DIE KOLUMNE – Häfen an der Ems: Mit Strategie im Verbund stark?

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Eine Meldung in den vergangenen Tagen las sich gut: Die Bundesregierung hat gemeinsam mit Ländern, Verbänden und Gewerkschaften eine Nationale Hafenstrategie beschlossen. 140 Maßnahmen zur Stärkung der See- und Binnenhäfen sollen umgesetzt werden. Das Signal ist eindeutig: Für die deutsche Volkwirtschaft haben funktionierende Häfen eine zentrale Bedeutung. Auch im Kreis Leer gibt es mehrere Häfen ganz unterschiedlicher Prägung. Haben diese auch eine Zukunft? Für die nationale Strategie sind sie unbedeutend, aber für die Region?

Die Frage, wohin die Reise der hiesigen Häfen gehen kann, ist seit mehr als drei Jahrzehnten, als die Ems und das Drumherum durch Vertiefung vor allem für die Meyer Werft in Papenburg – vorsichtig ausgedrückt – eine neue „Struktur“ erhalten hat, nicht eindeutig zu beantworten. Schlickproblematik, Schleusen-Herausforderungen, ein Auf und Ab bei den Umschlägen in Leer – stets ist eines geblieben: Die Häfen im Kreis Leer sind mit Leer und Weener über die Jahrzehnte insgesamt ein millionenschweres Zuschussgeschäft.

In Leer waren die aktuellen Umschlagszahlen ernüchternd: Minus 25 Prozent ist die Bilanz 2023 zu 2022. Die Gründe sind vielschichtig. Die Erreichbarkeit über die Brücken ist hinlänglich bekannt, von Seiten des Betreibers, den Stadtwerken Leer, wird die „schwierige Wirtschaftslage und die weltweite Konjunkturflaute“ als Hauptgrund angeführt. Bloß gut, dass das Defizit für den Hafen – seit dem Einbau des Fluidsystems – durchschnittlich bei nur noch 650.000 Euro pro Jahr liegt und die Schleuse millionenschwer saniert wurde.

In Weener sind die rein wirtschaftlichen Daten noch erschreckender. Für das Jahr 2024 wird von Seiten der Stadt für den Betrieb des Hafens mit fast 1,1 Mio. Euro Kosten kalkuliert. Bei Einnahmen von gut 250.000 Euro ergibt sich ein Verlust von einer Dreiviertelmillion Euro. Mit diesem Geld wird lediglich der Bestand gesichert. Allein Schlickausbaggerungen verschlingen etwa 160.000 Euro. Geplante Investitionen in die Zukunft – Fehlanzeige.

Was sind also langfristig die Perspektiven? Wo kann die Reise für die Fischer-, Freizeit- oder Industriehäfen – neben Leer und Weener sind das noch der Anleger Ems-Port in Leer-Nord sowie Häfen in Jemgum, Oldersum, Ditzum und Borkum – hingehen? Die größte wirtschaftliche Entlastung und dauerhafte Befahrbarkeit würde eine Schleuse im Emssperrwerk bringen. Aber das Thema ist „durch“ und nicht umsetzbar. Wären die Häfen ein normales Wirtschaftsunternehmen, dann würden sie in die Insolvenz gehen bzw. wären bereits vor Jahren abgewickelt worden sein. Das ist jedoch undenkbar und auch nicht zielführend, denn allein in Leer werden in den nächsten Jahren mehr als ein Dutzend Schiffsneubauten zu Wasser gelassen, der Kreuzfahrtourismus – ein kleines, professionelles Terminal soll noch in diesem Jahr mit ersten Investitionen auf den Weg gebracht werden – und die Firmen, die da sind, wollen in den Standort weiter investieren. Der Handel mit Reststoffen – in diesem Fall Metall in der hafenansässigen Firma – wird mit Blick auf Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit tendenziell eher boomen als zurückgehen. Der Umschlag und seine Entwicklung dürfen da nicht der einzige Indikator für die Bewertung der Zukunft sein.

Wie geht es weiter? Eine „Regionale Hafenstrategie Ems“ nach nationalem Vorbild aufziehen? Alle Kräfte bündeln – inklusive dann auch Logistik- und die Tourismuswirtschaft, die an der dauerhaften Existenz moderner Häfen ebenfalls interessiert sein dürften – und dann in Hannover und Berlin entsprechend mit klaren Forderungen und Zielen aufschlagen? Versuch macht bekanntlich klug. Weniger als das, was in den vergangenen Jahrzehnten im Interesse der Häfen entlang der Ems an Fördergeldern und Zuschüssen für laufende Betriebe nicht herausgekommen ist, wird es wohl kaum sein.

Die Hafenwirtschaftsvereinigung in Leer denkt genau in diese Richtung. Sie stellt sich bekanntermaßen neu auf und will aus einer reinen Interessenvereinigung für den Leeraner Hafen zu einer kreisweiten Organisation werden. Das neue Logo gibt es bereits, die neue Internetpräsenz (www.hwv-lkleer.de) ist freigeschaltet und wird mit Leben gefüllt. In diesen Tagen wird der dreiköpfige Vorstand in einer Mitgliederversammlung über seine Strategie informieren. Diese wird nach der Einbindung des Ems-Ports noch mehr geprägt werden durch das Motto „Gemeinsam sind wir stark“. Dem Vernehmen nach gibt es au0erdem bereits Gespräche mit Verantwortlichen anderer Häfen im Kreisgebiet. Die Aufgabenstellung wird wohl lauten: Wie sieht diese Strategie auch mit Blick auf die Digitalisierung aus? Wer finanziert eine professionelle Erstellung einer solchen Strategie? Wie wird gemeinsam auf allen politischen Ebenen „Dampf“ gemacht?

Fest steht: Die Häfen mit ihrer Bedeutung für Binnen-, Import- und Exportumschlag und für Freizeit und Tourismus werden bleiben, die Defizite aus dem Betrieb langfristig auch. Die spannende Frage ist: Gelingt es den Verantwortlichen künftig gemeinsam besser, Fördergelder für Modernisierung, Digitalisierung und Optimierung zu akquirieren? Bisher gibt es in dieser Hinsicht keine gezielten „Fördertöpfe“ auf Land-, Bund- und EU-Ebene. Es ist Zeit, dass sich das ändert.

Holger HartwigDIE KOLUMNE – Häfen an der Ems: Mit Strategie im Verbund stark?