„Zu uns kommt nicht nur der Ali, sondern auch der Hans“

„Zu uns kommt nicht nur der Ali, sondern auch der Hans“

„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Serhat Özdemir, Geschäftsführer der Türkisch-Deutschen Freundschaftsgesellsaft Leer (TDFG)

LEER Er ist selbst eines der besten Beispiele für Integration in der Stadt Leer und kümmert sich heute darum, dass sich Menschen, die aus anderen Regionen der Welt nach Leer kommen, zurechtfinden: Serhat Özdemir. Der 55-jährige gelernte Maurer ist Geschäftsführer der Türkisch-Deutschen Freundschaftsgesellsaft Leer (TDFG). In der  Rubrik „Auf einen Tee mit…“ berichtet Özdemir, der mit 9 Jahren nach Leer kam. aus der Arbeit des Vereins und aus der Migrationsberatung, erinnert an seinen Vater Kazim, verrät, warum die TDFG bald Geschichte sein wird und wie es sich angefühlt hat, eine Morddrohung zu erhalten.

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+++ BREAKING NEWS +++ Coup für Leer-Nord: Tennet  kauft Flächen im großen Stil

+++ BREAKING NEWS +++ Coup für Leer-Nord: Tennet kauft Flächen im großen Stil

Niederländischer Großkonzern schafft Arbeitsplätze mit Servicewerk

LEER Auf diesen Tag haben die Stadt und der Landkreis Leer viele Jahrzehnte gewartet: Nach Informationen von Hartwig am Sonntag ist es gelungen, für das Gewerbe- und Industriegebiet Leer-Nord mit der Firma TENNET TSO einen Großinvestor zu finden. Das Unternehmen betreibt in Deutschland ein Hochspannungsnetz mit über 13.000 Kilometern Länge und an die 150 Umspannwerke. Vor allem bei den Leitungen, die für den Transport der Energie von den Offshore-Windanlagen quer durch Deutschland gebaut werden sollen, ist das Unternehmen „gut im Geschäft“.

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Zwei Pariser Lausbuben an den Tasten von Pianoforte und Harmonium

Zwei Pariser Lausbuben an den Tasten von Pianoforte und Harmonium

Nikolauskonzert des Vereins Junger Kaufleute – Eric LeSage und Olivier Latry überzeugen

Von Jörg W. Rademacher*

LEER Am Nikolaustag ist die Bühne des Theaters an der Blinke in Leer in rötlich schimmerndes Licht getaucht, in dem sogar die Umrisse des Flügels erkennbar werden, als die beiden Herren aus Frankreich, Eric LeSage und Olivier Latry erscheinen. Schon bei der Verbeugung wird klar: Ihr verschmitztes Lächeln auf der Titelseite des Abendprogramms ist alles, nur keine Pose.

Bei der einleitenden «Hymne» des Belgiers Joseph Jongen, fast genau hundert Jahre alt, ist die Absicht erkennbar, die Zuhörer in eine Klangwelt zu entführen, die im Ostfriesland der Vorweihnachtszeit höchstens bei  Märkten wie «Achter d’Waag’» in Leer bei manchen Ausstellern mit historischem Spielzeug noch zu hören ist. Live und gar auf dem Konzertpodium ist diese Musik so selten zu vernehmen wie die große «Petite messe solennelle» des Italiener Gioachine Rossini, die ebenfalls durch Pianoforte und Harmonium begleitet wird.

Es macht heute gar nichts, wenn so mancher nach den winterlichen Tagen Anfang der Woche richtig erschöpft auf diese Musik- und Zeitreise geht, denn sowohl der Pianist als auch der Organist, als welcher Olivier Latry vor allem in der Cathédrale Notre-Dame de Paris amtiert, versteht das jeweilige Geschäft ausgezeichnet, nämlich durch virtuoses Tastenspiel wie durch interessante Registrierung die französische Musik der Romantik in den Konzertsaal des 21. Jahrhunderts zu  tragen.

