Weihnachtsgruß 2022: „Es kommt ein Schiff geladen …“

Weihnachtsgruß 2022: „Es kommt ein Schiff geladen …“

Von Ralph Knöfler, Stadtpastor in Leer

Seit gut einem Jahr arbeite ich als Stadtpastor in Leer und wohne am Rande der Altstadt, unweit vom Hafen, in der Nähe des historischen Teils mit dem kleinen Schiffmuseum mit kleinen, alten Schleppern, Lastkähnen, Plattbooten… zur Seeschleuse ist es nicht weit, den ganzen Hafen umrunde ich mit dem Rad immer wieder, die Ems ist nah bei und ab und an führt der Weg nach Emden mit seinem Seehafen. Leer ist ein wichtiger und großer Reederei-Standort, ich lerne Menschen kennen, die mit Schifffahrt zu tun haben da spricht mich das alte Adventslied neu an … bekommt so ein altes, eigentlich in der Mystik verwurzeltes Lied noch eine neue und etwas andere Bedeutung. Und wenn ich’s recht bedenke, schon zu Kinderzeiten hatte der Dortmund-Ems-Kanal mit den Hebewerken, der Lippe-Seiten-Kanal einen gewissen Reiz … wie oft haben wir dort den Schiffen zugesehen, schwer beladen, tief im Wasser liegend … Wellen brachen am Ufer … vieles von dem begegnet mir in Leer wieder … und das alte Lied erzählt mir etwas vom Advent und von Weihnachten:

„Es kommt ein Schiff, geladen/bis an sein‘ höchsten Bord,/

trägt Gottes Sohn voll Gnaden,/des Vaters ewigs Wort.

Das Schiff geht still im Triebe,/es trägt ein teure Last;/

das Segel ist die Liebe,/ der Heilig Geist der Mast.

Der Anker haft‘ auf Erden,/da ist das Schiff am Land./

Das Wort will Fleisch uns werden,/der Sohn ist uns gesandt.


Zu Bethlehem geboren/im Stall ein Kindelein,/

gibt sich für uns verloren,/gelobet muss es sein.


Und wer dies Kind mit Freuden/umfangen, küssen will,/

muss vorher mit ihm leiden,/groß Pein und Marter viel,

danach mit ihm auch sterben/und geistlich auferstehn,/

das ewig Leben erben,/ wie an ihm ist geschehn.“

Jedes Schiff, das komm oder geht, trägt eine Verheißung in sich, eine Stimmung voller Sehnsucht und Erwartung. Vielleicht fasziniert es darum uns Menschen. Die Ladung dieses tiefliegenden Schiffes ist d i e Antwort Gottes auf unsere Sehnsucht nach gelingendem Leben, erfülltem Menschsein und Frieden.

Ruhig kommt das Schiff mit seiner Ladung, für mein Empfinden manchmal zu behäbig; doch das Warten lohnt sich. Es bringt das vielleicht Wertvollste, was Menschen geschenkt werden kann: die Kraft des Glaubens, eine Spiritualität, die größer und höher ist als all‘ unsere Vernunft und Unmögliches vermag! – die Kraft, die Energie, die Leidenschaft der Liebe – den lebensschaffenden und schöpferischen Geist … so berührt GOTT die Seele der Menschen. Wenn das Schiff vor Anker geht, berühren und verbinden sich zwei Welten, die sonst getrennt zu sein scheinen: Wasser und Land, Weite und Nähe, GOTT und Mensch, Leben und Tod … vor Anker kommt das Schiff zur Ruhe – für uns eine Ruhe, um zu dem zu kommen, was da zu uns kommt – uns dem zu öffnen … da wird aus dem adventlichen ein weihnachtlicher Ton: Der Anker wird nicht zufällig, doch alten Ahnungen und Worten gemäß in Bethlehem festgemacht. Im neugeborenen Kind in der Krippe begegnet uns alles Wunderbare, Verheißungs-volle und Verletzliche. Im Kind begegnet uns der Himmel und im Vertrauen darauf das Leben in Fülle, einer Fülle, die geltenden ökonomischen Grundsätzen in keinster Weise entspricht. Wer in der ganzen Tiefe versteht, was es mit der Schiffsladung auf sich hat, also wer mit dem Herzen das Kind sieht, sieht, was Jesus in seinem Menschwerden und Menschsein für uns getan hat, der wird anderen Menschen – und sich selbst – mit Respekt und Wertschätzung, mit zuwendender Liebe und Mitgefühl begegnen, seinen Schmerz teilen, seine Freude staunend wahrnehmen und das für ihn – das für sich Wesentliche erkennen.

