Konzerkritik: Ein sehr sicherer, erhellender und schließlich auch beglückender Weg zu Bach

Artikel teilen

3. Konzert des Vereins Junger Kaufleute in der Saison 2022/23 

Von Barbara Fischer*

Unaufgeregt. Unspektakulär. Exakt. Bach. Cembalist Kristian Bezuidenhout und ein kleines, aber feines Streicherensemble mit Sophie Gent, Cecilia Bernardini Violine), Simone von Rahden (Viola), Jonathan Manson (Violoncello) und Christine Sticher (Kontrabass) gastierten beim Konzert des Vereins junger Kaufleute in der Blinke mit einem reinen Bach-Programm. Das ist Wagnis und Chance zugleich, denn der Grat zwischen Langweiler, Akademikertum und Euphorie ist gerade bei Bach sehr schmal.

Anders als etwa bei seinem Zeitgenossen Vivaldi bietet sich seine Musik nicht für aufsehenerregende, furiose Interpretationen an, die nahezu Neuentdeckungen gleichen, nein, Bach bleibt Bach. (K)Ein Langweiler, Akademiker, Zahlentüftler und Harmonie-Akrobat, dessen Gedankengängen man auch mit reichlich Übung oft nur schwer folgen kann.

Und so war dieser Abend in der Blinke eine große Chance, dem alten Meister einmal genau zuzuhören. Und festzustellen, dass es immer noch Stellen gibt, die man bisher nicht wahrgenommen oder beachtet hatte, Stimmführungen, Orchestereinsätze, Fugenverläufe, Rhythmik und Motivik. Selbst bei Klassikern wie dem Cembalo-Konzert g-Moll, demjenigen in D oder dem in d-Moll, und ganz zu schweigen von unbekannteren Werken wie der Toccata in d, die Bach, so scheint’s, nur für sich selber geschrieben hat. Als Übungsstück, klingende Theorie eines Akademikers. (K)Ein Langweiler.

Kristian Bezuidenhout und seine MusikerInnen hätten mit Leichtigkeit eine atemberaubende Bach-Session hinlegen können, mit irrwitzigen Tempi und überbordender, explosiver Dynamik. Doch sie sind ganz bewusst einen „stillen“ Weg gegangen, in frischen, aber moderaten Tempi, mit deutlicher, aber angemessener Dynamik, mit klar gezeichneter, aber unplakativer Motivik. Unaufgeregt, unspektakulär. Präzise wie die exakten Endlosläufe im Cembalopart von Bezuidenhout. Virtuosentum am Fließband. Und trotzdem lebendig und zumindest für diesen Abend genau der richtige Weg, denn aus der „gemäßigten“ Herangehensweise trat ein Bach hervor, dem man in ruhiger Gelassenheit zuhören und folgen konnte.

Analytisch wie bei der Toccata, in innerer Beschwingtheit wie bei den munteren Ecksätzen der Cembalokonzerte oder in stiller Andacht bei den feinfühlig musizierten und wundersam bodenständig schwebenden Mittelsätzen, in reiner Bewunderung für seine Kompositionskunst wie bei der Chaconne-Adaption aus der Violinpartita in d und derjenigen, die solch ein Werk spielen können. Staunen darüber, welchen Reichtum an Farben, Stimmungen, Motiven, Charakteren er der simplen, das Programm prägenden Tonart d-Moll abgewann. Wege zu Bach. Viele Wege führen zu Bach; dieser war vielleicht nicht einer der buntesten, dafür aber ein sehr sicherer, erhellender, nachhaltiger und schließlich auch beglückender.ein sehr sicherer, erhellender, nachhaltiger und schließlich auch beglückender.

* Hinweis: Diese Konzertkritik wird auf Hartwig am Sonntag veröffentlicht in Kooperation mit dem Verein Junger Kaufleute. Informationen zu dem Verein und zum Programm der Saison 2022/2023 unter www.vjk-leer.de

Holger HartwigKonzerkritik: Ein sehr sicherer, erhellender und schließlich auch beglückender Weg zu Bach