Quizfrage: Seit wieviel Jahren gehören Klimaschutz, Nachhaltigkeit und regenerative Energien politisch und gesellschaftlich zu den Top-Themen? 5, 10, 15 oder 20 Jahre? So genau lässt sich das nicht beantworten – allerdings nicht erst seitdem immer deutlicher wird, dass die Abhängigkeit von den fossilen Energien von vorzugsweise Autokraten, Diktatoren und Kriegstreiber besteht.
Um so verwunderlicher ist, dass die Politik erst jetzt „aus dem Knick“ kommt. Detaillierte Konzepte für Nachhaltigkeit und Klimaschutz auf kommunaler Ebene? Eine Seltenheit. Meist sind es noch schwammige Lippenbekenntnisse. Energiemanager in den Kreisen, Städten und Gemeinden – ja gibt es, aber die meisten laufen so nebenbei mit. Der Eindruck ist: Alle wollen gerne, aber so wirkliches Engagement ist nur selten zu erkennen.
Die aktuelle Bestandaufnahme beim Kreis Leer bestätigt diesen Eindruck. Kurz zusammengefasst sieht es derzeit so aus: An drei (!) Standorten im Kreis betreibt er Photovoltaikanlagen. Geprüft, wo noch was möglich sein könnte, wird jedoch nach Beschluss der Politik nur dort, wo saniert oder erneuert wird. Allgemeine Potenzialanalyse, zum Beispiel auch für kreiseigene Parkplätze oder Grundstücke – bisher Fehlanzeige. Auch bei den Sanierungen wird nur gesagt, dass es „das Ziel ist“, wie der Kreis schreibt, auf regenerative Energieträger umzustellen. Eine konkrete Investitionsplanung für die nächsten Jahre gibt es nicht – das wird bei Bedarf in den jeweiligen Beratungen über die Haushalte beschlossen. Nach dem Motto: Was kommt, das kommt. Kommt nichts, kommt halt nichts. Immerhin eines ist erfreulich: Seit dem 1. Juni ist beim Kreis die Stelle des Klimaschutzmanagers nach einigen Monaten Vakanz wieder besetzt. Sein aktuelles Projekt ist –neben allgemeinen Themen – nach Auskunft des Kreises allerdings ein Radverkehrskonzept, das sich mit der Alltagsmobilität befasst und Fahrten vom Pkw auf das Fahrrad verlagern soll. Es ist halt wichtig, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Schwerpunkte zu setzen.
Was sonst noch geplant ist? Wenig. Während es im Bereich der Abfallwirtschaft das Ziel gibt, einen außerschulischen Lernort in Breinermoor zu schaffen, um Jugendliche zu sensibilisieren, ist im Bereich des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit bisher kein einziges Angebot in Planung. Auch Überlegungen, ein ehrenamtliches Beraternetzwerk für Energieeinsparung und Nachhaltigkeit im Kreis aufzubauen, ist nicht angedacht. Angestrebt sei, sich mit den hauptamtlichen Klimaschutzbeauftragen in den kreiseigenen Kommunen zu vernetzen. Ebenso sind Überlegungen, ähnlich wie bei der Förderung von Unternehmen, ein kleines kreisweites Förderprogramm aufzulegen, kein Thema. Immerhin, so teilte der Kreis mit: Für Investoren und Bauherren will man gezielte Beratungsangebote mit Blick auf Nachhaltigkeit und Energiegewinnung anbieten und bereitet diese aktuell vor.
Der Eindruck, dass in diesem gesamten Bereich durchaus mehr Fahrt aufgenommen werden könnte, lässt sich nicht von der Hand weisen. Aber das Tempo wird und muss zunehmen. Das kann allerdings noch etwas dauern. Denn: Der Niedersächsische Landtag hat zwar mit einer Novelle des „Niedersächsischen Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes und zur Minderung der Folgen des Klimawandels“ Ende Juni beschlossen, dass jeder Landkreis ein Klimaschutzkonzept für die eigene Verwaltung zu erstellen, zu beschließen und entsprechend fortzuschreiben hat – allerdings muss das erst bis zum 31. Dezember 2025, also in etwa 3,5 Jahren, erfolgen. Hoffentlich geht es – nach entsprechenden klaren Aufforderungen durch die SPD-Grünen-Linke-Mehrheit im Kreistag – für den Kreis Leer deutlich schneller, damit für den Klimaschutz richtig Gas gegeben wird.
Symbolfoto: www.pexels.com
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