wieder mehr Menschen darauf achten, dass kein Müll rumliegt und auch die privaten Grundstücke top gepflegt sind. Sie wissen schon: Der erste Eindruck macht´s.

Holger HartwigDIE KOLUMNE: Der Friesland-Krimi und die Konsequenzen für Leer