„Wir suchen für die Leeraner Tafel dringend eine bezahlbare Bleibe“

Artikel teilen

„Auf einen Tee mit …“ – Heute Andreas Bartels, Leeraner Tafel und Pastor der Ev.-Luth. Kirchengemeinden Logabirum und Nortmoor

LOGABIRUM/NORTMOOR Er dürfte einer der dienstältesten Pastoren der Region sein und engagiert sich für die Leeraner Tafel als Ansprechpartner des Diakonieverbandes in Ostfriesland: Andreas Bartels. Der Geistliche ist seit 29 Jahren in der Ev.-Luth. Gemeinde in Logabirum und seit 2007 auch in Nortmoor tätig. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der 60-Jährige über die große Sorge der Tafel, eine neue Bleibe finden zu müssen, erklärt, warum sich seiner Meinung nach die Grundidee der Tafel verändert hat, und berichtet über das wachsende Besucheraufkommen. Weitere Themen sind unter anderem Kirchenaustritte, Gottesdienstbesuche und Ökumene.

Die Leeraner Tafel ist…

… eine leider notwendige, wichtige Hilfe für Menschen in wirtschaftlicher Not. Es kommen bis zu 600 Menschen im Monat zu uns in die Leeraner Friesenstraße.

Wenn ich daran denke, dass über die Jahre immer mehr Menschen zur Tafel kommen, dann…

… wird mir bewusst, wie wichtig es ist, dass es uns gibt. Wir mussten leider die Frequenz ändern. Die Kunden, die zu uns kommen, kamen früher wöchentlich, heute nur noch alle 14 Tage. So konnten wir einen Aufnahmestopp verhindern.

Die größte Herausforderung für die Leeraner Tafel ist…

… noch in diesem Jahr eine neue, bezahlbare Bleibe zu finden. Wir können nach einem Eigentümerwechsel die Miete nicht mehr finanzieren, weil wir ja keinerlei öffentliche Förderung bekommen. Jeden Euro, den wir haben, sammeln wir durch Spenden. Wer also etwas Gutes tun will, findet im Internet unsere Kontonummer. Jeder Euro ist für uns ein Zeichen, dass die Arbeit von helfenden ehrenamtlichen Händen von Montag bis Freitag wahrgenommen und Wert geschätzt wird.

Damit das Angebot der Tafel nicht mehr erforderlich wäre, müsste…

Das ist nicht leicht zu beantworten – sicherlich zuallererst eine fairere Berechnung von Hilfesätzen, die der Staat zahlt. Mitunter könnte es auch helfen, manche Menschen im Umgang mit ihrem Geld zu unterstützen. Wir haben zuletzt die finanziellen Grenzen für die Kunden, die zu uns kommen, anheben müssen. Aus meiner Sicht hat sich die Grundidee der Tafeln verändert. Ursprünglich ging es ja darum, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden. Heute wird der Tafel eine grundsätzliche gesellschaftliche Aufgabe „zugeschoben“.

Wer sich bei der Tafel engagieren will, der sollte…

… Kontakt mit uns aufnehmen, einfach vorbeikommen.

Auf der Kanzel zu stehen und zu predigen ist für mich…

… Ausdruck, dessen, was ich versuche zu leben und weiterzugeben.

29 Jahre in einer Gemeinde Pastor zu sein, ist…

… ein großartiges Geschenk. Es bedeutet, über eine lange Zeit an einer Stelle getragen und ausgehalten zu werden. Wenn mich jemand vor 20 Jahren gefragt hätte, hätte ich gesagt: Das ist unvorstellbar. Mir ist es nie langweilig geworden. Ich konnte viel gestalten. Für mein Christsein und mein Leben gehören das Bodenständige und Kontinuität dazu.

Bei einer Beerdigung die passenden Worte zu finden ist…

… eine dankbare Aufgabe.

Wenn ich an das Durchschnittsalter der Besucher der Gottesdienste denke, dann …

Ich liebe im Radio „Frühstück bei Stefanie“. Dort heißt es immer: „Es is ja ,wie´s is“. Die Besucher bilden ab, wie Gottesdienst wahrgenommen wird.

Wer mir erzählt, dass er aus der Kirche austreten will, dem antworte ich …

Das wird mir selten im Vorfeld gesagt. Da fehlt der Mut. Austritte verlaufen meist still und leise. Wenn es mir jemand sagt, antworte ich: das ist schade, dass sie diesen Schritt tun, aber ich freue mich, die Gründe zu hören. Nehmen sie bitte aber auch zur Kenntnis, dass ich diese Entscheidung sehr ernst nehme. Eine Trauerfeier beispielsweise wird es dann auch nicht geben, weil sie mir signalisiert haben, dass sie das nicht möchten.

Die größte Herausforderung als Gemeindepastor ist …

… alle Menschen der Gemeinde im Blick zu haben und sich bewusst zu sein, nicht allen gerecht werden zu können.

Der Ev.-Luth. Kirche fehlt es aus meinem Blickwinkel am meisten an…

Das ist schwer zu beantworten – manchmal an Beweglichkeit.

Wenn mir jemand sagt „Warum lässt Dein Gott zu, dass in der Ukraine Krieg geführt, gemordet und sinnlos zerstört wird“, dann reagiere ich darauf mit und sage, dass…

… wir Menschen uns es zu einfach machen, wenn wir Gott den Dreck in die Schuhe schieben wollen, statt zu schauen, was wir Menschen selbst „verbockt“ haben. Gott hat uns die Freiheit zum Handeln gegeben. Wir scheitern oft daran, aus dieser Freiheit etwas Gutes zu machen.

Von der katholischen Kirche würde ich mir wünschen, dass …

… es auf der institutionellen Ebene mehr Flexibilität und Offenheit gibt. Auf der Ebene der Geistlichen an der Basis gibt es sehr viel Verständnis und Miteinander. Der Wunsch gilt aber genauso für die evangelischen Kirchen.

Mein Wohnwagen ist…

… mein Zuhause auf Zeit am anderen Ort.

Meine Posaune ist…

… unverzichtbarer Lebensbegleiter seit über 45 Jahren.

Ich habe das letzte Mal gelogen, als…

Das kann ich nicht definitiv sagen, weil ich befürchte, dass mir das öfter passiert.

Mein Lieblingsplatz in Leer ist…

… der Logaer Hammrich.

Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…

 … falsches Parken vor der Sparkasse, als ich Kollekten eingezahlte.

Ich kann mich so richtig aufregen über…

(schmunzelt) Ich denke an Loriot: Da regt mich ja die Frage schon auf.

Ich kann mich so richtig freuen über, …

 …  Zeit mit unseren erwachsenen Kindern.

Kraft kann ich tanken, wenn…

… ich Zeit habe zum Spaziergehen im Hammrich.

Ich sollte wieder…

… mehr Fahrrad fahren.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

… wünsche ich mir, diese Frage nicht beantworten zu müssen.

 

Seit 29 Jahren Pastor der Ev.-Luth. Kirchengemeinden in Logabirum und viele Jahre in Nortmoor engagiert esr sich für die Leeraner Tafel: Andreas Bartels.

Foto: privat

Holger Hartwig„Wir suchen für die Leeraner Tafel dringend eine bezahlbare Bleibe“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.