Die Komponisten des Abends, allesamt aus Frankreich oder Belgien – eine Ausnahme bildet nur Beethoven, dessen 5. Symphonie mit ihrem prägnanten 1. Satz den Auftakt nach der Pause bildet – waren einander bekannt, teil verbunden im Lehrer-Schüler-Verhältnis. In Paris wirkend, ob nun an Kirchen oder am Konservatorium tätig, haben sie im 19. und frühen 20. Jahrhundert eine ähnliche, auch klangliche Nähe zueinander, wie sie aus dem Spiel von LeSage und Latry aktuell hervorgeht. Sichtlich mehr als nur zwei Musiker, die sich gut kennen, sind sie leidenschaftliche Spieler, hochprofessionell und hochtechnisiert, denn beide nutzen statt Noten auf Papier digitale Geräte. Nur zum Knopfdrücken steht die junge Dame neben dem Pianisten noch auf, wenn allzu viele Noten den zusätzlichen Handgriff unmöglich machen.

Ansonsten schaffen sie klanglich perfekt die Illusion, uns ins Paris von vor 150 bis 100 Jahren mitzunehmen, die auch visuell im Saal vorherrscht. Wer die französische Sprache ob ihres Klangs liebt, zugleich ihr Problem kennt, über viel weniger Wörter als das Deutsche zu verfügen, denen wird in der Überlagerung von Bedeutungen, die das Französische als Ausweg aus diesem Dilemma kennt, die Klangschichten von Pianoforte und Harmonium als musikalisches Pendant ausmachen. Denn auch die französische Musiksprache scheint anders als die deutscher Komponisten sich mehr über Klang- denn über Bedeutungsschichten  auszudrücken. Wie gut die beiden Musiker dies verstehen, geht im übrigen nicht nur aus ihrer Interpretation des Symphoniesatzes von Beethoven, sondern auch aus den beiden Ansagen Latrys hervor, der deutsche Namen und Sätze fast akzentfrei ausspricht, während der Name Widor bei ihm ebenso authentisch französisch klingt.

Das Bild von zwei Pariser Lausbuben wird komplettiert durch die Bereitschaft, sich gleich wieder zum Spielen zu setzen, als der Beifall nach den Blumen nicht enden will. Statt sich weiter zu verbeugen, eilen sie zu Pianoforte und Harmonium, nicht ohne die zur Bühnenbeleuchtung passenden Sträuße als zusätzliche Dekoration drapiert zu haben.

Kurzum, die Entführung aus Ostfriesland in ein Paris früherer Zeiten ist vollkommen gelungen. Wer Olivier Latry in Notre-Dame hören möchte, muss vielleicht nur noch ein Jahr warten, wenn die Kathedrale wieder eröffnet werden soll.

Fotos: Fabian Engel /VJK

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DIE KOLUMNE: Die Leeraner SPD als (ungewolltes) Vorbild für Vereine und Verbände

DIE KOLUMNE: Die Leeraner SPD als (ungewolltes) Vorbild für Vereine und Verbände

Fast unbemerkt hat die traditionsreiche Leeraner SPD ihre Struktur verändert. Bisher gab es bei den Genossen – anders als bei konkurrierenden Parteien – vier Ortsvereine und keine Dachorganisation für die Kreisstadt. Seit wenigen Wochen ist das nun anders. Die Ortsvereine Leer, Bingum Heisfelde-Nüttermoor und Loga haben einen Stadtverband aus der Taufe gehoben. Nicht ganz freiwillig, aber um so mehr überlegt und mit Blick auf die Zukunft. Für viele Vereine und Verbände in der Stadt dürften die Sozialdemokraten damit – ungewollt – zum notwendigen Vorbild in den kommenden Jahren werden.

Zunächst der Blick auf die SPD. Den Vorsitz des neuen Stadtverbandes, dessen Satzung die Vertreter der Ortsvereine über ein Jahr vorbereitet haben, hat mit Remmer Hein ein erfahrener Parteistratege übernommen. Neben der Arbeit als Landesgeschäftsführer der Sozialdemokraten in Hannover bringt der Rentner vor allem eines mit: Er hat keinerlei politische Karrieregedanken mehr im Hinterkopf und wird ruhig und mit Bedacht dafür sorgen, dass der Stadtverband weder zum Zankapfel noch zum Papiertiger wird. Die Aufgaben des neuen Verbandes sind einfach zu benennen: Aktivitäten der Partei für die gesamte Stadt koordinieren, die anstehenden Wahlen mit den Kandidatenlisten „koordinieren“ und – einfach ausgedrückt – vorausschauen „den Laden zusammen zu halten“. Dass der Stadtverband in absehbarer Zeit das Ende der Ortsvereine bedeuten könnte, wird von allen Beteiligten (noch) eindeutig verneint. Sie sollen die starke Basis bleiben.

