Özdemir: Fusion von Kickers und Germania Leer? Daran ist nicht zu denken

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute Ferhat Özdemir, Stadtrat und Vorstand bei zwei Leeraner Sportvereinen

LEER In führender Position im Vorstand von gleich zwei Sportvereinen in einer Stadt zu sein, ist eine Besonderheit. Für Ferhat Özdemir, zudem parteiloses Mitglied auf der Liste der Grünen im Leeraner Stadtrat, ist es seit 2015 Normalität. Der 52-Jährige, der Ende 1976 mit seinen Eltern aus der Türkei nach Leer gekommen ist, ist seit 2004 Chef des FC Kickers Leer und seit 2015 zweiter Vorsitzender beim VfL Germania Leer. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der Bauingenieur und Bauunternehmer, der in seiner Freizeit gerne bei türkischem Kaffee traditionelle Kartenspiele aus seiner Heimat spielt, über die Herausforderungen dieser Doppelfunktion, über seine Arbeit im Stadtrat und über die Situation im Bau- und Wohnungssektor.

Gleichzeitig Vorstand von zwei Leeraner Sportvereinen zu sein, ist für mich…

… eine Herausforderung und als leidenschaftlicher Fußballer eine Herzensangelegenheit. Bei Kickers habe ich angefangen, mich nach dem Tod des ehemaligen Vorstands Adolf Tirrel stärker zu engagieren. Ihm hatte ich versprochen, mich um „seinen“ Verein zu kümmern. Dass ich mich gleich in zwei Vereinen engagiere, hat sich so ergeben. Bei Germania ist das auf Wunsch und Drängen des Ehrenpräsidenten, Enno Poets, passiert, der mich gebeten hat, bei der Entschuldung des Vereins mitzuhelfen. Ich habe bei Germania in der Jugend von 1977 das Fußballspielen gelernt und bis in die Herren durchgespielt und habe zu beiden Vereinen eine persönliche Bindung.

An eine Fusion von Kickers Leer und Germania Leer ist…

… nicht zu denken. Ja, wir bilden eine Spielgemeinschaft, aber es sind zwei ganz unterschiedliche Vereine mit ganz verschiedenem Charakter und Hintergrund. Wir unterstützen uns gegenseitig. Davon profitieren beide Vereine.

Die Diskussionen um die 1.Herren bei Germania und der Abstieg, darüber denke ich, dass …

… der Verein immer über einzelnen Akteuren steht. Loyalität in der Öffentlichkeit muss für Funktionäre und Trainer eine Selbstverständlichkeit sein. Zum sportlichen Bereich sage ich: Es gibt auch ausreichend Beispiele in der VfL-Geschichte, wo nach dem Abstieg unmittelbar der Aufstieg folgte. Darin hat Germania Erfahrung.

Nach der Entschuldung wird Germania Leer nie wieder Schulden machen, weil…

… wir im Vorstand einen Beschluss fassen werden, dass künftig höhere Summen in die Struktur des Vereins nur ausgegeben, wenn es dazu in der Mitgliederversammlung einen Beschluss gibt. Wir werden Geld nur noch aufnehmen, wenn es in die Qualität und energetische Maßnahmen der Anlage fließt

Die Gerüchte, dass ich aus dem Germania-Sportplatz gerne Bauland machen möchte, sind…

… Träume von Leuten, die weit von der Wirklichkeit entfernt sind. Das ist absoluter Blödsinn.

Dass es in der Stadt Leer keinen Sportentwicklungsplan gibt, ist …

… bedauerlich. Ich hoffe, dass sich bald einmal alle Vereinsvorsitzenden an einem runden Tisch zusammensetzen und gemeinsam besprechen, was in den nächsten Jahren zu tun ist. Mein Eindruck ist: Die Politik braucht klare Ansagen.

In die Leeraner Stadtpolitik bin ich gegangen, weil…

… ich davon überzeugt bin, dass es besser ist, mitzugestalten statt aus dem Hintergrund nur immer zu kritisieren.

Die größte Herausforderung für die Stadt Leer sehe ich in…

… der Eindämmung der Schulden und darin, zusätzliche bezahlbare Wohn- und Gewerbeflächen zu schaffen. Wir brauchen da neue Akzente.

Wenn ich einen Beschluss des Rates rückgängig machen könnte, dann…

… würde ich den Bummert nicht umbauen lassen. Der Umbau war ein großer Fehler. Ich war bis zum Schluss immer dagegen.

Wenn ich an den Wohnungsmarkt – auch den grauen – in der Stadt Leer denke, dann…

… ist es gut, dass in der Stadt jetzt kontrolliert wird, wo welcher sozialer Wohnraum wie angeboten wird, um Missbrauch entgegen zu steuern. Die Herausforderungen sind groß, weil wir in Leer einfach zu wenige bezahlbare Wohnungen haben.

Als Deutscher mit Migrationshintergrund ist es mir wichtig…

… sich immer gegenseitig zu respektieren.

Wenn ich an die Flüchtlinge aus der Ukraine denke, dann…

… wird mir ganz anders. Es ist unvorstellbar, was da passiert. Jeder Krieg ist für mich sinnlos und es leiden nur die Millionen Zivilisten für eine Handvoll Sturköpfe. Es gehört für mich dazu, diesen Menschen zu helfen und sie zu unterstützen. Aus meiner Sicht gibt jede noch so kleine Hilfe den Menschen Kraft und ich wünsche mir, dass jeder sich überlegt, wo er wie unterstützen kann.

Als Bauunternehmer machen mir im Moment am meisten Sorgen…

… die drastischen Preisexplosionen für Baumaterialien und Rohstoffe. Es ist vieles am Markt knapp geworden. Zudem werden höhere Zinsen dafür sorgen, dass ein Eigenheim für viele Familien in weite Ferne rückt.

Wenn ich daran denke, wie lange heute ein Baugenehmigungsverfahren dauert, …

… ärgert mich das. Früher dauert es manchmal zwei bis vier Wochen – heute kann es aufgrund der langen Bearbeitungszeit auch mal bis zu zwei Jahre dauern.

Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…

… ein abgelaufenes Parkticket.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

…  vieles. Manchmal kostet es mich viel Kraft, dann ruhig zu bleiben.

Mein Lieblingsplatz in Leer ist…

 … im Julianenpark.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

… wünsche ich mir Gesundheit für mich und meine Familie, das Ende aller Kriege und für die Stadt Leer eine gut funktionierende Entwicklung durch ein gutes Zusammenspiel von Politik und Verwaltung.

Holger HartwigÖzdemir: Fusion von Kickers und Germania Leer? Daran ist nicht zu denken