„Wenn heutige Schüler vom Einsatz des Stockes hören, sind sie erschrocken und empört“

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„Auf einen Tee mit …“ – Udo Tinnemeyer, Leiter des Ostfriesischen Schulmuseums in Folmhusen

 FOLMHUSEN Es ist ein Museum, das bei jedem Besucher Erinnerungen an die Kindheit und Jugend weckt: das Ostfriesischen Schulmuseums in Folmhusen. An der Bundesstraße zwischen Leer und Ihrhove gelegen, wirkt das Museum eher klein – doch das täuscht. 49.000 Bücher, 7.000 Landkarten und Schaubilder und viele Gegenstände aus der Schulgeschichte warten neben dem historischen Klassenzimmer auf die Besucher. Leiter des Museums ist seit sieben Jahren Udo Tinnemeyer. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der 58-jährige Pädagoge über sein Lieblingsexponat, die Herausforderungen und die „Entdecker-Taschen“. Zudem berichtet er, wie Schüler reagieren, wenn sie hören, dass früher der Stock zum Einsatz kam, und wie einfach es ist, sich für das Museum zu engagieren.

Ein Museum macht Spaß, wenn …

… man als Besucher Objekte und Themen vorfindet, mit denen man nicht gerechnet hat.

Die größte Überraschung in meinen Jahren als Leiter des Museums war…

Die gibt es immer mal wieder. Ich denke an die Zusage von Fördergeldern, mit denen wir nicht gerechnet haben oder an ungewöhnliche Objekte, die wir geschenkt bekommen, zuletzt den Savonius-Rotor, den wir jetzt im Garten stehen haben.

 Nachts in einem Museum zu sein, kann …

… hoffentlich eine Mischung sein aus Schlafen wollen und neugierig bleiben.

 Mein Lieblingsexponat in unserem Haus ist …

… schwierig. Besonders gut gefällt mir ein Spielzeug, das ein Sechsjähriger 1945 zu Weihnachten geschenkt bekommen hat. Es hat einen Griff wie ein Tischtennisschläger und obendrauf sind drei Hühner, die von Gewichten gezogen werden. Die Holzhühner fangen bei Bewegung auf dem Boden zu picken. Dieses Spielzeug ist beispielhaft für eine schwierige Zeit. Es ist bewegend, weil es handgefertigt ist und eine ganz Kindheit darstellt, als die, die heute die die Kinder kennen. Heute gibt es so etwas wahrscheinlich als eine App.

 Das Museumsgütesiegel für Niedersachsen und Bremen für sieben weitere Jahre erhalten zu haben, bedeutet…

… Anerkennung für unsere Arbeit, obwohl wir wenig Personal haben. Zudem ist es eine Herausforderung für die Zukunft, dass wir weiterhin gut Arbeit machen.

Unser neues Angebot für Grundschulkinder hat das Ziel…

… die Kinder durch das Museum zu interessanten Exponaten zu führen, die sie dann erkunden können – unabhängig von Erwachsenen.

Mit den Entdecker-Taschen wollen wir…

… die Kinder neugierig machen und sie mit Spielen und Rätseln für das Museum zu gewinnen. Die Tasche kann für vier Euro geliehen werden und enthält ein Entdeckerheft und es gibt am Ende ein altes Zeugnis mit dem Namen des Kindes.

Mit der aktuellen Ausstellung wollen wir…

… die private Sammlung eines verstorbenen Ehepaares zeigen und so auch auf die Vielfalt unserer Objekte und Themen hinweisen. Unser Museum gibt über das Thema Schule einen Einblick in die Sozialgeschichte, in die vorherrschende politischen Meinungen, in Trends, wie man Unterricht gestalten sollte und wie wichtig die Wertschätzung von Bildung und Lehrern ist.

 Die größte Aufgabe, die wir vor uns haben, ist…  

Es gibt so viele. Es ist für uns die Daueraufgabe, immer wieder interessante Angebote zu machen und dabei alle anderen Aufgaben– Sammeln, Bewahren – auch im Blick zu behalten. Leider haben wir zu wenig Platz und auch zu wenig Stunden, die wir einsetzen können, um die sehr große Menge an Exponaten darzustellen. Wir könnten viel mehr anbieten – beispielsweise auch Vorträge.

Wenn ich den Namen Karl Reuer höre, dann…

… kann ich sagen: Ohne ihn und seine Frau wäre unser Museum nicht entstanden. Ich denke an jemanden, der eine große Sammelleidenschaft hatte und sich umfangreiche Kenntnisse zur Schulgeschichte erworben.

 Die Stiftung ist für unser Haus…

… ein wichtiger Pfeiler, um Förderanträge für Projekte stellen und diese dann auch umsetzen zu können.

Wer sich bei uns engagieren will, der sollte…

… sich gerne melden. Wir suchen immer helfende Hände – für kurzfristige und kurzzeitige Projekte, beispielsweise auch handwerkliche Tätigkeiten, und auf Dauer. Unser Verein ist relativ klein und mit dem Museum alt geworden. Wir freuen uns auf neue und gerne auch jüngere Mitglieder. Der Jahresbeitrag beträgt 30 Euro.

Gerade sitzen, Ohren spitzen!“ – dazu fällt mir ein, dass …

… das Erste ist, was unsagbar fremd wirkt – auf die Kinder und Eltern. Es wirkt streng, aber auch verlässlich zugleich. Es ist der Einstieg in die fremde Zeit. Wir haben das Glück, dass ja jeder in der Schule war oder in die Schule kommt. Fast jeder Besucher kann etwas beitragen. So ist unser Haus ein Ort des Austausches.

Wenn ich die Schule, die wir hier präsentieren, mit der Schule von heute vergleiche, dann wäre es heute gut, wenn …

… Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden, aber auch nicht alles Alte verdammt wird.

 Die schönste Reaktion eines Besuchers, an die ich mich erinnere, ist …

… als jemand sagte: Ich wollte eigentlich gar nicht kommen, aber das ist wirklich toll hier.

Wenn Schüler von heute hören, dass es Zeiten gab, in denen der Stock zum Einsatz kam, dann …

… sind sie oft erschrocken oder empört.

Meine Familie ist für mich

… das Wichtigste.

 Mein Lieblingsplatz in der Region ist…

… unser Garten.

 Ich kann mich so richtig aufregen über…

 … Borniertheit.

Ich kann mich so richtig freuen über, …

 … nette Menschen.

Ich habe das letzte Mal gelogen, weil…

… ich einen Menschen nicht verletzten wollte..

Meinen schönsten Urlaub habe ich erlebt …

…als Kind auf der ostfriesischen Insel Baltrum.

 Musik ist für mich…

… die beste Möglichkeit zu entspannen.

 Mein größter Fehler ist, dass …

… ich ungeduldig bin.

Wenn ich einen Tag lang in meinem Leben ein anderer sein könnte, dann wäre ich gerne…

Ich möchte kein Anderer sein.

 Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

…  mehr Frieden, mehr Verantwortungsbewusstsein und den dritten Wunsch hebe ich mir auf.

 

Udo Tinnemeyer ist seit sieben Jahren Leiter und Geschäftsführer des Ostfriesischen Schulmuseums in Folmhusen. Foto: Privat

Holger Hartwig„Wenn heutige Schüler vom Einsatz des Stockes hören, sind sie erschrocken und empört“

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