Allerdings: Die Auflösung des Ortsvereines Logabirum vor einigen Jahre hat gezeigt, dass die SPD auch vor Mitgliederrückgang und vor allem „Ehrenamtlichenschwund“ nicht gefeit ist. Das hat sie mit nahezu fast allen Vereinen und Verbänden, die in der Stadt aktiv sind, gemeinsam. Derzeit sind die OV der SPD – vor allem der in der Kernstadt – mit vielen jungen Menschen gut aufgestellt. Aber auch ihnen fehlt es, wie bei fast allen Parteien und Vereinen, an Migranten. Denn: Die Zusammensetzung der Bevölkerung hat sich seit drei Jahrzehnten massiv verändert. Dabei zeigt sich dann auch, dass „Vereinsmeierei“ und verbindliches Ehrenamt wohl tendenziell „typisch deutsch“ sind. Bis auf vereinzelte Ausnahmen gibt es keine Vorstandsmitglieder im Kreis Leer, die einen anderen Ursprung haben. Bei den Aktivitäten der Stabsstelle Ehrenamt beim Landkreis Leer ist es so, dass nicht erfasst wird, ob zumeist die Menschen mit der Muttersprache Deutsch die Angebote annehmen. Insofern gibt es dazu keine Statistiken und es bleibt beim „Bauchgefühl“. Fest steht hingegen: Wenn bei den Vereinen und Parteien die Integration von Migranten nicht besser bzw. häufiger gelingt, wird es auf Dauer eine unlösbare Aufgabe werden, die vorhandenen Strukturen allesamt „am Laufen“ zu halten. Die größte Aufgabe eines Vereinsvorsitzenden ist es bereits seit Jahren, immer wieder junge Menschen für eine dauerhafte Mitarbeit zu motivieren. Weil das so schwierig ist, wird der Alterdurschnitt – Ausnahmen bestätigen die Regel – der Ehrenamtlichen dadurch immer höher.

Nun ist es äußerst unbeliebt, „geliebte“ Vereins-, aber auch Feuerwehr- oder sonstige Strukturen – zu hinterfragen. Doch: Es bedarf keiner Hellsichtigkeit, um zu wissen, dass früher oder später die jahrzehntelange so geschätzte Vielfalt erhalten bleiben kann. Zudem ist auch feststellbar, dass am Beispiel Leer nur noch die „Alten“ das Bewusstsein haben, aus den Stadtteilen Hohegaste, Loga oder Heisfelde zu kommen. Sie sind früher selbstverständlich in ihrem Quartier in die Vereine und Verbände eingetreten und geblieben. Heute hingegen – Beispiel Fußball – wird zunehmend saisonweise das Trikot gewechselt. Je nachdem, wo es gerade besser „passt“.

Weniger Mitglieder und weniger Ehrenamtliche bedeutet künftig weniger funktionierende Strukturen. Insofern macht die SPD es richtig. Sie agiert aus der Stärke und nicht dem Mangel heraus. Sie bereitet sich durch durchdachte Vorgehensweise und Satzungen aber auch darauf vor, dass die Zahl der Mitstreiter deutlich sinkt, wenn nicht ein Integrations-Motivations-Wunder passiert. Für andere Strukturen darf die SPD durchaus beispielgebend sein. Ohne ein „Muss“ lässt sich besser agieren. Ganz abgesehen davon: Die SPD agiert nun bei Themen, die die gesamte Stadt betreffen, ab sofort mit einer Stimme. Wäre eine stadtweite Organisationsform beispielsweise bei den Sportvereinen bei zentralen Themen der Fall, würde es sicherlich lange einen Allwettersportplatz geben. Aber vielleicht wird die Entwicklung der Sportstätten dann ja bald mal zu einem übergreifenden Thema des neuen SPD-Stadtverbands…

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„Das Fehlen eines Allwettersportplatzes ist in Leer nicht mehr länger hinzunehmen“

„Das Fehlen eines Allwettersportplatzes ist in Leer nicht mehr länger hinzunehmen“

„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Timo Boekhoff, neuer Vorsitzender von SV Frisia Loga

 LEER Er hat eine ehrenamtliche Aufgabe übernommen, die es in sich hat: Timo Boekhoff. Der 33-Jährige ist neuer Vorsitzender des SV Frisia Loga und Nachfolger von Karl-Bernhard Lohmeyer, der den Mehrspartenverein mit seinen etwa 1.300 Mitgliedern fast vier Jahrzehnte geführt hat. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht der fünffache Familienvater über die ersten Akzente, die er setzen möchte, was er von seinem Vorgänger gelernt hat, welche Aufgaben auf den Verein und seine Mitglieder warten und welche neue Sportart bald bei Frisia im Vereinsheim angeboten wird.