Wer in dem Kind in der Krippe diese Spannung erspürt: die Nähe zu uns Menschen und zu unserem Leben und gleichzeitig die Distanz zu der Welt und deren (ökonomischen) Maßstäben – die können ein Leben in Fülle diesseits und jenseits des Todes erhoffen, das allerdings nicht (auch das deutet das Lied klar an) ohne Schatten, ohne Risse und Brüche und Unvollkommenheit sein wird. Aber immer eines voller Verheißung, Hoffnung und Halt: Wer am Ufer des Lebensflusses (oder eines Sees oder Hafens oder Meeres) innehält, in diesen Tagen der Ankunft still, wirklich in sich still wird, kann Altes loslassen, das Wesentliche sehen und Leben neu gewinnen und ausrichten – davon bin ich tief überzeugt! „Es kommt ein Schiff geladen …“ – vielleicht verbirgt sich in dem mehr Weihnachtliches als auf allen Weihnachts- Märkten, selbst dem hier am Hafen, dem „Wiehnachtsmarkt achter d’waag“.

„Es kommt ein Schiff geladen …“ –  kein Wunder, dass Menschen darauf warten, gerade auf dieses Schiff. Auf dessen Ankunft. Und ist doch schon da – ein Wunder: GOTT auf Landgang … und kann D I R begegnen …
In diesem Sinne Dir und Euch und allen Menschen guten Willens um Dich und Euch herum ein gesegnetes, friedvolles Weihnachtsfest 2022 – Glaube, Hoffnung, Liebe landen an … und mit dieser geballten Ladung Leben wünsche ich Dir und Euch ein gutes Ankommen – „Ankern“ – im neuen Jahr 2023!

Es grüßt herzlich und zuversichtlich

Ihr Leeraner Stadtpastor

Ralph Knöfler

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DIE KOLUMNE: Der einsame kommunale Sparkurs hinein in die Sackgasse

DIE KOLUMNE: Der einsame kommunale Sparkurs hinein in die Sackgasse

Harte Zeiten sind es aktuell für die Kommunalpolitiker landauf landab. In den zurückliegenden Jahren waren die Kassen dank hoher Steuereinahmen und Zuweisungen voller als sonst. Fördergelder flossen und es konnte investiert werden. Damit ist jetzt Schluss. Inflation mit steigenden Baupreisen und dazu noch die Energiekrise – die Kosten laufen davon. Wer seine Haushalte nicht überschulden will bzw. nicht von der Kommunalaufsicht die Rote Karte für seine Finanzplanungen gezeigt bekommen will, muss auf die Ausgabenbremse drücken.

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Fricke: Ehrenamt? Wir müssen jetzt die Baby-Boomer gezielt ansprechen

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute Monika Fricke, Leiterin Stabsstelle Ehrenamt und Freiwilligenagentur bei Kreis Leer

LEER Sie ist eines der Gesichter, die seit vielen Jahren mit der vielfältigen Arbeit der Kreisverwaltung in Leer verbunden wird: Monika Fricke. Nach Aufgaben beispielweise in der Frauen- und Familienförderung oder im Job-Center leitet sie seit 2017 die damals neu gegründete Stabsstelle Ehrenamt und Freiwilligenagentur. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ geht die Leeranerin auf die Faszination Ehrenamt, die vielfältigen Maßnahmen, die der Kreis zur Aktivierung von ehrenamtlicher Arbeit und Stärkung der Vereine entwickelt, und neue Projekte ein. Zudem spricht sie über ihr Hobby Jazz-Gesang, das Schöne am Radrennfahren und ihr Lebensmotto.

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Die Zeit des „gefährlichen“ Miteinanders

Die Zeit des „gefährlichen“ Miteinanders

Von Holger Hartwig*

Nun stehen sie also wieder an – die Feiertage rund um Weihnachten und Neujahr. In allen Familien ist dieses die Zeit der Begegnungen. Es ist aber zugleich auch die Zeit des „gefährlichen“ Miteinanders.

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Konzerkritik: Ein sehr sicherer, erhellender und schließlich auch beglückender Weg zu Bach

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3. Konzert des Vereins Junger Kaufleute in der Saison 2022/23 

Von Barbara Fischer*

Unaufgeregt. Unspektakulär. Exakt. Bach. Cembalist Kristian Bezuidenhout und ein kleines, aber feines Streicherensemble mit Sophie Gent, Cecilia Bernardini Violine), Simone von Rahden (Viola), Jonathan Manson (Violoncello) und Christine Sticher (Kontrabass) gastierten beim Konzert des Vereins junger Kaufleute in der Blinke mit einem reinen Bach-Programm. Das ist Wagnis und Chance zugleich, denn der Grat zwischen Langweiler, Akademikertum und Euphorie ist gerade bei Bach sehr schmal.

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DIE KOLUMNE: Der Friesland-Krimi und die Konsequenzen für Leer

DIE KOLUMNE: Der Friesland-Krimi und die Konsequenzen für Leer

Wer in Deutschland unterwegs ist und gefragt wird, wo sein Zuhause ist, der hat es seit einigen Jahren einfacher. „Ach aus Leer, das wird doch der Friesland-Krimi gedreht“, heißt es dann immer öfter. Die Krimi-Serie wird seit 2014 ausgestrahlt und in regelmäßigem Abstand sind Kommissar Jan Brockhorst & Kollegen, Bestatter Wolfgang Habedank und Apothekerin Insa Scherzinger auf Täterjagd in Leer und umzu. Für die Stadt hat diese Serie zahlreiche Konsequenzen zur Folge.

