Landratswille: Neuer Teilzeit-Job trotz Millionendesaster

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Es gibt viele gute Beispiele, wie beim Landkreis Leer in der Vergangenheit erfahrene Mitarbeiter im Anschluss an ihre Kreishaus-Karriere in Tochterunternehmen Verantwortung übernommen haben. Sei es bei der Flugplatz GmbH mit August Klose oder aktuell mit Dieter Backer oder im Bereich der Wirtschaftsförderung mit Dieter Schröer. Eines hatten diese Personalien gemeinsam: Sie waren vorab mit den politischen Gremien und den jeweils beteiligten Partnern in den Tochterunternehmen abgestimmt. Sie waren zudem aufgrund der Personen keiner Diskussion wert. Landrat Matthias Groote sorgte nun mit Alleingang für Unruhe: Ohne Rücksprache will er die (Noch)-Sozialdezernentin Karin Scheffermann Anfang Dezember in der Gesellschafterversammlung zur Prokuristin der Flugplatz Leer-Papenburg GmbH machen. Sie soll dann perspektivisch die Geschäftsführung von Dieter Backer übernehmen. Ausgerechnet Scheffermann – das möchte man dem Landrat zurufen – und die hat bereits ihre Bereitschaft erklärt.

‎Während der Landrat und seine Pressestelle sich nicht äußern – „Personalangelegenheiten werden zunächst in den dafür zuständigen Gremien besprochen“, hieß es auf Anfrage – ist die Verwunderung bei den Gesellschaftern und in Teilen der Politik ob des schriftlich vorgelegten Beschlussvorschlages groß, wie die Recherchen ergeben. Warum? Die am Jahresende ausscheidende Dezernentin wird bereits in der kommenden Woche wieder unter Beschuss stehen in der Sitzung des Betriebsausschusses Seniorenwohnanlage Heisfelde (SWA). Sie ist als Dezernatsleiterin für das wirtschaftliche Desaster der Anlage maßgeblich verantwortlich. Am Donnerstag wird sich erneut zeigen, was alles schiefgelaufen ist. So muss die Politik den Jahresabschluss 2022 zum zweiten Mal nach einer Zustimmung im Dezember 2023 beschließen. Formalien des Handelsgesetzbuches (HGB) wurden missachtet.

Viel schlimmer wird aber sein, was die Ausschussmitglieder zu den Defiziten hören werden. Auch hier mussten ja bekanntermaßen die Vorlagen in der letzten Sitzung von der Verwaltung bereit durch die Verwaltung korrigiert werden oder wurden zurückgezogen. Nun werden teilweise wieder neue Zahlen präsentiert. Nach minus 551.000 Euro (2022) und minus 1,01 Mio. Euro (2023) 2024 bleibt das Minus von 1,326 Mio. Euro wie vor einigen Wochen berechnet. Bei der Vorausschau auf die Jahre 2025 bis 2027 wird allerdings noch einmal kräftig mehr in die roten Zahlen gerutscht. Statt der vor Wochen „präsentierten“ 1,496 Mio. Euro werden es für die kommenden drei Jahre 2,036 Mio. Euro. Und ab 2028 wird alles besser? Nein, für dieses Jahr hat die Verwaltung erstmals prognostiziert – mit einem Minus von 619.000 Euro. Damit wird festgestellt: In den Jahren 2025 bis 2028 wird das Minus fast „stabil“ bleiben. Die Krise wird also keinesfalls gemeistert, sondern zieht sich über weitere Jahre hin mit stabilen roten Zahlen. Zur Verdeutlichung: Von 2022 bis 2028 wird die Seniorenwohnanlage Heisfelde den Landkreis 5,542 Mio. Euro (!) kosten.

Ach ja, neben den nackten Zahlen der SWA – sie sind schlimm genug – macht viel mehr betroffen, was zwischenzeitlich über die Zustände in der Einrichtung in den letzten Jahren (und auch immer noch heute in Teilen) zu hören und vor allem auch zu lesen ist. Bereits vor langer Zeit – weit bevor die Defizite öffentlich wurden – haben sich Verwandte und Mitarbeitende an die Kreisverwaltung gewandt. Wer die teilweise anonymisierten Briefe oder Schilderungen liest, dem wird ganz anders. Selbst wenn nur 10 Prozent der Darstellungen zutreffen, dann mag man sich nicht vorstellen, dort einen Verwandten betreut zu wissen. Viele Neueinstellungen sollen aktuell die Betreuung verbessert haben. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die Dezernentin Scheffermann wird die weitere Entwicklung der SWA ab Januar 2025 als Pensionärin von außen beobachten können. Sie wird sich dann, wenn es nach dem Willen des Landrats geht, als Prokuristin in Teilzeit-Beschäftigung um den Flugplatz in Nüttermoor kümmern. Es soll schon bessere Ideen des Landrats Groote gegeben haben.

Holger HartwigLandratswille: Neuer Teilzeit-Job trotz Millionendesaster