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„Wir erreichen, was wir wollen: die Aufwertung der schönen Altstadt“

„Wir erreichen, was wir wollen: die Aufwertung der schönen Altstadt“

„Auf einen Tee mit …“ – Dieter Schröer, Vorsitzender des Schipper Klottje Leer e. V.

LEER „Wiehnachtsmarkt achter d´ Waag“, Maibaumaufstellen und Treffen der Traditionsschiffe – das sind drei der Veranstaltungen, mit denen „sein“ Verein für Leben in der historischen Altstadt von Leer rund um Rathaus und Waage sorgt: Dieter Schröer. In unserer Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht Schröer, der auch im Vorstand des Leeraner Postsportvereins tätig ist und im Ruhestand bis heute als Geschäftsführer des Gewerbe- und Industriegebiets Leer Nord wirkt, über strahlende Kinderaugen beim Markt an der Waage, ehrenamtliches Engagement, das Vereinsgründer-Ehepaar Prahm und über eine seiner Leidenschaften – das Kochen.

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DIE KOLUMNE – Hafen in Leer: Mit neuem Chef-Trio zu neuem Auftrieb?

DIE KOLUMNE – Hafen in Leer: Mit neuem Chef-Trio zu neuem Auftrieb?

Der Hafen gehört zu Leer wie der Plytenberg oder der Gallimarkt. Leer ist zwar zweitgrößter Reedereistandort Deutschlands (obwohl keines der Schiffe in Leer liegt), aber dennoch hat der Hafen wenig Lobby und auch kein gutes Image. Schlickproblematik, kaputte Schleuse, jährliches Zuschussgeschäft für die Stadt Leer und Firmenschließungen in den 1980er Jahren bestimmen die Wahrnehmung der meisten Leeraner. Andere denken, dass der Hafen sowieso nur noch Freizeitcharakter hat, was durch die Bebauung der Nesse nach Abriss von Fabrikhallen auch nachhaltig unterstrichen wurde. Ein neues Trio an der Spitze der Hafenwirtschaftsvereinigung Leer (HWV) will nun für dringend benötigten Auftrieb für das immer noch größte Industrie- bzw. Gewerbegebiet der Ledastadt sorgen, inklusive eines Blicks über den Tellerrand.

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„Antisemitismus? Bedrückend und nie gedacht, dass es auch im Kreis Leer in dieser Intensität dazu kommt“

„Antisemitismus? Bedrückend und nie gedacht, dass es auch im Kreis Leer in dieser Intensität dazu kommt“

„Auf einen Tee mit …“ – Heute mit Wolfgang Kellner, Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Ostfriesland

LEER Die meisten Leeraner werden ihn aus seiner Zeit als Bürgermeister kennen: Wolfgang Kellner. Seit der heute 75-Jährige nach 13 Jahren im Amt als Stadtoberhaupt 2014 ausgeschieden ist, hat sich Kellner keineswegs zur Ruhe gesetzt. Ob als Buchautor (z.B. Hitlers Helfer in Leer) oder als Vorsitzender des Trägervereins von Radio Ostfriesland und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Ostfriesland (GFCJZ) – Kellner engagiert sich, bringt sich ehrenamtlich ein. In der Rubrik spricht der begeisterte Segler über die Arbeit der GFCJZ in Zeiten wachsendenden Antisemitismus auch in Ostfriesland.

Den Vorsitz der GFCJZ habe ich übernommen, weil…

…ich mich gesellschaftspolitisch engagieren will – vor allem aus der historischen Verantwortung heraus. Zuvor war ich viele Jahre bereits Mitglied.