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„Gerichte zu langsam? Das wirkt so – im Rechtsstaat ist vieles komplizierter“

„Gerichte zu langsam? Das wirkt so – im Rechtsstaat ist vieles komplizierter“

„Auf einen Tee mit …“ – Heute Dr. Stefan von der Beck, Leiter des Amtsgerichtes in Leer

LEER Pro Jahr werden unter seiner Führung etwa 10.000 Entscheidungen verantwortet: Dr. Stefan von der Beck. Er leitet seit April 2021 das Amtsgerichtes in Leer. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit …“ spricht der 58-Jährige, der seit vielen Jahren in Rhauderfehn lebt, unter anderem über seinen Wechsel nach Leer aus der Aufgabe als Staatssekretär im Justizministerium in Hannover heraus, über Arbeitstempo an Gerichten, über anstehende Umbaumaßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit des Gerichtes in der Leeraner Altstadt und er verrät sein Lebensmotto, seinen Lieblingsplatz in Leer und was ihn aufregt bzw. freut.

An der Justiz fasziniert mich…

… die Möglichkeit, einen wichtigen Beitrag für die Gerechtigkeit in dieser Welt zu leisten.

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Nützt je nix…

Nützt je nix…

Von Holger Hartwig*

„Wie geht es Dir?“ – diese Frage bekommt wohl jeder mehrfach am Tag gestellt. Sehr gerne wird die kürzeste aller Antworten „genommen“: „Gut!“. Dann geht es schnell zum nächsten Thema. Spannend wird es, wenn die Antwort so ausfällt, wie die Lage gerade tatsächlich ist. Dann zeigt sich, ob die Frage eine klassische Gesprächsfloskel oder interessiert und ernst gemeint war. Sehr oft können die Fragenden mit einer ehrlichen Antwort wenig anfangen und wenn beispielsweise gleich zum Thema Wetter gewechselt wird und Sie wissen, wie sich das Gegenteil von ehrlichem Interesse anfühlt.

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DIE KOLUMNE – Leer auf Wachstumskurs wie noch nie – mit schwieriger Wohnsituation

DIE KOLUMNE – Leer auf Wachstumskurs wie noch nie – mit schwieriger Wohnsituation

Die Stadt Leer wächst und wächst. Erstmals in ihrer Geschichte hat die Ledastadt – Stand diese Woche – über 36.500 Einwohner. Menschen aus über 120 Ländern der Welt haben in der Kreisstadt ihr zuhause. Seit 2018 sind über 2000 Zuzüge zu verzeichnen, davor hat es mehr als eine Dekade fast keine positive Tendenz gegeben. Diese Entwicklung, die grundsätzlich für einen attraktiven Lebens- und Arbeitsstandort steht, ist jedoch zum größten Teil nicht „hausgemacht“. So sorgten allein knapp 500 Flüchtling aus der Ukraine für den Zuwachs seit Jahresbeginn 2022. Das wird – Stand jetzt – auch so weiter gehen. Bis Ende März werden der Stadt über die vom Land festgelegte Verteilquote weitere 269 Flüchtlinge zugewiesen. Zum Vergleich: 2020 und 2021 wurden 69 bzw. 70 Flüchtlinge in Leer aufgenommen.

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Hillbrands: Das Gymnasium nach der 12. Klasse zu verlassen war goldrichtig

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„Auf einen Tee mit …“ – Heute Bernd Hillbrands, Vorsitzender des Software-Netzwerkes Leer und Chef der Leeraner Firma ORGADATA

LEER Sein Name ist verbunden mit einer Branche, die in Leer mit IT-Produkten zu einem der wichtigsten Arbeitgeber geworden ist: Bernd Hillbrands. Als Vorstandsvorsitzender der Orgadata AG, die weltweit mit ihren 28 Standorten und 550 Mitarbeitenden eine Spezialsoftware für Fenster, Türen und Fassaden erfolgreich vertreibt, engagiert sich Hillbrands seit 2011 im Software-Netzwerk Leer. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der 49-Jährige unter anderem über die Herausforderungen für seine Branche, die Faszination der Software-Entwicklung, seine Entscheidung, nach der 12. Klasse das Gymnasium zu verlassen, und warum es für ihn notwendig ist, Chef zu sein. Weitere Themen sind Fake-News und deren Auswirkungen, die Fußball-WM und der Ukraine-Krieg.

Das Software-Netzwerk Leer anzuführen, bedeutet für mich…

… ein schönes Ehrenamt zu haben, in dem ich gemeinsam mit vielen anderen wichtige digitale Themen voranbringen kann.

Holger HartwigHillbrands: Das Gymnasium nach der 12. Klasse zu verlassen war goldrichtig
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