Politik-Comeback: Koch will zurück in Leeraner Stadtrat

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Er ist der wohl umstrittenste Politiker der Region in den letzten Jahrzehnten – und so mancher war froh, als er sich Anfang 2019 nach rund 28 Jahren aus dem Leeraner Stadtrat zurückgezogen hat. Viele haben gehofft, dass im September dieses Jahres auch im Kreistag für ihn Schluss ist. Aber er wäre nicht Gerd Koch, wenn er nicht – wie so oft in seinem Beruf, als Politiker oder als Fußball-Schiedsrichter in Tennis-Kleidung – für Überraschungen gut wäre.

Denn: Der 72-Jährige wohnt seit einiger Zeit nicht mehr auf Borkum, sondern ist wieder mit erstem Wohnsitz in Leer gemeldet. Und er bestätigte gestern auf Anfrage: „Ja, ich werde auch wieder für den Leeraner Stadtrat kandidieren.“ Für den Kreistag hatte er, der wegen Volksverhetzung auf Bewährung verurteilt ist, das eh geplant.

Als Gründe für sein Comeback in den Rat der Ledastadt führt Koch „die Langeweile im Rat und die Verschlafenheit in der Entwicklung der Stadt“ an und den Umstand, „dass ja auch alle anderen Parteien wieder auf die älteren Semester setzen“. Welche inhaltlichen Ziele er für die Stadt verfolgen will, werde er später verdeutlichen. Die Rückkehr Kochs überrascht. Er hatte sich vor zwei Jahren mit Verweis auf sein fortgeschrittenes Alter zurückgezogen und 2013 mal selbst gefordert, dass „es in der Politik eine Altersgrenze von 70 Jahren geben muss“. Aber was zählt schon das eigene Geschwätz von gestern…

Koch stellt auf Nachfrage auch klar, dass er in der Kreisstadt mit seiner alten Allgemeinen Wählergemeinschaft (AWG) antreten wird. Die wird und will nichts mit der Leeraner Wählergemeinschaft (LWG) zu tun haben, die aus der AWG-Fraktion nach Kochs Stadtratsabschied unter der Führung von Michael Runden entstanden ist. Mit wem er, der nach zwei Schlaganfällen nach eigenen Worten gesundheitlich wieder ausreichend fit bzw. „voll auf dem Damm ist“, die Stadtpolitik und das Rathaus „aufmischen“ will, verrät Koch (noch) nicht. Es laufen Gespräche, so Koch. In diese Karten will er sich im Moment noch nicht schauen lassen. Man darf gespannt sein, wer mit dem verurteilten Rechtspopulisten antritt und ob es noch weitere Comebacks geben wird. Top, die Wette dafür gilt …

Was von dem Comeback zu erwarten ist?

Wenn er wieder in den Rat gewählt wird (was zu erwarten ist, alles andere wäre mehr als eine faustdicke Überraschung) – altbekanntes. Das System „System Koch“ kennzeichnet zwei wesentliche Bestandteile:

Erstens: Agieren bzw. agitieren mit verbalen Provokationen und klarer Kante bei vielen Themen – zunehmend allerdings auch mehr weit über die zulässige „Kante“ hinaus, wie die berechtigten Verurteilungen vor Gericht in den vergangenen Jahren dokumentieren.

Zweitens: Einen Politiker, der sich vor Ort in den Vereinen, bei der Feuerwehr, bei den Schützen etc. kontinuierlich sehen lässt und zuhört. Und der sich kümmert. Auch das wissen viele Bürger und Vereinsvertreter aus den vergangenen Jahren. Wenn jemand ein Problem hatte und nicht weiterkam, dann hieß es „Sprich doch mal mit Koch, der hat Kontakte und kümmert sich“. Koch hat sich dann auch gekümmert – und die Bürger und Ehrenamtlichen hatten zügig eine Antwort und sehr oft auch eine Lösung. Nur die, die seine Unterstützung bekommen haben, scheuen es, das in der Öffentlichkeit auch so zu sagen. Warum? Mit Punkt 1 des Systems Koch lässt sich niemand so gerne in Verbindung bringen…

Wird das Koch-Comeback erfolgreich sein?

Das wird sich zeigen. Das ist wie im Fußball. Wenn der Spieler wieder (durch die Wähler) auf das Feld eingewechselt wird, hängt es maßgeblich von der Qualität der Gegner und dem Verhalten der Netzwerke drumherum ab. Vergangenheit allein schießt keine Tore. Sind die Gegner gut, haben sie die richtige Taktik, verfügen sie über eine gute (verbale) Technik und die nötige Fitness, dann scheitert das Comeback schon vor der Einwechslung oder dann später auf dem Feld. Sind sie es nicht oder findet der Rückkehrer wieder viele Mitspieler auf dem Feld und Unterstützer drumherum, wird er wieder Tore schießen – und seinen Gegnern das Leben schwer machen.

Ach ja, Vergleiche hinken bekanntlich. Anders als beim Fußball sollte es in der Kommunalpolitik das Ziel sein, gemeinsam möglichst viele Tore für positive Entwicklungen zu erzielen, statt sich gegenseitig den Ball ins Netz zu hauen. Mal abwarten, mit welcher Taktik die Leeraner Politik in Summe vor und nach der Wahl im September ins Spiel geht und wer dann wieviele Tore – oder Eigentore – schießt.


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    Holger HartwigPolitik-Comeback: Koch will zurück in Leeraner Stadtrat