6. Konzert des Vereins Junger Kaufleute in der Saison 2022/23 – Ensemble „Les Vents Francais“ zu Gast im Theater an der Blinke
Von Barbara Fischer*
LEER Einem besonderen Anlass einen angemessenen Rahmen zu geben ist Ausdruck gegenseitiger Wertschätzung. Konzertkleidung auf der Bühne und im Saal, bei Künstlern wie beim Publikum, schafft eine äußere Basis für das Gemeinschaftserlebnis Musik. Das Auge hört schließlich mit. Doch die Musik erschafft sich ihren Rahmen selbst, wenn sie adäquat dargeboten wird. Und so spielten die Herren des Ensembles „Les Vents Francais“ am Sonntag (26.02.2023) beim Konzert des Vereins junger Kaufleute in Leer ihre unterwegs hängengebliebene „Arbeitskleidung“ einfach in die Bedeutungslosigkeit. Im Gegenteil: die Künstler im bequemen Alltagsdress musizieren zu sehen, verlieh dem Abend die Atmosphäre einer öffentlichen Generalprobe und den Eindruck, hautnah mit dabei zu sein. Dabei zu sein bei einem Konzert wie eine Hörerin zuvor meinte: „Das wird sicher ein Programm zum Seele-Streicheln.“ Sie sollte recht behalten, wobei Seele und Geist nicht nur ausgiebig gehätschelt wurden, sondern ebenso ausgiebig mit Ernsthaftigkeit gepflegt, erweitert, aufgemuntert, erfrischt, harmonisiert und zudem bestens unterhalten wurden.
Pars pro toto fand sich dies alles in August Klughardts Bläserquintett C-Dur, das zwischen Augenzwinkern und Theatralik, Munterkeit und Melancholie, Jagdhorn und romantisch besonnter Waldlichtung unbeschwerten Hörgenuss brachte. Großmeister Mozart (Quintett in Es) griff danach tief in die eigenen Taschen seiner Könnerschaft in der Entwicklung sanglicher Motive, seiner ihm eigenen Harmonik, im Spannungsaufbau: ein edler Mozart, der die Seele nach der espritvollen Einstimmung auf die ernsthafte Seite zurückholte. Hätten sich in „Les Vents Francais“ nicht so exzellente Musiker zusammengefunden, die lupenrein intonierten, sich in Virtuosität in nichts nachstanden, und die jeweiligen klanglichen Besonderheiten und Vorzüge ihrer Instrumente so eindrücklich vorzustellten, wäre dieser Abend trotz des abwechslungsreichen Programmes nicht so nachhaltig gewesen. So aber wird man sich gerne erinnern an das Beethovensche „Straßenmusik-Trio“ nach einem Motiv aus Mozarts „Don Giovanni“, an den chansonhaften Milhaud voll französischer Leichtigkeit, an das Sextett C-Dur von Francis Poulenc, das Rhythmus, einen gewissen Witz, Anlehnung an (Stumm-)Filmmusik, moderne Spieltechniken und die Vorstellung eines großen Orchesters vereinte. Wahre Musik braucht keine Kleiderordnung. Dennoch: Chapeau!
Es spielten: Emmanuel Pahud (Flöte), Francois Leleux (Oboe), Paul Meyer (Klarinette), Gilbert Audin (Fagott), Radovan Vlkatkovic (Horn) und Éric Le Sage (Klavier).
* Hinweis: Diese Konzertkritik wird auf Hartwig am Sonntag veröffentlicht in Kooperation mit dem Verein Junger Kaufleute. Informationen zu dem Verein und zum Programm der Saison 2022/2023 unter www.vjk-leer.de