DIE KOLUMNE: Porsche in Leer? Ein weiter Weg durch Erbpacht- und Baurecht

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Diese Ansiedlung würde Leer zweifelsfrei gut zu Gesicht stehen und – gutbetuchte – Autofahrer in die Ledastadt zum Geldausgeben auch in der Innenstadt anlocken: Das Porsche- Zentrum aus Oldenburg will in der Kreisstadt einen Standort mit dem Schwerpunkt Verkauf aufbauen. Ausgeguckt haben sich die Autoexperten, wie im Rathaus und mit der Politik vorbesprochen wurde, eine Fläche an einer der Hautptzufahrtstraßen in die Stadt. An der Heisfelder Straße auf dem bisherigen seit Jahrzehnten so gut wie nicht für Veranstaltungen genutzten Dorfplatz und Teilen des Geländes, auf dem die Sportler des VfR Heisfelde ihr Zuhause haben. Eines steht fest: Das Vorhaben, wenn es dann realisiert wird, wird ein komplizierter Weg durch das Erbpacht- und Baurecht.

Warum? Etwas ältere Leeraner werden sich erinnern an die Herausforderungen, die in den 1990er Jahren mit dem Connemanschen Gelände auf der Nesse verbunden waren. Das Spanplattenwerk hatte seine besten Zeiten längst gesehen – die Stadtplaner erkannten Potenzial, aber es dauerte jahrelang, bis sich Stadt und Connemann über die vorzeitige Auflösung der Erbpacht-Vereinbarung einig waren. Die Stadt musste einen fast zweistelligen Millionenbetrag, damals in DM, zahlen, um über die Fläche wieder verfügen zu können. Hintergrund ist, dass ein Erbpachtvertrag sehr komplex in seinen Rechten und Pflichten sein kann. Laufzeit (bis zu 99 Jahre), Pachtzins und Regelungen, wie ein Grundstück am Ende der Vertragslaufzeit übergeben wird, können sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. So gibt es Verträge, bei denen der Nutzer die Fläche unbebaut zurückgeben muss (eher selten), oder der Grundstückseigentümer verpflichtet sich, den Verkehrswert für alles, was auf dem Gelände steht, zu zahlen. Außerdem wichtig: Der Erbpachtnehmer kann meist nicht ohne Zustimmung weitere, fremde „Investoren“ einbinden.

Man sollte meinen, dass Erbpachtlösungen mit ihren Einschränkungen im Gegensatz zum Eigentumserwerb nicht besonders beliebt sind. Falsch. Allein in der Stadt Leer gibt es mehrere hundert Grundstücke, die die Stadt nach eigenen Angaben oder andere per Erbpacht zur Nutzung „auf Zeit vermietet“ haben. Meist stecken wirtschaftliche Aspekte dahinter, sich für die Pacht zu entscheiden. Der Kaufpreis für das Grundstück fällt nicht sofort an – aber trotzdem kann die Fläche so genutzt werde, als wäre man Eigentümer. Im Klartext: Man kann auf der Fläche bauen und kennt die Bedingungen bis ins Detail. Das Risiko ist – siehe Beispiel Connemann – überschaubar. Die Liste derjenigen, die sich auf Pacht statt Kauf, eingelassen haben, ist lang: Wohnungsunternehmen, Gewerbebetriebe, private Häuslebauer und sehr viele (Sport-)Vereine – die übrigens auch dafür zahlen, dass sie städtische Flächen für Bürger der Stadt nutzbar machen!

Das Instrument der Erbpacht erlebt derzeit übrigens eine Renaissance. Nachdem es einige Jahrzehnte eher verpönt war, weil die Investoren aufgrund günstiger Zinsen lieber kauften, ist diese Form der Grundstücksüberlassung vor allem in größeren Städten wieder ein Thema. Warum? Grundstücke, Bauen und Zinsen sind teuer geworden. Vor allem beim Ziel, sozialen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, kann da die Pachtlösung ein wenig die Kosten „mildern“. Was das für Leer bedeutet? Bisher war über Jahrzehnte dem Vernehmen nach keine Strategie vorhanden, wenn es um dieses Thema ging. Es war kein gezieltes städtebauliches Instrument. Hier zu wissen, was gewollt ist für Investoren und die Lebensfähigkeit der Vereine kann Perspektiven erhalten und schaffen.

Zurück zu Porsche. Klar ist, dass der Sportverein mit seinem in die Jahre gekommenen Vereinsgebäude – es wurde gebaut, als man die eigenen Flächen an der Ringstraße Ende der 1990er an multi für die dortige Erweiterung abgeben konnte – großes Interesse hat, dass Porsche kommt. Es könnte das Geld für einen kleineren Vereinsheim-Neubau bringen. Klar ist auch, dass der gewählte Standort baurechtlich nicht so einfach ist. Es müsste der Bebauungsplan geändert werden – machbar, aber auch hier sind die Diskussionen über die gegenüberliegende Allee und der Lidl-Ansiedlung noch in guter Erinnerung. Kurzum: Bis der Grundstein für Porsche gelegt wird, was aus Sicht Verein und Stadt sinnvoll sein dürfte, ist es noch ein weiter Weg. Ein Weg, der viel Verhandlungsgeschick erfordert, da Porsche auch genau kalkulieren wird, was die Investition in Leer kosten darf. Zu hohe „Nebenkosten“, die mit dem Grundstück verbunden sind, schaden da nur. Bleiben wir gespannt, ob es klappt.

Holger HartwigDIE KOLUMNE: Porsche in Leer? Ein weiter Weg durch Erbpacht- und Baurecht