DIE KOLUMNE: Der Landkreis als Vorreiter im Kampf gegen die Cyberkriminalität

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Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, dass es das „Zauberwort“ auf allen Ebenen der Politik ist: Fördermittel. Gut, mal sind es auch Fördergelder oder Subventionen, aber in Summe wird in Brüssel, Berlin, Hannover und vor Ort zu oft darauf verwiesen, dass eine Gesetzesanpassung, eine Investition oder ein Projekt so gegenfinanziert wird. Gerne gerät in Vergessenheit: Diese Fördersummen sind vorab eingenommenes Geld in Form von Steuern von erfolgreichen Unternehmen oder arbeitender Bevölkerung. Im Kreis Leer ist nun in der vergangenen Woche ein kleiner „Fördermitteltopf“ erneut auf den Weg gebracht und definiert worden, der den Unternehmen vor Ort direkt zugute kommt. Dabei ist auch neu – ein immer gefährlicheres Thema wird in den Fokus: Cyberkriminalität.

Warum geht es? Die kreiseigene „Richtlinie zur Förderung von Investitionen und investitionsvorbereitenden Maßnahmen kleiner Unternehmen“, über die die Kreispolitiker vergangene Woche im Ausschuss für Wirtschaft, Handwerk, Tourismus und Digitalisierung beraten haben. Ab dem kommenden Jahr bis 2026 muss dieses Förderprogramm mit jährlich bis zu 200.000 Euro für Unternehmen aus dem Kreisgebiet neu beschlossen werden. Es ist zwar nur ein kleines „Töpfchen“, das je zur Hälfte von dem Kreis und den kreiseigenen Kommunen gespeist wird, aber seit 2020 konnten durch Förderungen Investitionen von über zwei Millionen Euro unterstützt werden und immerhin 79 Arbeitsplätze sind gesichert und 68 neue Dauerarbeitsplätze geschaffen worden. Auch die Erstellung von Internetseiten – in der heutigen Zeit ein Muss für Unternehmen – wurde in vier Fällen unterstützt. Diese Fördermittel sollen auch in den kommenden drei Jahren auf Antrag weiter fließen – allerdings um einen neuen Bereich ergänzt. Ab 2024 können Firmen für Maßnahmen der Digitalisierung, insbesondere zur IT-Sicherheit, bis zu 1.000 Euro erhalten. Begründung der Verwaltung: Dieser Bereich gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Wie sehr die Bedeutung der Bekämpfung der Cyberkriminalität im Kreis Leer bzw. im Gebiet der Polizeidirektion Osnabrück gestiegen ist, lässt sich bedauerlicherweise nur erahnen, kann aber als unbestritten gelten. Leider sind die Sicherheitsbehörden nicht in der Lage gewesen, innerhalb von einigen Tagen auf Anfrage Zahlen und Fakten zur Verfügung zu stellen – die Kommunikation bis hin in das Landeskriminalamt war schwierig und funktioniert im Fall einer realen Cyberattacke hoffentlich um ein Vielfaches besser. Der Zuwachs dieser Attacken über die Jahre dürfte jedoch auch in Ostfriesland enorm sein. Warum? Bundesweit schnellen die Zahl der Angriffe auf Unternehmen – und das sind keineswegs nur die großen Industriebetriebe, sondern vielmehr auch Arztpraxen, Notariate oder kleine Handwerksunternehmen – nach oben. Dabei wird mit verschiedensten Methoden die gesamte EDV oder Produktion lahmgelegt und es werden dann von 50.000 Euro bis zu mehreren Millionen Euro Summen erpresst, damit der jeweilige Betrieb wieder ans Laufen kommen kann. Bleibt also nur der Blick in die bundesweiten Zahlen, die erschrecken. 2021 waren bereits 9 von 10 Unternehmen Opfer von (nicht immer erfolgreichem) Datendiebstahl, Spionage oder Sabotage. Die Summe der Schäden belief sich auf 206 Milliarden (!) Euro, drei Jahre zuvor waren es „nur“ 103 gewesen, wie der Verein Bitkom veröffentlich hat. Mittlerweile geben deutsche Unternehmen neun Prozent ihres IT-Budgets für Sicherheit aus.

Feststellen lässt sich also: Der Kreis und die Kommunen im Kreis Leer agieren hier weitsichtig, selbst wenn es nur kleine Beträge sind. Der neue Passus macht deutlich, dass die Arbeit des Digitalen Hub Ostfriesland und der darunter organisierten Arbeitskreise mehr wirkt, als das auf den ersten Blick zu erwarten ist. Gut so.

Ach ja, neben der teilgeförderten Investition in mehr Sicherheit kommt es bei der Frage des Schutzes vor allem darauf an, auch eine passende Versicherung zu haben. Denn nur die hilft, „den Laden wieder flott zu machen“, wenn von außen alles lahmgelegt worden ist. Deren Experten schalten sich ein und verhandeln dann auch mit Gelderpressern, die vorzugsweise aus dem Ausland kommen. Die Polizei hilft da nicht direkt. Sie ist „nur“ für die Ermittlung der Tatumstände und der Täter zuständig, um einer weiteren Ausbreitung der Cyber-Verbrechen entgegenzuwirken. Aber immerhin gibt es mittlerweile die „Zentrale Ansprechstelle Cybercrime für die niedersächsische Wirtschaft (ZAC)“ des Niedersächsischen Landeskriminalamtes (www.zac-niedersachsen.de), die Geschädigte direkt kontaktieren und die zügig helfen soll. Dort gibt es auch eine Rubrik „Aktuelles“, in der über die aktuellen Entwicklungen bei Cyberangriffen informiert werden soll. Aktuell steht dort die neueste Information über „Pishing-Mails“ (das sind die Mails, die permanent und immer „fieser“ als möglichst echt gestaltet auf jedem Rechner landen und bei einem falschen Klick Schad- oder Spionagesoftware installieren), datiert vom 8. August 2023. Weiterer Kommentar überflüssig.

Foto: www.pexels.com

Holger HartwigDIE KOLUMNE: Der Landkreis als Vorreiter im Kampf gegen die Cyberkriminalität