 Mein bewegendster Moment als Vorsitzender ist…

… immer dann, wenn es möglich ist, Zeitzeugen zu treffen. Zuletzt war es der hochbetagte Albrecht Weinberg, der an die Vergangenheit, den Umgang mit seiner Familie in Leer und Westrhauderfehn erinnert und daraus Lehren für die Gegenwart zieht.

Die größte Herausforderung ist für mich…

… immer wieder Menschen zum Mitmachen zu motivieren und den Verein lebendig zu halten. Natürlich geht es auch darum, immer wieder Spenden zu sammeln, damit wir als Verein aktiv bleiben können.

Mit Blick auf die aktuelle Situation in Israel mit dem Kampf gegen die Hamas ist es …

… für uns Deutsche wichtig, Flagge zu zeigen und auf der richtigen Seite – nämlich auf der Seite Israels – zu stehen. In Israel leben auch Familien aus Leer, die geflohen sind und die NS-Zeit überlebt haben. Deren Enkel und Urenkel müssen heute in den Krieg ziehen, weil wieder Judenhasser die Juden vernichten wollen. Dagegen sich zu positionieren, ist die derzeitige Hauptaufgabe.

Wenn ich die pro-palästinensischen Demonstrationen auf deutschen Straßen sehe, dann…

frage ich mich, ob diese Menschen in ihrem Denken wirklich alles berücksichtigen oder einseitig an das Thema herangehen. Die Lage ist zwar kompliziert, aber das Gemetzel am 7. Oktober an den jüdischen Bürgern kann niemanden in Ruhe lassen und muss verarbeitet werden. Dagegen muss klar Stellung bezogen werden.

 Das Aufleben des Antisemitismus ist für Menschen im Kreis Leer…

… bedrückend und ich hätte vor einigen Jahren nicht gedacht, dass es in dieser Intensität dazu kommt. Es ist um so wichtiger, dass wir zusammenstehen und gegen diese Denk- und Verhaltensweisen mit eindeutiger Stimme auftreten. Es wäre gut, wenn wir als Gesellschaft über das Thema offener reden würden. Wer in die Gesellschaft hineinhört, der erlebt, dass in manchen Kreisen, in denen es nicht zu erwarten ist, antisemitische Denkweisen zu finden sind.

 Wer sagt „Es muss doch auch irgendwann mal Schluss sein mit der Schuld und den Vorwürfen an die Deutschen wegen des Holocaust“, dem antworte ich, dass …

… es ja Gegenwart ist. Alles das passierte in der Generation unserer Eltern oder Großeltern Es ist keine Archäologie. Opfer und Täter lebten nicht vor 1000 Jahren. Wir müssen weiter daran arbeiten und dafür sorgen, dass diese Zeit nicht in Vergessenheit gerät und Lehren für jetzt daraus ziehen.

 Einen Landesverband zu gründen ist…

…  wichtig, um auch auf Landesebene mit einer Stimme zu sprechen. Es gibt in Niedersachsen insgesamt elf Gesellschaften, die sich wie wir für eine Erinnerungskultur und für den Dialog zwischen Juden und Christen engagieren.  Wir hoffen, dass wir mit Hilfe der Landesregierung uns dann auch insgesamt finanziell stärker aufstellen können. Erinnerungsarbeit ist mit Kosten verbunden, beispielsweise, wenn wir im nächsten Jahr mit der Ehemaligen Jüdischen Schule in Leer eine Ausstellung zu jüdischen Spitzensportlern realisieren wollen.

 Wenn in der Region ein Stolperstein verlegt wird, dann…

… ist das ein gute Sache, denn dann wird auch in diesen Orten darüber gesprochen, dass es eine jüdische Bevölkerung gab. In der Stadt Leer haben wir Potenzial für etwa 200 weitere Steine.

 Der Gedenkort Jüdische Schule in Leer ist…

… ein wichtiger Anlaufpunkt zur Erinnerung und als Lern- und Lehrort. Ich bin froh, dass es damals im Zusammenspiel der Stadt Leer mit dem Landkreis Leer gelungen ist, dieses Gebäude zu erwerben

 Meine Bücher über „Hitlers Helfer in Leer“ und das „Vergiftete Denken“ des Bernhard Bavink habe ich geschrieben, weil …

… ich das Bedürfnis hatte, aufzuklären und für die heutige Zeit zu schreiben. Die Themen sind historisch, aber bis heute aktuell. Bei der Bavinkstraße wäre es konsequent, die Straße umzubenennen. Über den beschlossenen Begleittext, der an das Straßenschild kommt, kann man streiten. Er ist nach meiner Meinung in Teilen irreführend. In Zusammenhang mit dem Buch zu Hitlers Helfern in Leer erinnere ich mich an eine Veranstaltung im Rathaussaal, wo Kinder und Enkelkinder von Tätern und Opfern vor Ort waren. Vor allem in den Familien der Täter wurde zumeist nicht offen über die Geschehnisse der damaligen Zeit gesprochen und es ist gut, dass es gelingt, die Zusammenhänge aufzuarbeiten und sich darüber auszutauschen.

 Wenn ich an die jahrelange Situation des Grundstückes, auf dem die Synagoge in Leer stand, denke, dann…

… muss wirklich jede mögliche Anstrengung unternommen werden, um diesen Zustand zu beenden. Die Chance, den Zwangsverkauf durch die jüdische Gemeinde im Jahr 1939 rückgängig zu machen und einen Ort des Erinnerns zu schaffen, war rechtlich 1953 gegeben. Dies hat die Stadt seinerzeit nicht getan. Später, als der jetzige Eigentümer das Grundstück erwarb, war dort noch ein aktiver Betrieb und es wird Zeit, dass gemeinsam mit ihm ein Weg gefunden wird.

Wenn ich an meine Zeit als Bürgermeister der Stadt Leer zurückdenke, dann…

… bin ich stolz auf das Erreichte und wie sich Leer heute präsentiert.

Wenn ich heute in eine Partei eintreten wollte, dann…

… wüsste ich im Moment nicht, in welche der demokratischen Parteien.

 Auf meinem Segelboot kann ich…

… total entspannen.

Radio Ostfriesland ist für mich…

… ein tolles Projekt, das als eines der wenigen neben der Ostfriesischen Landschaft ostfrieslandübergreifend funktioniert. Ich bin gern seit Gründung Vorsitzender des Trägervereins.

Mein Lieblingsplatz in Leer ist…

Da gibt es mehrere, da sich die Stadt toll entwickelt hat. Fest steht: Das Wasser muss immer zu sehen sein.

Mein größter Fehler ist …

Ich habe keinen größten Fehler. Das Wichtigste ist: Man sollte aus Fehlern lernen.

Meine größte Stärke ist …

…  kreativ und – wenn es notwendig ist – beharrlich zu sein.

Mein Lebensmotto ist…

Denke nach vorne und sei kreativ – und engagiere Dich für die Allgemeinheit.

Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert als…

 … ich in meiner Zeit als Bürgermeister in Leer falsch geparkt habe und mir meine Mitarbeiter zu Recht den Strafzettel ausstellten.

 Ich kann mich so richtig aufregen, wenn

…  über einige Menschen oder Wohlstandsbürger, die in unserem Land groß und reich geworden sind aber unser Staatswesen verachten und dann eine nationalistische rechte Partei wählen, die die westliche Demokratie und die EU abschaffen will. Dafür fehlt mir jegliches Verständnis.

 Ich kann mich so richtig freuen über …

… Menschen, die sich mit persönlichem Engagement für eine Sache einbringen.

 Wenn ich einen Tag lang Bundeskanzler sein könnte, dann würde ich als Erstes…

… Wladimir Putin anrufen und ihn noch einmal eindringlich dazu auffordern, den Krieg in der Ukraine zu beenden.

Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann wünsche ich mir, dass …

…  Hass, Neid und Missgunst aus den Köpfen der Menschen verschwinden, die Beendigung der bewaffneten Konflikte, vor allem auch im Nahen Osten und in der Ukraine, und meine Familie und ich gesund bleiben.

 

Engagiert sich als Vorsitzender der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Ostfriesland (GFCJZ): Wolfgang Kellner.

Foto: Privat / M. Tammena

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DIE KOLUMNE – Weihnachten in Leer: Auftakt für eine neue Einigkeit?

DIE KOLUMNE – Weihnachten in Leer: Auftakt für eine neue Einigkeit?

Einigkeit macht stark. Das ist eine Binsenweisheit. Aber sie trifft zu. Insofern ist der Medientermin, der morgen im Leeraner Rathaus stattfindet, ein Signal der Geschlossenheit und damit auch der Stärke. Erstmals seit langem ziehen bei dem Thema „Weihnachten in Leer“ alle Akteure an einem Strang – mit dem Ziel, möglichst viele Menschen aus Nah und Fern nach Leer anzuziehen. Die Geschlossenheit könnte Vorbild für die gesamte Stadt sein. Ein Vorbild für 2024 als „Jahr der Leeraner Einigkeit“?

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„Wer ins JuZ kommen will, der kommt ohne fixe Termine“

„Wer ins JuZ kommen will, der kommt ohne fixe Termine“

„Auf einen Tee mit …“ – Heute Tanja Siszer, neue Leiterin des Jugendzentrums in Leer

 LEER Sie ist mit 26 Jahren jung und relativ frisch im Berufsalltag unterwegs: Tanja Siszer. Die Sozialpädagogin startet durch und hat als ihre erste berufliche Aufgabe gleich die Leitung des Leeraner Jugendzentrums in der Friesenstraße (JuZ) übernommen. Nach einem Anerkennungsjahr in der Anlaufstelle für junge Menschen in der Kreisstadt im Anschluss an ihr Studium hat die gebürtige Emderin die Chance genutzt, Nachfolgerin von Ulrike Lübbers zu werden. In der Rubrik „Auf einen Tee mit…“ spricht Siszer, die in ihrer Freizeit gerne Volleyball spielt und an der frischen Luft unterwegs ist, über ihre Vorstellung von moderner Jugendarbeit, die „Wettbewerbssituation“ mit Medienkonsum und über Politik in der Jugendarbeit.

Für die Leitung des Leeraner Jugendzentrums konnte ich mich begeistern, weil …

 … ich durch das Jahr, das ich hier tätig war, wusste, was mich erwartet und für mich viele Gestaltungsmöglichkeiten sehe.  Es ist weiterhin die Herausforderungen, nach der Corona-Zeit wieder Angebote aufzubauen. Ich finde es klasse, dass ich hier offene Jugendarbeit so gestalten kann, wie ich es für sinnvoll halte. Dabei gehen wir neue Wege zu gehen und setzen auf Altbewährtes. Mir war allerdings auch durchaus bewusst, dass ich viel Verantwortung übernehme, der ich mich gerne stelle.

Die größte Herausforderung ist aus meiner Sicht …

… Jugendliche noch besser zu erreichen und vor allem auch langfristig zu begeistern. Seit der Pandemie stelle ich fest, dass die jungen Menschen noch deutlich weniger rausgehen und sagen: Das oder das mache ich jetzt jede Woche und lasse mich auf eine feste Struktur ein. Ich kenne noch die Zeit, als junge Menschen rauswollten und viel unterwegs waren. Aber heute ist der Wettbewerb mit dem Medienkonsum hart geworden. Wir wollen mit einem Teil unserer Angebote beide Welten miteinander verbinden. Deshalb haben wir eine neue PS 5 gekauft und das neue Fifa-Spiel und stellen fest, dass das gut angenommen wird. Beides miteinander zu verbinden, bietet die Chance, die Jugendlichen auch für andere Themen zu begeistern.

Unter dem Konzeptwechsel und klassischer Jugendarbeit, die ich verstärken will, verstehe ich…

die Offene-Tür-Arbeit. Bisher war auch in Leer der Schwerpunkt mehr die Projektarbeit mit regelmäßigen Angeboten. Dazu waren Anmeldungen und Verbindlichkeit gefragt. Ich bin überzeugt, dass es besser ist, die Tür zu öffnen und zu sagen: Wer kommen will, der kommt und bleibt so lange er möchte. Die Jugendlichen haben in der Schule und viele auch in ihrer Freizeit so viele feste Verpflichtungen, dass sie nicht noch mehr fixe Termine haben wollen.  Wir bieten Räume an, die genutzt werden können. Ich bin überzeugt, dass sich aus dem Spaß dann auch neue Ideen und neue Angebote entwickeln.

Neue Zielgruppen anzusprechen und in das Haus zu locken, will ich mit…

Die Zielgruppe ist mit Menschen ab 12 die gleiche geblieben. Wir haben allerdings die Öffnungszeiten angepasst und freuen uns, dass beispielsweise im Oktober jeden Tag bis zu 25 Jugendliche im Haus waren. Die Zahl steigt an, seitdem wir die das Konzept der Offenen Tür anbieten.

Der Shuttle-Service, den wir für Jugendliche aus Leerort angeboten haben, war…

… ziemlich erfolgreich. Die Kollegin aus dem Emstreff ist mit den Jugendlichen hier hergekommen. Wir wollen die Standorte und Angebote der Jugendarbeit besser vernetzen und den Weg auch in unser JuZ aufzeigen.

Mit der „Offenen Bühne“ wollen wir…

… jungen Menschen die Möglichkeit geben, Musik zu machen und zu hören in entspannter Atmosphäre. Jeder kann kommen und dann wir geschaut, was gemacht wird. Jeder macht mit, wie er möchte oder hört einfach nur zu. Es gibt keine Vorgaben. Das Angebot kommt gut an.

 Wenn ich mir für das JuZ etwas wünschen könnte, dann…

…  wünsche ich mir, dass wir ein Raum für Selbstwirksamkeit sind, d.h. die Jugendlichen nehmen sich selbst und ihr Handeln wahr und stellen fest, dass sie mit ihren Fähigkeiten etwas schaffen und gestalten können. Unser Haus soll ein Rückzugsort mit Verlässlichkeit und guten Kontakten und Beziehungen sein.

 Als Jugendzentrum ein Teil der Stadtverwaltung zu sein, bedeutet …

… sich bewusst zu sein, dass ein Teil der Arbeit auch nach den Regeln einer Verwaltung zu leisten ist.

Politische Jugendarbeit und Engagement sind in einem JZ…

… sind mir wichtig. Sie muss aber ausgerichtet sein auf das Vermitteln demokratischer Strukturen und nicht auf parteipolitische Aspekte. Es geht darum, zu vermitteln und zu sensibilisieren und dabei keine Positionen zu vermitteln.

Über die Jugendlichen, die sich als Klima-Kleber engagieren, denke ich…

… Es ist richtig und wichtig sich für das Klima einzusetzen. Die Klimakleber haben das Gefühl, dass sie etwas Radikales tun müssen, damit sie und das Problem wahrgenommen werden. Das kann ich verstehen. Jedoch gilt der Grundsatz: Meine persönliche Freiheit hört da auf, wo ich die Freiheit anderer einschränke. Wenn also Gesetze gebrochen werden, ist für mich das Ende der Solidarität erreicht.

Wenn ich mit Menschen spreche, die bei der jungen Generation Motivation und Leistungsbereitschaft vermissen, dann sage ich…

… dass sie nicht genau genug hingeschaut haben. Ich erlebe, dass junge Menschen motiviert sind und etwas leisten, aber vielleicht in anderen Bereichen oder in einem anderen Maße, als es sich die Älteren das vorstellen.

 Wenn ich Politiker wäre, dann würde ich als erstes für junge Menschen…

… Räume schaffen, in denen ich mich ausführlich mit ihnen auseinandersetze, um ihre Sorgen, Wünsche, Ängste und Nöte zu verstehen.

Mein Lebensmotto ist…

… nicht immer alles so ernst zu nehmen.

Meinen letzten Strafzettel habe ich kassiert für…

Ich habe noch keinen kassiert. Das soll möglichst lange so bleiben.

Ich habe das letzte Mal gelogen, als…

Ich kann nicht gut lügen, man merkt es mir an. Deshalb versuche ich es gar nicht.

Ich kann mich so richtig aufregen, wenn …

…  Menschen jammern, schimpfen, meckern, aber nicht Bericht sind, selbst etwas zu machen oder zu ändern.

Ich kann mich so richtig freuen über …

… das Scheinen der Sonne.

 Kraft tanke ich, wenn…

… ich mit meinen Katzen kuschele.

 Mein Lieblingsplatz in der Region ist…

… an der Knock in Emden, da ist es schön.

 Mein größter Fehler ist, dass ich …

… mir oft zu viele Gedanken um alles mache, wo es nicht zwingend erforderlich ist.

 Wenn ich einen Tag lang eine andere Person sein könnte, dann wäre ich gerne…

Ironman.

 Wenn ich drei Wünsche frei habe, dann…

… wünsche ich mir ein Haus auf dem Land, noch eine Katze und noch mehr Wünsche.

Leitet das Jugendzentrum in Leer: Tanja Siszer.

Foto: Stadt Leer/Behrendt

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